Was sich ändert bleibt! So nutzen Bibliotheken aktiv die Chancen des Wandels

Notizen zum 3. Deutschen Bibliotheksleitertag

von Angelika Beyreuther

Zum dritten Mal fand am 09.Oktober 2007, direkt vor der Frankfurter Buchmesse, der von BOND initiierte Deutsche Bibliotheksleitertag statt. Den 120 Teilnehmern wurden in sechs Vorträgen Anregungen unter dem Motto "Was sich ändert bleibt! So nutzen Bibliotheken aktiv die Chancen des Wandels" präsentiert. Da mit Ausnahme des Beitrags von Jens Redmer, Direktor von Google BookSearch für Europa, Nahost, Afrika und Russland, die Referate unter www.bibliotheksleitertag.de bereitstehen, hier nur einige ausgewählte Stichpunkte als Anregung, selbst im Internet nachzublättern.

• Barbara Lison forderte, Marketing und Lobbying als Management-Aufgaben in Bibliotheken auf die eigene Agenda zu setzen, denn nur so gingen diese wichtigen Themen im Tagesgeschäft nicht unter: "Das sind nicht nur Instrumente, dahinter steht eine ganz persönliche Haltung", betonte sie. Die Lobbyarbeit sollte bei der/dem heute als Rundum-ManagerIn geforderten BibliotheksleiterIn klar im Berufsverständnis verankert sein. Schmunzelnd resümierte sie, "das Sektglas in der Hand" sei dabei wichtigstes Element, denn die notwendigen Kontakte und Netzwerke ließen sich nun mal gut bei Empfängen knüpfen. Dabei wünschte sie ihren Kolleginnen und Kollegen den notwendigen "ganz langen Atem".

• Bekanntlich ist die Bayrische Staatsbibliothek die erste deutsche Bibliothek, die zu den über 25 vorwiegend amerikanischen Bibliotheken gehört, deren Bestände oder Teilbestände für Google's BookSearch digitalisiert werden. Da diese Public-Private-Partnership in Bibliothekskreisen nicht auf ungeteilte Zuneigung stößt, war Google-BookSearch-Direktor Jens Redmer mit seinem Thema "Wer hat Angst vor der Digitalisierung?" ein mit Interesse erwarteter Redner.

  Mit dem Bibliotheksprojekt lasse sich kein Geld verdienen, behauptete er. Grund für das Bibliotheksprojekt sei einzig und allein die Verbesserung der Suchqualität für den Nutzer. Die Einbindung dieser wertvollen Inhalte sei ein strategisches Investment für Google, denn dadurch ergebe sich ein "gigantischer Wettbewerbsvorteil": Mehr Inhalte, mehr Nutzer, mehr Werbung! Denn 90 % seiner Erlöse erziele Google mit Werbung. - So einfach kann Geldverdienen sein. Die unglaublichen technischen Möglichkeiten - Beispiel: die Kapazität der Speichermedien verdoppelt sich alle 13 Monate! -sollten nicht als Bedrohung sondern als Chance gesehen werden, forderte er.

  Aber vielleicht ist die Mission von Google, die Informationen der Welt - nach undurchschaubaren Kriterien - zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich machen, nicht jedermanns Sache? Die erste Nachfrage aus dem Publikum nach den Kriterien von Google bei der Bewertung der Relevanz eines Inhalts erbrachte die nebulösen Aussage, hinter den Relevanzkriterien stehe "ein sehr dynamischer, komplizierter mathematischer Algorithmus".

• Der Niederländer Bastiaan F. Zwaan, Geschäftsführer der mit BOND kooperierenden Medialab Solutions, zeigte in seinem zum Nachlesen empfohlenen Beitrag eine etwas anders gewichtete technologische Zukunftsperspektive auf, in der Bibliotheken eine wichtige Rolle spielen. Er plädierte für einen auf die inhaltliche Suchfunktion in den Beständen ausgerichteten schnellen und interaktiven Webauftritt der Bibliotheken, für eine neue Generation des OPAC. "Ohne deutliche Webidentität ist man als Bibliothek fast nicht existent", provozierte er. "Es gibt eine ganze Generation, für die Webrealität Realität ist."

• Es war wieder ein intellektueller Genuss, dem Direktor der Niedersächsischen Landesbibliothek und ehemaligen Sprecher des BID, Dr. Georg Ruppelt, bei seinen abschließenden "literarischen und anderen Prognosen zur Zukunft der Printmedien" zuzuhören. Disziplinübergreifende Anregungen, nachlesenswert!

  Bibliotheken werden immer als "Inseln der Ruhe" geschätzt bleiben, aber warum sollten Bibliotheken nicht auch Stätten des Massenvergnügens sein? "Wir sollten davon wegkommen, Bibliotheken als statische, relativ eindimensional ein- und ausgerichtete Häuser, Räume oder Gebäude zu sehen."

Und die bekannte Lebensweisheit zum Schluss: "Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie der Zukunft gelten." Diese Prognose lässt sich ungestraft wagen: Es wird einen 4. Bibliotheksleitertag am 18. Oktober 2008 in Frankfurt/Main geben.