Brockmann, Agnieszka: Methoden der Bestandserhaltung in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin
am Beispiel des Umgangs mit Pflichtexemplaren


- Berlin: Zentral- und Landesbibliothek, 2007. 120 S.
ISBN 978-3-925516-33-7, € 12,00

Die vorliegende Studie ist eine Abschlussarbeit am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, sie basiert auf Untersuchungen der Autorin in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) und den Arbeiten von Petra Willich1, Annette Gerlach2 und Ulrike Hähner3.

Ziel der Arbeit ist, "die Maßnahmen der Bestandserhaltung ? zu beschreiben, sie vor dem Hintergrund der bestehenden Empfehlungen und Anweisungen zu analysieren und Hinweise zur Steigerung ihrer Effektivität zu geben." (S. 10) Die Untersuchungen werden am Beispiel der Pflichtexemplare, die die Bibliothek auf Grund des Gesetzes über die Ablieferung von Pflichtexemplaren in der Fassung vom 15. Juli 2005 (S. 15) erhält, durchgeführt.

Während früher die Pflege von Sammlungen mit besonders wertvollen Exemplaren im Mittelpunkt der Bestandserhaltung stand, rückt nun die Massenproduktion der Verlage immer mehr in den Vordergrund. Dazu gehören auch die Pflichtexemplare, die einen wichtigen Teil des kulturellen Erbes darstellen und somit erhaltungswürdig sind. Ernsthafte Probleme sind der große Bestandsumfang (der Bestand an Pflichtexemplaren umfasste in der ZLB Ende 2005 immerhin 178.536 Exemplare, 167.341 sind Druckschriften; Non-Book-Medien werden von der Untersuchung ausgeschlossen, weil sie den Rahmen der Arbeit sprengen würden) und der Massencharakter des Papierzerfalls. Aus diesen Gründen ist eine Untersuchung von Bestandserhaltungsmaßnahmen bei Pflichtexemplaren gerechtfertigt.

Die Autorin nimmt die Analyse in zwei Teilen vor - in einem theoretischen Teil, der die wichtigsten Grundlagen (der gesetzliche Auftrag der ZLB, die Richtlinien für die Bestandserhaltung in Deutschland, die Normen zur Bestandserhaltung in Archiven und Bibliotheken) beinhaltet und in einem praktischen Teil, der die verschiedenen Aspekte der Bestandserhaltung in der ZLB (die Aufbau- und Ablauforganisation, die Prophylaxe, die Massenbehandlung, die Konversion, die Restaurierung) umfasst. Vorbemerkungen, Einführung und Schlussbemerkungen, ein Literaturverzeichnis und umfangreiche Anlagen mit den wichtigsten Dokumenten zur Bestandserhaltung der ZLB ergänzen die Analyse.

Neben den Erfolgen (z. B. in der Prophylaxe, Massenbehandlung und Konversion) äußert sich die Autorin auch zu den Mängeln (z. B. Schwachpunkte in der strukturellen Organisation der Bestandserhaltung, Mängel im konzeptionellen Bereich der Bestandserhaltung, ungenügende Berücksichtigung der Bestandserhaltung im offiziellen Auftritt der Bibliothek, Freigabe der Pflichtexemplare zur Ausleihe sowie mangelnde Lagerbedingungen für den gesamten Bibliotheksbestand).

Es ist eine sehr konkrete Untersuchung, und es ist auch ein Verdienst von Agnieszka Brockmann, dass auf dem Gebiet der Bestandserhaltung in der ZLB wichtige Veränderungen im Zeitraum zwischen der Niederschrift der Arbeit (Frühjahr 2006) und ihrer Veröffentlichung (Sommer 2007) stattfanden:

1. Im September 2006 wurde das Kompetenzzentrum für Bestandserhaltung geschaffen, das in der ZLB angesiedelt ist und das Expertenwissen und die Aktivitäten zu den verschiedenen Themen der präventiven, konservatorischen und restaurativen Maßnahmen der Bestandserhaltung in Archiven und Bibliotheken Berlins bündeln und mit denen des Nachbarlandes Brandenburg vernetzen soll.

2. Im Dezember 2006 wurde an der ZLB das Referat Bestandserhaltung gegründet, das aus den ehemals zu den Referaten Geschäftsgang und Spezialbereiche gehörenden Einrichtungen der Buchbinderei und der Einbandstelle sowie aus dem in 1. genannten Kompetenzzentrum besteht.

Fazit: Die ZLB ist auf einem guten Weg und hat die wichtigsten strukturellen und konzeptionellen Maßnahmen ergriffen, um die Bestandserhaltung der Pflichtexemplare voranzutreiben und in das Bibliotheksmanagement zu integrieren. Es ist zu hoffen, dass bei der Diskussion um das Humboldt-Forum im wiederaufzubauenden Schloss in Berlin-Mitte die arg in Raumnöten befindliche ZLB nicht vergessen und so eine wichtige räumliche Voraussetzung für die Erhaltung des Gesamtbestandes geschaffen wird. Die Arbeit von Brockmann ist ein kleiner Beitrag dazu4.


Anschrift des Rezensenten

Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Ostendorfstraße 50
D-12557 Berlin
dieter.schmidmaier@schmidma.com


Anmerkungen

1. Willich, Petra: Bestandserhaltung als Aufgabe des Bibliotheksmanagements. Berlin, 2001. IX, 92 S. - Diese Arbeit ist eine sehr gute Zusammenfassung zur Bestandserhaltung aus der Sicht deutscher Bibliotheken. Vgl. die Rezension in: B.I.T.online 5 (2002) 4, S. 372.

2. Gerlach, Annette: Bestandserhaltung in Berlin und Brandenburg: Auswertung einer Umfrage in Archiven und Bibliothek. In: Bibliotheksdienst 39 (2005) 12, S. 1553-1582.

3. Hähner, Ulrike: Schadenprävention im Bibliotheksalltag. München, 2006. XI, 200 S. Vgl. die Rezension in: B.I.T.online 9 (2006) 2, S. 178-179.

4. Lux, Claudia: Zentral- und Landesbibliothek Berlin. In: Regionalbibliotheken in Deutschland mit einem Ausblick auf Österreich und die Schweiz / Hrsg. von Bernd Hagenau. Frankfurt a.M., 2000. S. 141-152. - S. 145: "Die räumlichen und klimatischen Bedingungen der Magazinbereiche schaden den wertvollen Sammlungen und sind dringend verbesserungsbedürftig."