ODOK '07 - Informationskonzepte für die Zukunft



von Sigrid Reinitzer

Das 12. Österreichische Online-Informationstreffen der VÖB (Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare) und der 13. Österreichische Dokumentartag der ÖGDI (Österreichische Gesellschaft für Dokumentation und Information) fanden dieses Jahr vom 19. - 21. September 2007 an der Karl-Franzens-Universität in Graz statt.

Das Programm wurde in ausgezeichneter Weise von Eveline Pipp (UB-Innsbruck) vorbereitet, die das wertvolle Erbe von Heinz Hauffe weiterzuführen hatte, was ihr vortrefflich gelungen ist. Auch die Kooperation mit der ÖGDI und Walter Koch ist von ihr bestens durchgeführt worden. Zusätzlich ist es gelungen eine sehr interessante Firmenausstellung mit 37 Anbietern auszurichten, wobei von ihnen 6 als Sponsoren gewonnen werden konnten (Swets, Minerva, Thomson, Ebsco, Wolters Kluwer-Ovid, Dabis-EU).

Der ODOK-Tagung vorangestellt waren zwei Tage mit Workshops der ÖGDI, öffentlichen Kommissionssitzungen (Nominalkatalogisierung, Verbale Sacherschließung, Erwerbung und Fachhochschulen) der VÖB sowie den internen Sitzungen der ARGE BibliotheksdirektorInnen und des Forum Zeitschriften GeSIG e.V. Die Kooperation e-Medien Österreich hielt ihr 3. Arbeitstreffen ab. Außerdem tagten das VÖB-Präsidium und der VÖB-Vorstand, danach folgte die Generalversammlung der VÖB.

Die beiden Workshops beschäftigten sich unter Leitung von Dr.Walter Koch (Technische Universität Graz) mit folgenden Themen:

1. XML und Informationsmanagement und XML in der Praxis
(Metadatenmanagement, verteilte Datenbanken, Thesauren).

Berichtet haben Alexandra Pan (Amt der Südtiroler Landesregierung), Gerda Koch (AIT, , Sigrid Reinitzer und Walter Koch. Vorgestellt wurden Basistechnologien des modernen Informationsmanagements, zusätzlich erhielten die Teilnehmenden die Möglichkeit moderne Werkzeuge nicht nur kennenzulernen sondern auch selbst zu verwenden. Im ersten Teil wurde eine praxisorientierte Einführung geboten, ergänzend wurde an einem Beispiel der Einsatz dieser Methoden in einem Vernetzungsprojekt gezeigt. In der anschließenden Diskussion konnten Erfahrungen zu dieser Thematik gewonnen werden. Im zweiten Teil wurde der Austausch von Daten in Computersystemen erörtert, der sich durch das Internet in den letzten Jahren stark vereinfacht hat. Eine Schlüsseltechnologie ist die Kennzeichnung von Dateneinheiten durch "Beschreibungs- (Markup-) Sprachen". Über SGML (Structured Generalized Markup Language) hat sich XML (Extensible Markup Language) als einfache Form zur Beschreibung von Metadaten, Web-Diensten, Wissensnetzen, etc.) entwickelt und ist aus der modernen IT-Welt (Informations-Technologie) nicht mehr wegzudenken. In diesem Veranstaltungsblock wurden Begriffe wie: DTD (Document Type Definition), XSLT (eXtensible Stylesheet Language:Transformations, d.h. erweiterbare Gestaltungsvorlagensprache: Transformationen), XML-Schema, SRW/SRU (Search Retrieve Webservice / Search Retrieval via URL), OAI-PMH (Open Archives Initiative-Protocol for Metadata Harvesting), WSDL (Web Service Description Language) , XFORMS, XTM-TopicMap, etc erläutert und die Anwendungsmöglichkeiten an Beispielen erklärt.

2. Die DIS-Datenplattform für kulturelles und wissenschaftliches Erbe.
DIS (Dokumentations- und Informationsservice) / DISMARC (Discovering Music Archives) Metadatensysteme und ihre praktische Anwendung.

Gerda Koch (Steinbeis Innovationstransferzentrum für Informationsmanagement und Kulturerbe-Informatik und IMCHI) führte in DISMARC und Metadatensysteme ein. In Verbundportalen werden die Katalogdaten unterschiedlicher Organisationen über ein zentrales Suchsystem auffindbar gemacht. Diese Katalogdaten beschreiben verschiedene Objekttypen (Bücher, Filme, Bilder, Gegenstände, Veranstaltungen, Sammlungen etc.) und sind mit unterschiedlichen Katalogisierungssystemen erfasst worden. Einer zentralen Suche in den Daten muss daher ein Abgleich auf einen gemeinsamen Standard vorangehen. Die Veranstaltung gibt eine Einführung in die Aufgabenstellungen des Metadatenabgleichs und der Konkordanzentwicklung für heterogene Dokumentationssysteme. Die Teilnehmer erhalten einen Überblick zu den internationalen Standards (Beispielsweise Dublin Core Qualified) und deren Anwendung und Vorteile bei regionalen und internationalen Kooperationsvorhaben. Durch Mapping von Datenbanken werden die Kataloge zahlreicher schwer zugänglicher europäischer Musikarchive erstmals im DISMARC-Portal gleichzeitig und in vielen Sprachen recherchierbar. Mit open source basierter Technologie wollen Content Provider aus Rundfunk, Museen und Hochschulen branchenübergreifend zum Entdecken und Nutzen ihrer Audio-Schätze einladen. Ergänzt durch translinguale Volltext-Hilfen, Rechte-Management- und Lizensierungstemplates sowie einen Dublin-Core-kompatiblen Datenfelder-Standard verzichtet DISMARC weitgehend auf Thesauri und belässt die Archive in ihren vorhandenen Routinen. Zum Projektumfang gehören eigene Musikforschungsprojekte, die Kooperation mit einem Produzenten für edukative Software, innovative Universitätscuriccula und spezielle Hörfunkserien. Die 10 Partner aus 6 Staaten sind Garanten für weitreichende Netzwerke. So verspricht DISMARC eine nachhaltige Veränderung der Musikarchiv-Landschaft in Europa.

Im 3. Workshop hielt Martin Scheuplein (UB Regensburg) eine EZB-Anwenderinnen- und Anwenderschulung. An den großen wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs wird die EZB (Elektronische ZeitschriftendatenBank) zur Verwaltung der elektronischen Zeitschriften eingesetzt, jedoch nicht alle EZB-Administratorinnen und Administratoren haben die Möglichkeit zum jährlichen Treffen nach Regensburg oder zu Schulungen in den süddeutschen Raum zu kommen. Im Vorfeld der ODOK 07 fand eine halbtägige Präsentation statt mit einer Einführung in die Grundfunktionen der EZB-Administration. Anschließend wurde die Kombination von Konsortialverwaltung und Verwaltung lokaler Lizenzen in der EZB vorgestellt und über die Weiterentwicklung der EZB berichtet.

In der Kommission für Erwerbung berichteten Arlette Piguet (Bibliothek der ETH Zürich) über Integration von E-Books in den Bestand von wissenschaftlichen Bibliotheken; Steffen Wawra (UB Passau) und Renate Klepp (UB Wien) über den Geschäftsgang bei E-Books. Zentrales Anliegen der Benützer ist die Integration der E-Books in den Gesamtbestand der Metadaten von gedruckten Werken. Bernhard Wenisch (UB Salzburg) hielt ein Impulsreferat über Praktische Probleme der Einfuhrumsatzsteuer.

Die Tagung begann mit Grußworten der Vertreter der Karl-Franzens-Universität Graz, dem Leiter der Universitätsbibliothek sowie der VÖB und der ÖGDI. Den Eröffnungsvortrag "Zugang zu vernetztem Wissen" hielt Monika Hagedorn-Saupe von den Staatlichen Museen zu Berlin. Die 16 deutschen Bundesländer tragen Verantwortung für ihr reiches Kulturgut. Um dieses der Öffentlichkeit und der Wissenschaft bereitzustellen müssen gemeinsame Portale aufgebaut werden, entsprechende Kooperationen geführt und mit dem europäischen Raum verlinkt werden. Die deutsche EUBAM-Gruppe (Europäische Angelegenheiten für Bibliotheken, Archive, Museen und Denkmalpflege) hat hier als beratendes Gremium eine wichtige Stellung und wirkt mit bei der Zusammenarbeit der europäischen Aktivitäten auf diesem Gebiet, MINERVAplus und MICHAEL (Multilingual Inventory of Cultural Heritage in Europe), dem Kulturportal für digitale Bestände und Sammlungen der Naturwissenschaften, bildenden Künste, Technik, allgemeinen Geschichte, Sozialgeschichte aus verschiedenen Regionen und Kulturen von der Urzeit bis zur Gegenwart in Europa. Wichtigstes Ziel ist dabei die Vernetzung und der zentrale Zugang des europäischen Kulturgutes von Bibliotheken, Archiven und Museen.

Anschließend gaben Heinz Hauffe und Walter Koch einen Abriss der Geschichte der Datenbanken und ihrer Nutzung: "Keine Zukunft ohne Vergangenheit". Sie zeigten die Entwicklung der bibliographischen Datenbanken seit den 1960er Jahren. Früh begannen die Index- und Abstractsherstller ihre Register zu automatisieren um die Suche zu erleichtern und damit die Technikherstellung zu unterstützen, damit keine Doppelarbeit geleistet wird. Die Entwicklung der Datenzentralen, der CD-ROM-Technologie und des Internets wurden in großen Zügen aufgezeigt. Für die älteren Zuhörer war es lustig die erlebte Geschichte noch einmal nach-zu-erleben, die junge Kollegenschaft staunte und viele wollten Genaueres wissen.

Viele Vorträge der ODOK-07-Tagung behandelten, dem Tagungsthema entsprechend, neue Software-Entwicklungen, welche auf die verschiedenartigen und heterogenen Benützerfragen rascher reagieren sollen und die vielfältigen Informationen in homogener Weise vereinfacht anbieten können. Ein wichtiger Aspekt waren dabei nicht nur die Informationen in Bibliotheken, sondern auch aus Archiven und Museen. Beispielhaft seien hier einige Berichte kurz vorgestellt:

Harald Krottmaier sprach über Technische Aspekte der Systemarchitektur von PROBADO, ein Projekt, das von der DFG gefördert wird. Diese Systemarchitektur soll in die bestehende Infrastruktur der Bibliotheken eingebunden und nachhaltig genutzt werden können. Die Basis dieses Systems ist eine Service-Orientierte Architektur (SOA), d.h. vorrangiges Ziel ist die Einfachheit in der Bedienung.

LOTSE - "Library Online Tour and Self-Paced Education" wurde von Nicole Krüger vorgestellt. Es ist einerseits ein ganzheitlicher Ansatz zur Online-Vermittlung von Informationskompetenz für Wissenschafter und Studierende und andererseits bietet es Informationen zur Recherche, Beschaffung und Evaluation von Literatur aber auch Informationen zum Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten und der Nutzung des Internet.

Helle Lauridsen berichtete über New search concepts in CSA Illustrata und zeigte auf wie wichtig spezifische Volltextsuchen sind, die auch Tabellen und Zahlenaufstellungen berücksichtigen, die genau auf die Frage des Forschers ausgerichtet sind.

Peter Mayr behandelte das Projekt DigiAuskunft - Anfragemanagement und virtueller Auskunftsverbund. Mit der DigiAuskunft können alltägliche Benutzeranfragen effizienter als mit Mailverteilern bearbeitet werden. Schwierige Informationsanfragen können in den Verbund oder direkt an Partnerbibliotheken weitergeleitet werden.

Regine Stein berichtete über Museumsdaten in Portalen. Es wurden die beiden Vernetzungsstandards MuseumDAT und MuseumVOC vorgestellt, die von der Fachgruppe Dokumentation im Deutschen Museumsbund entwickelt wurden. Diese vereinfachen die Integration von Objektdaten in Museumsportale und erweitern die Recherchemöglichkeiten - sie sind ein Beitrag zur besseren Vernetzung von Kultur- und Informationsportalen.

Unter dem Titel Gebündeltes Wissen - Kooperative Auskunft im Geschäftsgang und Verbund sprach Jan Steinberg über "Informationsvermittlung" als Dienstleistung und stellte neue Anforderungen an die Informations- und Ressourcenkompetenz. Das Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) bietet mit "InfoDesk" ein Werkzeug für die Realisierung eines kooperativen Auskunftsdienstes an, der genau dies unterstützt: die Benutzer stellen ihre Anfragen über ein Web-Formular an die Bibliothek. Datenbanken mit bereits beantworteten inhaltlichen und formalen Frage-Antwortpaaren (Knowledge Base) oder speziellen Workflows werden für die bibliothekarische Nachnutzung bereitgehalten.

Walter Koch thematisierte die Service-orientierte Architektur (SOA) und Normdateien. Dargestellt wurde der Nutzen einer SOA sowohl als "Managementkonzept" bei dem sich die Infrastruktur an den Geschäftsprozessen ausrichtet, als auch als "Systemarchitekturkonzept" für verteilte IuD-Systeme, das die Bereitstellung fachlicher Dienste und Funktionalitäten in Form von Services ermöglicht. Information muss als "Service" (IaaS: "Information as as Service") aufgefasst werden. Jeder Anwender soll seinen Informationsarbeitsplatz flexibel, seinen Bedürfnissen entsprechend, gestalten können.

Optimierung von Dienstleistungen an Hochschulbibliotheken auf der Basis von Web 2.0 Technologien behandelte Christine Krätzsch am Beispiel der Universitätsbibliothek Mannheim. Im Rahmen eines DFG-Projekts wird untersucht, inwieweit sich Social Software Anwendungen im Kontext von Web 2.0 einsetzen lassen.

Derzeit haben die Kunden der UB die Möglichlkeit direkt im Online-Katalog Arbeiten zu rezensieren und zu bewerten. In einem weiteren Schritt wird untersucht, ob und in welcher Form die Kunden sich an der inhaltlichen Erschließung der Medien (Social Tagging) beteiligen

Einen Praxisbericht zum Thema Wikis als Wissensmanagementtools für Bibliotheken gab Michaela Putz und zeigte die Situation an der WU-Wien. Es wurde der Weg von der Erhebung der Ausgangssituation über die Definition von Kriterien, die Auswahl geeigneter Tools sowie Erfahrungen bei Installation und Anpassung des Systems bis hin zu ersten Eindrücken von der Benutzung des Wikis beschrieben.

Dirk Willinghöfer stellte Primo als Bibliothekssystem der Zukunft vor. Er zeigte, dass es für den Benutzer immer schwieriger wird wirklich relevante Qualitäts-Ressourcen zu identifizieren. Primo erschließt zielgerecht das Wissenspotential für die Bibliotheksbenützer, zusätzlich bietet Primo die Integration von Web 2.0- (z.B. Connotea oder Wikipedia) an oder auch Personalisierungs-Dienste.

Tamara Pianos behandelte Fachportale im Kontext von Vascoda und Möglichkeiten der Homogenisierung und zeigte auf, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung seit ca. zehn Jahren den Aufbau von fachspezifischen Informationsportalen fördern. Derzeit gibt es ca. 40 solcher Fachportale für fast alle Wissenschaftsfächer. Sie orientieren sich an den spezifischen Nutzerinteressen, vor allem in Forschung und Lehre, und sind gemeinsam über vascoda.de suchbar.

Auch der Folgetag war den Schwerpunkten Informationsdienstleistungen und Informationssysteme gewidmet. Aufgezeigt wurden die Themenbereiche der Zeitschriftenkonsortien durch Adalbert Kirchgäßner und Nutzungsstatistiken durch Sebastian Mundt (Hochschule der Medien, Stuttgart) und Kornelia Junge von Wiley-VCH, Weinheim. Parallel dazu gab es Referate über e-Dissertationen, digitale Archive und Digital Asset Management. Joachim Zeller berichtete z.B. über digitale Zeitungsarchive. Weiters gab es Berichte, welche die Alltagsprobleme in den wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs erkennen ließen: die Kooperation von e-Medien sowie Open Access. Interessant wird es sein, welche Lösungswege beschritten werden können. Damon Allen zeigte anhand ausgewählter Beispiele die Informationspolitik internationaler Regierungsorganisationen auf.

Der Schlusstag beschäftigte sich mit Aus- und Fortbildung, sowohl der zukünftigen Informationsspezialisten als auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es wurde die Ausbildung der ÖGDI vorgestellt, weiters von Heidi-Zotter-Straka der Universitätslehrgang "Library and Information Studies"- die maßgeschneiderte Ausbildung für wissenschaftliche Bibliotheken und die berufsbegleitenden Masterprogramme an der Donau-Universität in Krems im Bereich des Wissens- und Informationsmanagements. Auch interessante europäische Ausbildungsprogramme wurden von Sirje Virkus von der Universität Tallin vorgestellt.

Am Schluss dieser Veranstaltung wurde an drei AusbildungskandidatInnen der Fachhochschule Eisenstadt und der Donauuniversität Krems der ÖGDI-Preis durch Univ.-Prof.Dr. Christian Schlögl überreicht.

Das Land Steiermark, die Stadt Graz und die Fa Swets luden die mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem Steirischen Abend in den Großen Lesesaal der Universitätsbibliothek. Die Fa Minerva lud alle TeilnehmerInnen zu einem Empfang in die Hochspannunghalle der Technischen Universität. Beide Abende zeichneten sich durch gemütliche, lustige Stimmung bei ausgezeichnetem Speiseangeboten aus, wobei die Fachgespräche nie zu kurz kamen.

Weitere Informationen: http://www.uibk.ac.at/odok/2007/


Zur Autorin

Hofrätin Dr. Sigrid Reinitzer
Schubertstraße 26a
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E-Mail: sigrid.reinitzer@uni-graz.at