Stadttore zur Medienwelt: Geschichte der Dresdner Bürgerbibliotheken


Hrsg. Städtische Bibliotheken Dresden
- Altenburg: Verl. DZA, 2006. - 310 S.: zahlr. Abb.
ISBN: 3-936300-27-5. € 24,90

Das Bekenntnis des Königreiches Sachsen zur Förderung der Bildung für die breite Bevölkerung und das Bestreben nach einer kostengünstigen Alternative zu gewerblichen Büchereien und ähnlichen Einrichtungen in vielen deutschen Städten führten zur Gründung von allgemeinen öffentlichen Bibliotheken für die weniger begüterte Bevölkerung. Dresden kann hier auf eine reichhaltige Geschichte zurückblicken, an deren Anfang die 1875 gegründete erste Dresdner Volkbibliothek steht.

Das vorliegende Werk mit dem Titel "Stadttore zur Medienwelt" erschien als Beitrag zur 800-Jahr-Feier der Stadt Dresden und im Jahr des 100. Geburtstages der Freien Öffentlichen Bibliothek Dresden-Plauen. Es dokumentiert die Geschichte der Dresdner Bürgerbibliotheken, die ihre Tore zur Medienwelt öffnen und den Dresdner Bürgern damit den Zugang in die Welt der Information, Bildung und Unterhaltung schaffen.

Der Band enthält zehn Beiträge, die in Gemeinschaftsarbeit von gegenwärtigen und früheren Mitarbeitern der Städtischen Bibliotheken Dresden verfasst wurden. Das erste und umfangreichste Kapitel behandelt die Geschichte der Städtischen Bibliotheken und ihrer Vorläufer. Der Leser wird auf einen "Streifzug durch eine wechselvolle Geschichte" mitgenommen, von der 1875 gegründeten ersten Volkbibliothek bis zu den heutigen Städtischen Bibliotheken Dresden.

Bereits vor der Errichtung der ersten Dresdner Volkbibliothek ist es vor allem engagierten Dresdner Bürgern zu verdanken, dass die Bemühungen um die Gründung von Bibliotheken für die weniger begünstigten Bürger vorangetrieben wurden. Später bewirkte die sogenannte Bücherhallenbewegung die Errichtung von zwei Lesehallen, die nach der Idee des Odol-Erfinders Karl August Lingners die jüngeren Leute aus dem Wirtshaus hin zum Lesen von Bibliotheksbüchern bringen sollten. Sehr plastisch wird der Einfluss des Nationalsozialismus auf die Dresdner Bibliothekslandschaft dargestellt und die spätere Säuberung der Buchbestände unter sowjetischer Besatzungsmacht und in der DDR geschildert. Die Umwälzungen der Arbeitsorganisation seit den 1950er Jahren und das Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit sowie im kulturellen und kulturpolitischen Leben mündeten schließlich nach der Wiedervereinigung in einer Strukturreform. Letztendlich bestätigt der letzte Teil des Kapitels, dass die Städtischen Bibliotheken Dresden im Jahr 2004 zu recht den Bibliothekspreis "Bibliothek des Jahres" erhielten und somit in Dresden für das städtische Leben so wichtig wie die Semperoper sind. In den weiteren Beiträgen des Bandes werden einzelne Themen und wichtige Einrichtungen der Städtischen Bibliotheken Dresden in ihrer historischen Entwicklung beschrieben. So behandelt der zweite Beitrag die Freie öffentliche Bibliothek Dresden-Plauen. Ihre Errichtung im Jahr 1906 verdankt sie dem Industriellenehepaar Ida und Erwin Bienert. Ein Jahr später war sie bereits die ausleihstärkste Bibliothek ganz Sachsens und feierte im Jahr 2006 ihr 100-jähriges Bestehen. Großes Engagement im Bereich der Bibliotheks- und Sozialarbeit bezeugen auch die Darstellungen der Hauptbibliothek sowie der Musikbibliothek, der ersten deutschen Fahrbibliothek, der Kinder- und Jugendbibliotheken bis hin zur Sozialen Bibliotheksarbeit. Abschließend schildern die zwei letzten Beiträge die Veränderungen in Bestandspolitik und -aufbau von den Anfängen bis in die Gegenwart sowie die "Entwicklung eines Berufes", vom Bibliothekstechniker zum Fachangestellten.

Zusätzlich gewinnen die Beiträge durch umfangreiches Bildmaterial sowie Leseordnungen, Systematiken, Zeitungsartikel, Plakate und vielem anderen mehr an Lebendigkeit. Ein umfangreicher Anhang, der sowohl Zeit- und Standorttafeln, Kurzbiographien der Direktoren und Bibliotheksleiter als auch Statistiken zur Bibliotheksentwicklung, von Nutzer- und Ausleihzahlen bis zur Entwicklung des Budgets, enthält, rundet die Dokumentation der Geschichte der Städtischen Bibliotheken Dresden ab.

Die Geschichte der Dresdner Bürgerbibliotheken wird in diesem Band umfassend und eindrucksvoll beschrieben. Da es sich um eine Selbstdarstellung handelt, werden selbstverständlich die Dresdner Einrichtungen und ihre Historie in den Vordergrund gestellt. Darüber hinaus durchstreift der Leser jedoch exemplarisch die allgemeine Bibliotheksgeschichte und -entwicklung des letzten Jahrhunderts. Der Band erlaubt somit allen interessierten Lesern Einblicke in Bibliotheken und deren Geschichte und ermöglicht damit nicht nur fachspezifisch und regional Interessierten eine Reise in die Vergangenheit und Gegenwart der öffentlichen Bibliotheken.


Anschrift der Rezensentin

Dipl.-Ing. Christine Rohde

Universitätsbibliothek Karlsruhe
E-Mail: rohde@ubka-uni-karlsruhe.de