"Jede Woche in der Bibliothek"
Fragen von Ronald Kaiser und Wolfgang Ratzek an MdB Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg.
Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg ist Mitglied des Deutschen Bundestages und in vielen Gremien aktiv. Er ist Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, Leiter des Fachausschusses Außenpolitik der CSU auf Landesebene und Vorsitzender der Deutsch-Britischen Parlamentariergruppe. Er studierte Rechts- und Politikwissenschaften und leitete den Familienbetrieb in München und Berlin.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Bibliotheken und wann waren Sie zuletzt in einer Bibliothek?
Dr. zu Guttenberg: Nachdem ich zu der in meinem Umfeld möglicherweise seltenen Spezies eines extensiven Lesers zähle, führt mich mein Weg mindestens wöchentlich in Bibliotheken.
Über welche Quellen halten Sie sich über die Entwicklung in der IT-Welt, aber auch über Bibliotheken auf dem Laufenden?
Dr. zu Guttenberg: Tagespresse, Fachliteratur und insbesondere intensive Gespräch mit fachlich und inhaltlich Zuständigen.
In einer sich veränderten Wissensgesellschaft ist die Vermittlung von Medienkompetenz wichtig. Wer sollte sich dafür verantwortlich zeigen?
Dr. zu Guttenberg: Die Gesellschaft in der schlüssigen Forderung, Politik und Bildungsinstitutionen in der Ausführung.
Wie sehen Sie die Rolle des Mediums Buch in der digitalen Gesellschaft?
Dr. zu Guttenberg: Als weiterhin essentiell und hoffentlich dauerhaft Verdrängungsoptionen spottend.
Bei ca. 4 Mio. Analphabeten und schlechtem PISA-Ranking scheinen Bibliotheken in der Diskussion ausgeblendet zu sein. Können Sie sich das erklären?
Dr. zu Guttenberg: Vielleicht wird man selbstkritisch über gewisse Kommunikationsdefizite aller Beteiligter nachdenken müssen.
Wie können Bibliotheken einen Beitrag zur Demokratie leisten?
Dr. zu Guttenberg: In unserem Land geschieht dies in meinen Augen bereits seit Jahrzehnten. Allgemein durch die Gewährung freien Zugangs zu Informationen, das Widerspiegeln kritischer Medien und durch internationale Vernetzung.
Wenn Bibliotheken einen Beitrag zur Demokratie leisten, durch den freien Zugang zu Informationen, dann müssen auch Gelder zum Erwerb von Medien und Lizenzen zur Verfügung gestellt werden. Ist das nicht ein Widerspruch, wenn Kommunen sehr häufig beim Kulturetat sparen. Viele Bibliotheken stehen vor der Schließung mangels Finanzmitteln. Sind der Politik Bibliotheken nichts wert?
Dr. zu Guttenberg: Für meine Person widerspreche ich dieser pauschalen These. Aber erneut: Verbesserungsbedarf in der Außenwirkung ist bei vielen festzustellen - auch in der politischen Szenerie.
Wo sehen Sie die Rolle der Bibliotheken und der Fachinformationsversorgung in Bezug auf das Wirtschaftsleben?
Dr. zu Guttenberg: Angesichts vieler ad-hoc-Entscheidungen in der Wirtschaftswelt eher gering ausgeprägt. Mit Blick auf langfristige Weichenstellungen gibt es meines Erachtens einen erheblichen Bedarf, der allerdings in der Umsetzung noch ausbaufähig ist.
Wohin wird sich die Informations- und Wissensgesellschaft aus Ihrer Sicht entwickeln?
Dr. zu Guttenberg: Diese Frage lässt sich weder kurz noch ohne Hypothesen beantworten. Ich hoffe, dass sich Tendenzen einer Informationsgesellschaft, die das tatsächliche, kreativ nutzbare Wissen dominiert, nicht verfestigt.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Dr. zu Guttenberg: Joachim Fest "Ich nicht" sowie von Thomas Ruggles Pynchon "Against the day".