Trend zur multimedialen Integration hält an

Internationale Funkausstellung (IFA) 2006 in Berlin

von Wolfgang Ratzek

Abbildung 1: Rundfunk live erfahren

Vom 1. bis 6. September 2006 zog es rund 250.000 Besucher aus dem In- und Ausland zur Internationalen Funkausstellung (IFA) nach Berlin. In den 26 Ausstellungshallen unterm Funkturm boten 1049 Aussteller aus 32 Ländern für Profis und Laien einen Einblick in die neusten Trends im Bereich der Consumer Electronic (CE). Die meisten Besucher aus dem In- und Ausland kamen wohl vor allem, um die HDTV-Technik, Flachbildschirme, Blu-ray-Disc (Philips), HD-DVD (Toshiba)1 oder Camcorder zu bewundern, aber auch, um Radio- und Fernsehsendungen live mitzuerleben. Da die multimediale Integration weiter voranschreitet und die einst getrennten Welten der Heimelektronik und der Fachinformation stetig zusammenwachsen, bietet die IFA 2006 für Informationsprofis einiges an Interessantem, wie das IPTV (Internet Protocol TV via DSL-Leitungen)2. Und es gab noch andere Highlights.

Gleich am Süd-Eingang befand sich die Halle 1.1, in der ausschließlich Fachbesucher Zugang zu einer Ausstellung und Fachvorträgen hatten. Hier waren u.a. Dream Multimedia TV, nero Digital und NXP präsent. Aber auch die "Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit - Steglitz-Zehlendorf" war hier mit einem sehr großen Stand und einigem Personal vertreten. Allerdings entstand der Eindruck, dass das Personal sich etwas verloren in der Halle für Fachbesucher vorkam. Positiv anzumerken allerdings deren sehr gelungene Dokumentation über Medienberufe.3 Allerdings wäre es wünschenswert, wenn u.a. neben Archivar oder Info-Broker auch der Bibliothekar vertreten wäre.

Philips Semiconductor firmiert seit dem 1.9.2006 unter NXP. Besonderes Interesse weckte das NFC Smart Poster: Touch and Play.

Abbildung 2: RFID im interaktiven Poster

In diesem Poster sind RFID-Chips integriert. Wer mit seinem Handy das Poster "berührt" (Near Field Communication bis zu 10 cm), kann einen Musik- oder Film-Trailer auf sein Handy herunterladen und, wenn gewünscht, über den NFC-Kiosk beispielsweise die CD oder ein Kinoticket kaufen. Das System ist mit allen anderen Contact-Communication-Systemen - wie etwa elektronische Hotel-Schlüssel - kompatibel.

Ein Besuch im streng abgeschirmten Bereich des Zubehöranbieters "Hama"4 erwies sich als lohnend, denn hier war zu erfahren, was in der Welt der Kabel und des multimedialen Zubehörs existiert. Angefangen vom Schmuck fürs Handy über den Hama FM-Transmitter bis hin zum Mobil Navigator 6 und dem FlashPen U35. Für Studierende bietet der Hama-eigene Online-Shop "Notebooksbilligst.de" Sonderkonditionen. Einiges verspricht sich Hama von der Kooperation mit Monster-Cable. Die Spezialkabel von Monster-Cable bieten eine verbesserte Übertragungsqualität durch das Herausfiltern von Störsignalen (Noise-Sniffer Filter). Das hochwertigste System ist das HTS 1000 und kostet 219 Euro, darin eingeschlossen ist eine Versicherung gegen Überspannung in Höhe von 350.000 Euro.

Sehr spannend und informativ war auch der Besuch in Halle 5.3/01 - das "Technisch-Wissenschaftliche Forum" -, wo sich Hochschulen und Unternehmen mit Beispielen ihrer Forschung und Entwicklung präsentierten, wie zum Beispiel das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), "DVB-H Showcase O2, E-Plus, T-Mobile, Vodafone"6 oder das Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST. Für den LIS-Bereich stach besonders der GestAvatar der Deutschen Telekom Laboratories (ein An-Institut der TU Berlin) ins Auge. Während animierte Agenten häufig als Avatare bezeichnet werden, steht der bislang nur als Prototyp verfügbare GestAvatar für einen echten gestengesteuerten Stellvertreter. Der Benutzer lässt sich durch eine virtuelle Figur vertreten, dabei kann der Benutzer das Aussehen des Stellevertreters aus einer Vielzahl von Elementen bestimmen. Der Avatar überträgt dann über eine Kamera die Gesten (Gest[ure]) in Echtzeit und die Sprache über ein Mikrofon. Diese Anwendung wäre beispielsweise eine Weiterentwicklung der Systeme Stella (Bibliothekssystem Universität Hamburg) und INA (Hamburger Öffentliche Bücherhallen). Damit könnte das HÖB-Angebot in Richtung Gebärdensprache in Echtzeitkommunikation weiter entwickelt werden.7

Sehr gut angenommen wurde auch der Stand von Nintendo mit seinen Videospielen, dagegen überraschte aber, wie viel Zeit und Konzentration die überwiegend Jungendlichen benötigten, um die Lösungen der Dr. Kawashimas Gehirnjogging-Aufgaben zu lösen. Das portable Nintendo-Videospielsystem wurde im Rahmen der Kampagne "www.feelnintendo.de" beworben.

Ach ja, Stiftung Warentest war auch vertreten, allerdings weniger um die Besucher über die eigene Tätigkeit zu informieren als vielmehr um die eigenen Publikationen an den Mann und die Frau zu bringen.

Insgesamt betrachtet lohnt sich ein Gang über die Internationale Funkausstellung für den LIS-Profi, um Ideen und Eindrücke fürs Marketing zu sammeln und um Einblicke zu bekommen, was in naher Zukunft zuhause angesagt ist.


Zum Autor

Prof. Dr. Wolfgang Ratzek

Hochschule der Medien
FB Information und Kommunikation
Wolframstraße 32
D-70191 Stuttgart
E-Mail: ratzek@hdm-stuttgart.de


Anmerkungen

1. Blu-ray und HD-DVD stehen für zwei konkurrierende Speichermedienformate.

2. Für den Empfang ist dann noch eine Set-Top-Box erforderlich, zur Decodierung der Übertragungsdaten zwischen DSL-Modem und Fernsehgerät.

3. Nach Auskunft eines Mitarbeiters sei die Dokumentation auch im Internet verfügbar. Eigene Recherchen führten zu keinem Ergebnis. Auf Anfrage bei der Agentur für Arbeit - Steglitz-Zehlendorf wurde mitgeteilt, dass die Dokumentation nicht auffindbar sei und man gar nicht wisse, von welcher Dokumentation die Rede sei. Wie sich nun herausstellte, ist die empfehlenswerte Dokumentation die Leistung eines Mitarbeiters, die nicht allgemein zur Verfügung gestellt wird.

4. Der Zugang zur nach allen Seiten abgeschirmten Ausstellungsfläche war nur Händlern und Pressevertretern möglich, die eine Guided-Tour erhielten.

5. U3 ist ein Standard für eine Software, mit der Programme direkt vom USB-Stick gestartet werden können, und zwar ohne Installation auf der Festplatte und ohne Spuren auf dem Gastrechner zu hinterlassen (Download unter www.u3.com). Einsatz z.B. für personifizierte Accounts (e-Mail, eBay), VoIP-Zugang etc. Launchpad (DE, EN, FR, ES, IT) zur Verwaltung des U3-Desktopmenüs.

6. E-Plus, O2, T-Mobile und Vodafone wollen gemeinsam die Entwicklung von Handy-TV, also die terrestrische Übertragung von Fernsehen und Multimedia-Diensten auf das Handy vorantreiben. Die vier Mobilfunk-Netzbetreiber setzen dabei auf die zukunftsweisende DVB-H Technik (Digital Video Broadcasting for Handhelds).

7. http://www.buecherhallen.de/themen/next.cfm?kategorie=2932