Dokumentenlieferdienste in neuem Gewand

Ein Systemwechsel in der Fernleihe der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen


Die Ausgangssituation
Der Systemwechsel
Das Fazit

von Jan-Jasper Fast

In bibliothekarischen Einrichtungen gibt es aus technischer Sicht drei verschiedene Arten von Dienstleistungen: Services, die im Grunde keine Technik benötigen, die Ausgabe von Handschriften etwa, Tätigkeiten, die durch Technik sinnvoll unterstützt werden, zum Beispiel in der Medienverbuchung oder der Katalogisierung, und letztlich die Dienste, bei denen ein fundierter Technikeinsatz unverzichtbar ist, wie in der Digitalisierung oder der elektronischen Lieferung von Dokumenten: Dort ist Technik ein nicht unerheblicher Kostenfaktor und deren Erneuerung – bei knappen Mitteln – stets ein Ereignis. Ein solches war auch die Umstellung der Soft- und Hardware in der Dokumentlieferung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) zwischen Sommer 2005 und Jahresbeginn 2006.

Die Ausgangssituation

Bookeye-Scanner mit Licht in SUB Göttingen
Die SUB, unter den Subito-Bibliotheken nach Lieferungen an fünfter Stelle, hatte bislang für das Versenden von elektronischen Dokumenten und der anschließenden Erzeugung von Rechnungssätzen eine frei verfügbare Software namens Gefjon eingesetzt, die an der UB Braunschweig Ende der neunziger Jahre als pragmatische Lösung parallel zu der bekannten DOD-Software des Subito-Vereins entwickelt worden war. Interessanter Weise setzt diese Software auf das in Bibliotheken weithin bekannte Allegro und hatte bzw. hat somit gegenüber der DOD einen Heimvorteil (vgl. weiterführend http://www.allegro-c.de/gefjon/).

Da die Göttinger Bibliothek seit den Anfängen von Subito keine traditionelle DOD-Anwenderin war, wurde auf dem Düsseldorfer Bibliothekartag im Jahr 2005 MyBib eDoc als Konkurrenzprodukt zur damals fast fertig gestellten Subito-Software DODII geprüft. Hier fand vor allem das vom MyBib eDoc-Anbieter ImageWare Components – zusammen mit der Verbundzentrale (VZG) des GBV – offerierte Hosting-Konzept Zuspruch. Ein weiterer Kernpunkt war die Zusage zur Einbindung älterer Geräte (Minolta PS 3000) und die Integration von Ariel-Bestellungen.

Da man zum damaligen Zeitpunkt noch auf keine Erfahrungswerte bei der Migration von Allegro auf MyBib eDoc zurückgreifen konnte, wurde die SUB eine Art "Beta-Kunde". Entsprechend interessant gestalteten sich die Vertragsbedingungen – sowohl für die SUB als auch für ImageWare Components.

Der Systemwechsel

ImageWare Components lieferte sechs Buchscanner vom Typ Bookeye®. Sie sollten auf Neu- und Altbau sowie die vier Bereichsbibliotheken (Medizin, Chemie, Physik und Forstwissenschaften) verteilt werden. Ursprünglich hatte Göttingen ein Mietverhältnis im Sinn, allerdings zeigte sich bald, dass bei den hierfür kalkulierten Seitenkosten der Kaufpreis nach 34 Monaten erbracht werden konnte.

Die Installation der Software wurde auf einem Großrechner der VZG vorgenommen, um, wie bereits erwähnt, Personalkosten zu schonen. Die monatlichen Aufwendungen für das Hosting liegen nämlich weit unter den Kosten für die Systempflege, von der Bereitstellung eines Servers ganz zu schweigen. Das Hosting garantiert selbstverständlich auch die Unterstützung in allen Lebenslagen der Dokumentlieferung. Bei Problemen ist nun die VZG zuständig und ansonsten die Firma ImageWare Components.

Die Umstellung der Dienste Subito 1 (Dokumente) und 3 (Monografien) und der GBV Online-Fernleihe konnte unterbrechungsfrei vorgenommen werden. Nach der Einrichtung des Servers Ende Mai 2005 wurde zunächst der im Bestellaufkommen deutlich geringere Dienst "GBV direkt" Anfang August frei geschaltet. Anfang September folgten Subito 1 und 3.

Die ursprünglich für Dezember 2005 geplante Einbindung der Göttinger Speziallieferdienste "SSG-S", "GAUSS" und "MATH" hat schließlich keine Umsetzung gefunden. Diese Sonderdienste werden nach Möglichkeit zum Jahresende 2006 im Göttinger Subito-Angebot aufgehen. Weiterhin wird noch an der Integration des Dokumentlieferdienstes des Göttinger Klinikums gearbeitet. Dort werden täglich 100 bis 150 Dokumente hausintern verschickt. Ein weiterer Punkt ist die Einbindung der ARIEL-Scansoftware in MyBib eDoc.

Im Auftrag der VZG hat die SUB Göttingen zusammen mit ImageWare Components jüngst den Versand von Dokumenten an ARIEL-Stationen getestet. Nun können nicht nur fast alle ARIEL-Versionen MyBib empfangen, zusätzlich können auch an ARIEL-Stationen erstellte Dateien über MyBib eDoc verschickt werden. – Diese Funktionalität müssen DODII-Anwender bislang vermissen.

Als versteckte Kosten erwiesen sich neben der Aufrüstung der alten Scanner die Neubeschaffung von leistungsstarken Rechnern und Monitoren. Jedoch wurden im Laufe des Projekts erstmals vorhandene Kopierer mit Scan-Funktion eingesetzt. Die Möglichkeit, Scanner-Kopierer zu nutzen, ist vor allem für Lieferstationen mit geringer Scan-Leistung interessant. Leider ließ sich die Übernahme der Rechnungsdatensätze in das SAP der Universität nicht ermöglichen, obwohl sich dies mittels aus MyBib eDoc generierbarer CSV-Datei durchaus anbieten würde. Sammelrechnungen hätte es allerdings dann für Mehrfachbesteller nicht mehr gegeben.

Das Fazit

Es ist nun insgesamt gelungen, die wichtigen Dokumentlieferdienste sowie die gesamte Online-Fernleihe mit rund 200.000 Bestellungen pro Jahr über MyBib eDoc abzuwickeln. Das wichtigste Ziel des Projekts war bereits nach vier Monaten erreicht. Aus heutiger Sicht ist das größte Plus die komfortable Bestellverwaltung, die wesentlich weniger Arbeitszeit bindet als zuvor. Gern werden Dokumente über die benutzerfreundliche Webauslieferung zur Verfügung gestellt; dies ist besonders bei großen Datenmengen nützlich.

Ein glücklicher Umstand ist, dass sich nach Ende des Projekts Kunde und Anbieter weiterhin gut verstehen und Folgeprojekte ins Auge gefasst werden. Seit Mitte August 2006 testet die SUB in ihrem Lesesaal eine von ImageWare Components zur Verfügung gestellte Scan to USB-Station (eCopy-Station), bei der eine Kostenabrechnung über das Gebührenkonto möglich werden soll.


Zum Autor

Dr. Jan-Jasper Fast ist Leiter der Benutzungsabteilung der SUB Göttingen, der Bereichsbibliothek Medizin und Fachreferent für Wirtschaftswissenschaften.

Kontakt:
ImageWare Components GmbH
Am Hofgarten 20
D-53113 Bonn
E-Mail: bookeye@imageware.de