Ein Netz von Schulbibliotheken

Ein Schulträger stellt sich seiner Verantwortung


Eine Schulträger-Lösung: Mediennetzwerk
Gemeinsame Datenbank
Bibliothekarische Standards
SchülerInnen sind (auch) Online-Kunden
Regionale Medienzentren als Eckpfeiler
Zentrale Profi-Unterstützung
Entwicklungsanalyse
Nachhaltig und kompetent
Zentral organisierte Lesungen
Weitere Angebote
Zwischenfazit

Lahn-Dill-Kreis
- knapp 40.000 Schüler/innen
- 97 Schulen in 102 Standorten (64 Grundschulen, 7 Haupt- und Realschulen, 4 Gymnasien, 5 Berufschulen, 7 Förderschulen, 10 Gesamtschulen)

IMeNS-Verbund aktuell
Teilnehmer/Zweigstellen:
- 27 Grundschulen
(16 aktiv, 11 in Vorbereitung)
- 5 Haupt- und Realschulen (5 aktiv)
- 2 Gymnasien (1 aktiv, 1 in Vorbereitung)
- 2 Berufschulen (2 aktiv)
- 3 Förderschulen (2 aktiv, 1 in Vorbereitung)
- 10 Gesamtschulen
(6 aktiv, 4 in Vorbereitung)
- 2 Medienzentren
(ehemalige Kreisbildstellen, 2 aktiv)
- 1 Sonderzweigstelle:
Beratungsbücherei Grundschule

Kleine Datenstatistik
(Stand: 15.11.2007):
Medienbestand Verbunddatenbank:
- 126.073 Mediensätze,
- 247.963 Exemplarsätze
Benutzer/innen Verbunddatenbank:
- 1.882 Lehrer/innen mit IMeNS-Ausweis
- 12.523 Schüler/innen mit IMeNS-Ausweis

IMeNS-Motto
Miteinander arbeiten - voneinander lernen - gemeinsam weiter entwickeln!

IMeNS-Portal
http://imens.lahn-dill-kreis.de

von Simone Vetter und Meike Lauer

Der PISA-Leseschock, immer mehr Ganztagsangebote an Schulen, immer größere Anforderungen an die Schüler/innen - und dennoch muss weithin festgestellt werden, dass eine verzahnte professionelle Infrastruktur für eine kontinuierliche schulische Medienbildung von Anfang an alles andere als eine selbstverständliche Vorstellung geschweige denn Tatsache in Deutschland ist.

Der pauschale Ruf nach Schulbibliotheken ist nicht mehr nur von Fachleuten, sondern auch in der Politik laut geworden. Hessische Schulträger sind hier nach dem Hessischen Schulgesetz (vgl. § 156 (Personal) und 158 (Unterhaltung von Schulbibliotheken) strenggenommen in der Pflicht, aber neben sporadisch ausgeschütteten Unterstützungsmitteln finden sich im Stellenplan für Schulträgerpersonal Hausmeister, Sekretärinnen und Reinigungspersonal - kein Wort von ausgebildeten Bibliothekskräften, wie es per Gesetz in vielen Ländern Europas längst gelebte Bildungswirklichkeit ist.

Ein von der Politik genauso gut gemeintes wie von Unkenntnis geprägtes Ansinnen, schwer vermittelbare Arbeitslose doch in Bibliotheken unterzubringen, zeigt das Ausmaß des Dilemmas. Eine Nutzen stiftende Schulbibliothek braucht einen adäquaten Literaturbestand und ebensolche Medienangebote sowie kompetente schulbibliothekarische Arbeit und Informationsvermittlung. Hierfür ist die Schulbibliothek die zentrale Einrichtung vor Ort. Kompetente fachliche Leitung ermöglicht die Wahrnehmung dieser Aufgaben sowie eine für die schulischen Bedürfnisse adäquat ausgestaltete Kooperation mit anderen Medieneinrichtungen wie öffentlichen Bibliotheken und auch regionalen Medienzentren.

Der Ruf nach Schulbibliotheken ist also laut, aber wenn die dafür benötigten Investitionen ermittelt und benannt werden, die in krassem Gegensatz zu den dafür bisher kaum bei den zuständigen Schulträgern vorhandenen Personal- und Sachmitteln stehen, wird es sehr, sehr leise.

Eine Schulträger-Lösung: Mediennetzwerk

Der Lahn-Dill-Kreis in Mittelhessen, ländlich ausgerichtet und Schulträger für 97 Schulen in 102 Standorten, hat sich ein hohes und verantwortungsvolles Ziel gesetzt: Sukzessiv sollen alle 97 Schulen des Kreises mit einer funktionsfähigen Schulbibliothek bzw. Schulmediothek ausgestattet werden. Hierbei sollen fachliche Standards der Bibliotheksarbeit zugrunde gelegt und ein Mindestmaß an Qualität nicht unterschritten werden. Seit nunmehr zweieinhalb Jahren hat sich der Lahn-Dill-Kreis dieser Aufgabe verpflichtet und mittlerweile, wie wir finden, ganz beachtliche Erfolge erzielt.

Mit der Einstellung einer Diplom-Bibliothekarin direkt in der Kreisverwaltung wurde begonnen, ein in dieser Weise einzigartiges Netzwerk aufzubauen: das Informations- und Mediennetzwerk der Medienzentren und Schulen im Lahn-Dill-Kreis (kurz: IMeNS).

Schulbibliotheken, die teilweise schon bestanden, und eine erfreulich hohe Anzahl an Neugründungen gerade im Grundschulbereich arbeiten, so sie Zweigstelle des IMeNS-Verbundes sind, alle mit einer professionellen Bibliothekssoftware, mit der die Medien vor Ort katalogisiert werden und über die auch die Ausleihe mit allen relevanten Funktionen gesteuert wird.

Gemeinsame Datenbank

Die Software wird jedoch nicht einzeln vor Ort, sondern auf einem zentralen Server verwaltet. Hier werden auch die Daten gespeichert und gesichert sowie die aktuellen Updates geprüft und zentral eingespielt. Die einzelne Schulbibliothek vor Ort hat also alle Vorteile einer professionellen Software, ohne mit deren Verwaltung und Technik zu sehr belastet oder überfordert zu sein. Daneben hat der Lahn-Dill-Kreis mehrere Quellen zur Fremddatenübernahme finanziert, so dass auch die Arbeit der Katalogisierung zunächst durch nur kurz (innerhalb von zwei Arbeitstagen) geschulte Kräfte übernommen wurde.

Die Erfahrung innerhalb des rasant wachsenden Netzwerkes zeigte hier jedoch, dass eine Umstellung auf ein gewisses Maß an zentraler Medieneinarbeitung durch bibliothekarische Fachkräfte der Kreisverwaltung langfristig geleistet werden muss. Selbst die Arbeit mit Fremddaten kann wichtige und komplexere Fachkenntnisse wie das RAK-gerechte Katalogisieren nicht ersetzen. Die Qualität der Katalogisate lässt aktuell, vor allem im Hinblick auf zu viele unerwünschte dublettierte Titelaufnahmen, noch zu wünschen übrig.

Nicht zuletzt sollen Schüler/innen ans Lesen und an kompetente und gezielte Informationsgewinnung herangeführt werden und hierfür sind gut strukturierte und korrekte Katalogeinträge mit wenig Redundanz wichtig.

Bibliothekarische Standards

Ein weiterer Garant für verbundweite Einheitlichkeit in der Bestanderschließung der Schulbibliotheken ist die verpflichtende Anwendung der Allgemeinen Systematik für Öffentliche Bibliotheken (ASB) bzw. der Systematik für Kinder- und Jugendbibliotheken (SKJ) und zentral registrierter Interessenkreise. Sind die Schüler/innen bereits von ihrer Schulbibliothek die Aufstellung der Medien nach diesen Standardsystematiken öffentlicher Bibliotheken gewöhnt, fällt das Zurechtfinden in der nächsten Stadtbibliothek gewiss um vieles leichter. Auch im Wechsel von einer IMeNS-Grundschule an eine weiter führende IMeNS-Schule lässt die Einführung allgemein gültiger Standards und der damit verbundene Wiedererkennungseffekt für Schüler/innen die Hoffnung auf eine als selbstverständlich erachtete Schulbibliotheksbenutzung steigen. Der IMeNS-Ausweis kann in der weiter führenden Schule in jedem Fall weiter verwendet werden.

SchülerInnen sind (auch) Online-Kunden

Über den gemeinsamen professionellen Online-Katalog ist der Bestand aller beteiligten Schulbibliotheken recherchierbar. Hier ist sowohl die Suche im Gesamtbestand des Verbundes als auch die Recherche ausschließlich im Bestand einer einzelnen Schulbibliothek möglich. Auch können hier das eigene Leserkonto online eingesehen, entliehene Medien verlängert und andere vorbestellt werden. Zusätzlich bietet der Lahn-Dill-Kreis über eine dem Online-Katalog vorgeschaltete Portalseite weitere Informationen und Dienste an. Diese sind nicht nur die Bereitstellung von direkt auf die eigene Schulbibliothek bezogenen Informationen wie Öffnungszeiten und Ansprechpartner. Vor allem finden Schüler/innen und Lehrer/innen hier auch den passwortgeschützten Zugang zu lizenzierten Datenbanken wie dem renommierten Munzinger-Archiv und Schroedel-Aktuell. Darüber hinaus finden sich in dem Portal wichtige Informationen zur Gestaltung der Bibliotheksarbeit für die Bibliotheksmitarbeiter/innen vor Ort; hier können beispielsweise die ASB und SKJ in reduzierter Form, die im Verbund zu verwendenden Interessenkreise und Anleitungen zur Ausleihfunktionen und Katalogsonderfällen herunter geladen werden.

Diese Möglichkeit, auf Informationen, die zwar in Schulungen und bei Vor-Ort-Terminen gezeigt und genannt wurden, im Bedarfsfall sofort selbst zugreifen zu können, erachten wir für besonders wichtig in einem geographisch so weitläufigen Verbund.

Mit diesem umfassenden und über das Internet erreichbaren Angebot gewinnen die Schulbibliotheken im Lahn-Dill-Kreis und ihre Benutzer/innen ein Art der Förderung von Informationskompetenz in den Bereichen Literatur- und Informationsrecherche sowie Bibliotheksbenutzung, die ohne die Teilnahme am IMeNS-Verbund nie in diesem Ausmaß und der Professionalität möglich wäre.

IMeNS-Portal - Angewandte Standards / Arbeitsgrundlagen für alle Mitarbeiter/innen im Verbund

Regionale Medienzentren als Eckpfeiler

Zusätzlich zu den Bibliotheken der einzelnen Schulen sind die beiden Medienzentren (ehemals Kreisbildstellen) des Kreises ebenfalls in IMeNS vernetzt. Deren Bestände an audiovisuellen und digitalen Unterrichts- und Lernmedien sowie entsprechende Verleihgeräte sind sowohl im Gesamtkatalog zu finden als auch in einem eigenen Teilkatalog recherchier- und vorbestellbar. Darüber hinaus steht dem Verbund ein gezielt in den beiden Medienzentren als Ergänzung zu den Schulbibliotheken des Verbundes aufgebauter Buch- und Medienbestand zur Verfügung; hierbei handelt es sich um einen Bestand an grundsätzlich schnell veraltender IT-Literatur und um zusätzliche Antolin-Bücher. Gerade für den Einsatz im Unterricht halten die Medienzentren für einige Antolintitel außerdem Klassensätze und ergänzende Unterrichtsmaterialen sowie weitere audiovisuelle Medien in einer Medienmixkiste vor.

Außerdem, und das ist sicher eine interessante Erweiterung des jeweiligen Medienangebots der Schulbibliothek vor Ort, ist dieser Bestand der Medienzentren seit dem Schuljahr 2006/2007 nicht mehr nur für die Lehrer/innen im Lahn-Dill-Kreis, sondern auch für den einzelnen Schüler bzw. die einzelne Schülerin mit IMeNS-Ausweis ausleihbar.

Zentrale Profi-Unterstützung

Neben den zentralen Dienstleistungen erhält jede Schulbibliothek bei Einstieg einen vollständig ausgestatteten Bibliotheksarbeitsplatz (Rechner, Monitor, Maus, Tastatur, Handscanner, Etiketten- und Benachrichtigungsdrucker, Quittungsdrucker) mit entsprechender Arbeitsplatzlizenz der Bibliothekssoftware. Ein weiterer Rechner für die Benutzung des IMeNS-Portals mit den Online-Katalogzugängen durch Schüler/innen und Lehrer/innen wird ebenfalls kostenfrei bereitgestellt. Mit der Bereitstellung und Einrichtung der Hard- und Software sowie entsprechender Einbindung ins Netzwerk beginnt dann erst die eigentliche fundierte bibliothekarische Unterstützung:

Der Schulungsraum im Medienzentrum

Für die Erfassung der Medien werden die Barcodes mit zentraler Nummernkreisverwaltung für den gesamten Verbund bestellt und kostenfrei zur Verfügung gestellt. Leseausweise werden ebenfalls ohne Kosten für die Schule bereitgestellt. In einigen Fällen wurde in den Schulbibliotheken vor deren Teilnahme an IMeNS schon mit elektronischen Daten im Bereich der Titelerfassung gearbeitet. Je nach Bestandsgröße und Qualität des Datenbestandes werden die Daten entweder in die IMeNS-Katalogdatenbank migriert (diese Kosten werden ebenfalls zentral beglichen) oder der Bestand wird neu erfasst. Hierbei bietet das bibliothekarische Team der Kreisverwaltung tatkräftige Unterstützung an. Alle Mitarbeiter/innen in der Bibliothek werden durch das bibliothekarische Team der Kreisverwaltung umfassend in allen relevanten Bereichen bibliothekarischer Fertigkeiten1 geschult.

Daneben können die Schulen Vor-Ort-Termine zur Beratung hinsichtlich der sinnvollen Systematisierung ihres Bestandes abrufen. Über eine Kooperation, die der Lahn-Dill-Kreis mit der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle in Frankfurt unterhält, werden darüber hinaus Schulungen zu den Grundlagen der Einrichtung einer Schulbibliothek und des Bestandsaufbaus angeboten. Diese Kooperation beinhaltet über den Schulungstermin hinaus auch die Weitergabe von Empfehlungslisten für den Bestandsaufbau, die zweimal im Jahr durch die Zentrale an alle IMeNS-Zweigstellen weitergegeben wird.

Alle Veranstaltungen sind im Rahmen der hessischen Lehrerfortbildung beim Institut für Qualitätsentwicklung akkreditiert, erhöhen bei Teilnahme also das individuelle Punktekonto des Fortbildungsportfolios der Lehrer/innen. Ergänzt wird dieses nicht geringe Fortbildungsangebot durch eine einmal jährlich stattfindende Vollversammlung, die allen Beteiligten Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zur Kontaktaufnahme bietet; dabei sind schon einige hilfreiche Kontakte zwischen Bibliotheken von benachbarten oder zumindest geographisch näher beieinander liegenden Schulbibliotheken entstanden.

Entwicklungsanalyse

Der auf- und ausgebaute Verbund von Schulbibliotheken eines ganzen Landkreises stellt, neben der reinen zentralen Verwaltungsarbeit, keine geringe Herausforderung dar. Einige Aspekte, die in der täglichen Arbeit besonders ins Gewicht fallen, seien hier beispielhaft herausgegriffen.

Große Unterschiede sind insgesamt im Entwicklungsstand der Schulbibliotheken vor Ort festzustellen. Das Spektrum reicht von kleinen, bisher eher "stiefmütterlich" behandelten Buchbeständen, die weder fachgerecht untergebracht oder aufgestellt noch gepflegt wurden, über schon vorhandene sehr große Bestände mit großer Bandbreite, was den Aktualitäts- und vor allem auch den Erschließungsgrad des Bestandes betrifft, bis hin zu sehr erfreulichen Neugründungen kleiner aber feiner Bibliotheken. Letzteres verzeichnen wir durch den "im(m)ensen" Anstoß zumeist im Grundschulbereich.

Mit der Problematik der im Hinblick auf Größe und Qualität differierenden Bestände der einzelnen Verbundzweigstellen geht auch ein unterschiedliches Betreuungskonzept vor Ort einher. Es gibt einige wenige Zweigstellen, die, einmal mit PC´s, Software und Grundlagen-schulungen ausgestattet, kein weiteres Engagement in ihre eigene Bibliothek vor Ort oder gar in die kooperative Verbundarbeit einbringen. Die Zahl dieser Fälle liegt jedoch unter 2 %, eine Quote, die man insgesamt für gering und die Verbundarbeit mit allen anderen Zweigstellen dementsprechend für außerordentlich erfolgreich erachten kann. Es gibt eine nicht geringe Zahl an Zweigstellen, die schon vor ihrer Teilnahme an IMeNS Lehrer/innen mit Deputatstunden für die Betreuung der Bibliothek abgeordnet hatten. Teilweise ist auch ein großes Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen und Minijobber/innen festzustellen, und bei einigen der bibliotheksverantwortlichen Lehrer/innen geht der Einsatz weit über ihre eigentliche Deputatstundenzahl hinaus.

Aus dem eben Dargestellten ergibt sich natürlich ein zu erwarten gewesener äußerst relevanter Faktor für die Güte der Bibliotheksarbeit vor Ort: die Personalsituation.

Die Kreisverwaltung hat mit der Einstellung von mittlerweile zwei Diplom-Bibliothekarinnen (zusammen ergibt das ca. 1,5 Vollzeitstellen für bibliothekarische Aufgaben), mittlerweile zwei Auszubildenden zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste (FAMI) und dem Arbeitseinsatz von drei IT-Mitarbeitern, die einen Teil ihrer Arbeitszeit für die IT-technische IMeNS-Betreuung einsetzen, ein effektiv arbeitendes Team gebildet.2

Das Team der IMeNS-Zentrale (ohne Medienzentrumsleiter und Auszubildende): v.l.n.r. Kerstin Leis (FAMI-Azubi 3. AJ), Volker Heil (Pädagogischer Leiter der Medienzentren), Simone Vetter (Leiterin IMeNS-Zentrale), Meike Lauer (Bibliotheksservice), Malena Schlapp (FAMI-Azubi 1. AJ), Joachim Reinisch, Mike Aulenbacher, Stefan Nitsch (alle IT-Service).

Dieses Team übernimmt alle zentralen Aufgaben, von der Verwaltung der Software und der Datenhaltung über zentral vorzunehmende Bestellungen von Medienbarcodes und Leseausweisen und die Abwicklung des regelmäßig abgehaltenen Schulungsprogramms bis hin zu Betreuungseinsätzen vor Ort. Gerade der letzte Punkt wurde im Anschluss an die Pilotphase und mit dem starken Anwachsen des Verbundes deutlich intensiviert, nimmt nun aber einen sehr großen Anteil der Arbeitszeit ein. Wir erachten diese Vor-Ort-Betreuung jedoch trotz der Netzwerkstruktur und mit Blick auf den aktuellen Entwicklungsstand der Schulmediotheken für unerlässlich.

Nachhaltig und kompetent

So wird über diesen von dem IMeNS-Team erbrachten Einsatz den Schulbibliotheken auch vermittelt, dass der Schulträger langfristig und nachhaltig an guter Bibliotheks- und Leseförderarbeit vor Ort interessiert ist und die qualitative Betreuung der einzelnen Zweigstelle wichtig ist. Darüber hinaus erfordert aber auch die Art der personellen Besetzung der einzelnen Schulbibliotheken, die naturgemäß nicht durch Fachpersonal gewährleistet ist, eine konstante Betreuung. Einzelfragen zum Bereich der Titelaufnahmen und der Ausleihfunktionen werden vor Ort geklärt, konkrete Hilfen zur Bestandssystematisierung und -erschließung werden vor Ort gegeben. Die in den Schulen für die Ausleihe zuständigen Personen - dies können Minijobber, Ehrenamtsteams, 1-Eurojobber sein - werden jeweils vor Ort in die alltäglichen Funktionen eingewiesen.

Mit der Umstellung in der Katalogisierung auf eine zentrale Medienerfassung durch die IMeNS-Zentrale kommt ein wesentlicher Aspekt an Mehrarbeit hinzu: Schulbibliotheken mit einer Bestandsgröße von bis zu 500 Medien arbeiten ihre Medien nicht mehr selbst ein. Die IMeNS-Zentrale bringt ihr bibliothekarisches Know-how und zeitliche Kapazitäten ein, um diese Bestände korrekt zu erfassen. Allerdings reduziert diese Umstellung die bis dahin umfangreichen Sammelschulungen, die telefonische und sonstige Betreuung sowie den bis dato zu großen Korrekturaufwand, so dass hierdurch bei aller Personalknappheit so effektiv wie möglich ein Qualitätsgewinn angestrebt wird.

Auch im Falle von vorhandenen elektronisch erfassten Datenbeständen, die über eine Migration in die Verbunddatenbank eingespielt werden, werden die Schulbibliotheksbetreuer/innen vor Ort tatkräftig unterstützt - bis hin zu einer Umsystematisierung des gesamten Bestandes eines Gymnasiums von dessen selbst entworfener Systematik auf die verbundweit eingesetzte und verpflichtend einzusetzenden ASB und SKJ.

Zentral organisierte Lesungen

Über diese umfassende bibliothekarische Unterstützung bei der konkreten Bibliotheksbetreuung geht der Lahn-Dill-Kreis noch weiter in seinem Engagement für die Förderung von Lese- und Informationskompetenz. Im November dieses Jahres wurde erstmalig auf Kosten des Schulträgers eine kleinere Lesereise mit bekannten Autoren durch einige IMeNS-Schulen durchgeführt; dieses Angebot soll kontinuierlich ein- bis zweimal pro Jahr an die IMeNS-Schulen herangetragen werden.

Lesereise mit dem Autorenduo Brinx/Kömmerling (links: Westerwaldschule Driedorf, rechts: Gesamtschule Solms).

Weitere Angebote

Speziell für Grundschulen bietet das Team der IMeNS-Zentrale die Aufführung der zum Bestand der Medienzentren gehörenden Bilderbuchkinos in den Schulen an. In nächster Zukunft wird darüber hinaus eine Arbeitsgruppe von Bibliothekarinnen der IMeNS-Zentrale und interessierten LehrerInnen gebildet werden, die sich mit der konkreten Vermittlung von Informationskompetenz direkt an die SchülerInnen im Rahmen von Blockseminaren befassen wird. Hierzu bieten die Infrastruktur von IMeNS und die guten Onlineangebote eine geeignete Grundlage.

Bilderbuchkino aktiv in einer IMeNS-Grundschule

Zwischenfazit

Nachdem IMeNS 2004 als Pilotprojekt der hessischen Medieninitiative Schule@Zukunft startete3, nahmen nach den hessischen Osterferien im April 2005 zwei Grundschulen, eine Haupt- und Realschule, ein Gymnasium, eine Berufsschule, eine Förderschule, zwei Gesamtschulen und die beiden regionalen Medienzentren ihre online vernetzte Arbeit mit zentraler Serverfarm und modularer Bibliothekssoftware auf.

Mittlerweile sind 32 Schulbibliotheken als Zweigstellen des IMeNS-Verbundes aktiv; weitere 17 sind fest angemeldet und werden aktuell eingebunden. Dies ist eine erfreulich hohe Zahl an Verbundteilnehmern und lässt hoffen, dass das langfristige Ziel, alle Schulen mit einer modernen Schulbibliothek zu versehen und ins Netzwerk einzubinden, wesentlich schneller erfolgen wird als ursprünglich gedacht. Auch Anfragen und Anträge zur Einbindung von Kindergartenbibliotheken, kirchlichen Bibliotheken und Schulbibliotheken aus anderen Landkreisen zeigen uns, dass die konzeptionell durchdachte Infrastruktur des IMeNS-Verbundes auch außerhalb der Schullandschaft des Lahn-Dill-Kreises positiv wahrgenommen wird.

Seit Beginn von IMeNS sind 12 Schulbibliotheken neu gegründet worden. Ebenfalls als äußerst erfreulich werten wir die in einigen Fällen auch baulich neu gestalteten Schulbibliotheken. Die finanziellen Mittel hierzu kamen in aller Regel aus Mitteln der "Initiative Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB), in manchen Fällen halfen hier jedoch auch gezielte Sponsorenläufe in den Schulen, Elternengagement und die kooperative Arbeit und Hilfe der Bausachbearbeitungen in der Kreisverwaltung.

Online-Katalog-Recherche in einer IMeNS-Grundschulbibliothek...
...und der direkte Weg zu den gefundenen Medien

In jeder IMeNS-Zweigstelle steht ein eigener Raum für die Bibliothek zur Verfügung. Der Rückgang von Schülerzahlen machte in den Fällen, in denen kein eigener Neu- oder Umbau möglich war - und das sind die meisten - die Umwidmung eines nicht mehr benötigten Klassenraumes möglich. Auf Wunsch bietet die IMeNS-Zentrale auch hier fachliche Beratung und gibt mit allgemeinen Standards aus dem Bibliothekswesen Hinweise hinsichtlich der Planung und Gestaltung des Bibliotheksraumes.

Auch wenn es darum geht, Kooperationsvereinbarungen zwischen Schule, Schulträger und Gemeinde zur Gründung und Unterhaltung einer kombinierten Schul- und Gemeindebibliothek zu schließen, bietet die IMeNS-Zentrale mit der Rechtsabteilung abgestimmte Vorlagen und individuelle Entwürfe an und organisiert auch entsprechende Kooperationsgespräche der Beteiligten. Bereits zwei Kombi-Bibliotheken konnten zudem von den Fördermitteln des Landes profitieren. Das Antrags- und Verwaltungsverfahren wurde dabei ebenfalls durch die IMeNS-Zentrale als zentrale Dienstleistung vorgenommen. Aktuell sind zwei weitere Kombi-Bibliotheken in Planung bzw. konkreter Vorbereitung.

Es zeigt sich, dass gemeinsame Initiativen viel besser und schneller zur Realität finden, wenn diese professionelle und konkrete Art der Vorbereitung und Unterstützung durch eine Instanz, in dem Fall der IMeNS-Zentrale, erfolgt. Neben der internen Arbeit blickt die IMeNS-Zentrale für ihren Verbund auch über den Tellerrand. Kooperationen mit den fachlich geleiteten Stadtbibliotheken des Lahn-Dill-Kreises von Herborn und Wetzlar sind beiderseits angestrebt. Darüber hinaus arbeitet die IMeNS-Zentrale sowohl im hessischen "Forum Schulbibliothek" als auch im "Arbeitskreis der hessischen Medienzentren" aktiv mit. Ein Ziel dabei ist auch, eine Vermittlerrolle zwischen den parallelen Medienwelten "Bibliothek" und "Medienzentrum" (und damit auch zwischen Bibliothekar/innen und Lehrer/innen) einzunehmen und unermüdlich Schnittstellen jedweder Art für eine umfassende und effektive Medienbildung unserer Schüler/innen mit allen Medienarten zu gestalten.

IMeNS wird bis 2008 vollständig durch Schule@Zukunft-Mittel finanziert. Wir hoffen, der Lahn-Dill-Kreis wird IMeNS als nachhaltige Zukunftsinvestition fest in seinem Haushaltsplan verankern, da der Konsolidierungsaspekt hier nur heißen kann: Effizienz durch grundlegenden flächendeckenden Qualitätsgewinn im Verhältnis zu den dafür nötigen geringst möglichen Kosten zum Nutzen aller Schüler/innen und Lehrer/innen im Lahn-Dill-Kreis. Mit dem Ziel, den politischen Gremien kontinuierlich eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die Weiterentwicklung der schulbibliothekarischen Landschaft im Kreis zu liefern, liegt das Gesamtkonzept der bisherigen und vor allem weiteren Arbeit von IMeNS für die Schulbibliothekslandschaft des Kreises schriftlich ausgearbeitet vor. Es wird in regelmäßiger Überarbeitung den Kreisgremien vorgelegt, inklusive aktiver Berichterstattung in den relevanten Fachausschüssen.

Zweieinhalb bewegte, extrem arbeitsreiche Jahre liegen hinter dem IMeNS-Team. Durch das Engagement aller Beteiligten - der Mitarbeiter/innen der IMeNS-Zentrale, der Medienzentren und der Zweigstellenbetreuer/innen vor Ort in den Schulbibliotheken - waren diese Jahre aber sehr erfolgreiche Jahre. In dieser Zeit ist es allen Beteiligten gelungen, schon in mehr als der Hälfte aller Schulen die Bibliotheksarbeit und damit auch die Fördermöglichkeiten von Lese- und Informationskompetenz auf ein qualitativ höheres Niveau zu heben und kreisweit auch quantitativ einen beachtlichen Zuwachs an Schulbibliotheken zu erreichen.

Das macht Mut, in den kommenden Jahren das gesteckte Ziel einer Beteiligung aller Schulen erreichen zu können. Und es lässt hoffen, dass künftig, neben dem zahlenmäßig größer werdenden Verbund, immer mehr auch auf Qualitätssicherung und damit nicht zuletzt auf ein vermehrtes Verständnis für die Bedeutung und Wichtigkeit guter bibliothekarischer Arbeit als Basis für den Erwerb zentraler Informationskompetenzen hingearbeitet werden kann.

Dieser Beitrag soll nicht zuletzt auch andere Schulträger (gerade in Flächenkreisen) ermutigen, das erfolgreiche Pilotprojekt IMeNS als Inspiration für die bisher kaum als Kernaufgabe begriffene Unterhaltung und qualitative Gestaltung von Schulbibliotheken aufzugreifen. Nachahmer sind erwünscht. IMeNS ist für Rückfragen jedweder Art immer offen!


Zu den Autorinnen

Simone Vetter

Leiterin Medien- und Gebäudeservice
Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises
Abteilung Bildung und Liegenschaften
Wetzlar
Simone.Vetter@lahn-dill-kreis.de

Meike Lauer

Bibliothekarin im Medien- und Gebäudeservice
Wetzlar
Meike.Lauer@lahn-dill-kreis.de


Anmerkungen

1 RAK-gemäße Titelerfassung mit Bibliothekssoftware, Softwareanwenderschulungen in den Bereichen der Ausleihe und Recherche sowie Sonderfunktion wie Klassensatzausleihen oder Besonderheiten beim Schuljahreswechsel.

2 Zu bewerten ist diese Personalsituation natürlich vor dem Hintergrund eines nicht eben kleinen Schulbibliotheksverbundes, in dem nur eine einzige der Bibliotheken von einer Diplom-Bibliothekarin geleitet wird.

3 Eine Projektgruppe ehrenamtlich in Schulbibliotheken des Kreises tätiger Eltern und Lehrer/innen als repräsentative Vertreter der unterschiedlichen Schulformen quer durch den Lahn-Dill-Kreis und die Mitarbeiter des Kreises für schulischen IT-Support, die pädagogischen Leiter der Medienzentren und die bibliothekarische Projektleitung arbeiteten 11 Monate an der konzeptionellen Gestaltung und Umsetzung.