Neuer Internet-Auftritt von Vascoda

von Ulrich Schmitz

Das Wissenschaftsportal Vascoda bietet seit Ende November einen neuen Internet-Auftritt. Gemäß den vor kurzem veröffentlichten Richtlinien des Deutschen Forschungsnetzes zur Authentifikation-Autorisierungs-Infrastruktur (AAI) sind jetzt sukzessive auch personalisierte, also auf den Bedarf des jeweiligen Benutzers zugeschnittene Dienste möglich.

Herr Dr. Jansen von BMBF sowie auch Frau Dr. Konze-Thomas von der DFG machten in Ihren Grußworten die Hoffnung deutlich, die sie in Vascoda setzen

Solche Services sind laut Professor Dr. Christian Wolff vom Lehrstuhl für Medieninformatik an der Universität Regensburg ein wichtiger Baustein zur Erhöhung der Akzeptanz von Vascoda, einer Plattform, die, so Wolff, "noch nicht allumfassend bekannt ist" und "deren Nutzungsintensität größer sein könnte". Trotz einiger Ideen, wie die hochwertigen und geprüften Inhalte besser an Mann und Frau gebracht werden könnten, wird laut Wolff ein gesicherter und dauerhafter Fortbestand der Wissenschaftsplattform wohl nur durch eine staatliche Alimentierung zu gewährleisten sein. Dabei mangelt es nicht an Ideen, wie Vascoda über die bereits im Relaunch umgesetzten neuen Services hinaus neue Attraktivität und Akzeptanz gewinnen könnte: "Persönliches Informationsmanagement wie die Benachrichtigung bei definierten Ereignissen, im Englischen als alerting bezeichnet, oder sachbezogene Empfehlungsdienste sind ein Beispiel, wie man künftig ,Mein Vascoda' inhaltlich füllen könnte", meint Wolff. "Hinzu kommen die neuen Möglichkeiten des Semantic Web." Hier geht es zum Beispiel um Methoden, mit denen sich Inhalte auch aus unstrukturierten Daten fischen lassen. Auch Web 2.0-Themen wie RSS-Feeds, Blogs von Wissenschaftlern oder social networking im Vascoda-Umfeld kann sich Wolff vorstellen.

Koordinierungsinstanz und Keimzelle

Um Vascoda einen zusätzlichen Push zu geben, könne das Portal eine neue Rolle als "Koordinierungsinstanz" im Zuge einer Internationalisierung der Informationsbeschaffung übernehmen. "Ich sehe darüber hinaus eine mögliche Keimzelle im Vorhaben der Schaffung einer ,Digitalen Bibliothek Deutschland'", sagt Prof. Wolff. Im Zuge eines solchen Perspektivwechsels könne die Plattform ein wichtiger Baustein einer konsistenten Prozesskette für den wissenschaftlichen Publikationsprozess sein. Auch in einer Verstärkung des Marketings sieht Wolff Chancen: "Etwa in Universitätsbibliotheken ist der Dienst noch nicht gut genug platziert." Eine Erschließung aller rund 300 Hochschulbibliotheken verspreche einen weiteren Anschub für die Plattform. Geringe Chancen freilich räumt er möglichen Einnahmen aus der Vermarktung von Inhalten ein: "Das dürfte eine eher magere Geldquelle sein."

Verlässliche Quellen

Stärke des Wissenschaftsportals Vascoda ist laut dem Vorstandsvorsitzenden des Vascoda-Vereins, Uwe Rosemann, auch mit dem neuen Internet-Auftritt die "intellektuelle Auswahl, die Erschließung und Bewertung der Inhalte" - gegenüber populären Suchmaschinen wie Google, die nur an der Oberfläche blieben. "Wir haben die Quellen, auf die man sich verlassen kann." Hinzu kommen laut Dr. Jens Wolff vom Kölner hbz neue Suchmaschinen-Features und die sogenannte föderierte Suche: Das ist die Schaffung eines einfachen Zugangs zu den verteilten Fachinformationen im Deep Web von einer einzigen Plattform aus. Das Ziel einer einheitlich gerankten Trefferliste mit Zusatzinformationen sei mit dem Relaunch von Vascoda erreicht. Anders als im Internet lassen sich alle Treffer zudem sofort einem Erscheinungsdatum zuweisen.

Hinzu kommt eine Sortierung aller Inhalte nach 22 Fächern, die weitgehend durch die Community selbst als sinnvoll definiert worden sind. Bei der Suche wird jetzt differenziert zwischen Treffern im Vascoda-Angebot selbst und - im Hintergrund - weiteren Metadaten zu externen Datenquellen oder Fachinformationsdiensten. Beim neuen Internetangebot kann der Nutzer wählen zwischen einem Einstieg über alle Fächer hinweg oder gezielt über die nun angebotenen sechs Themenblöcke Ingenieur- und Naturwissenschaften, Medizin und Biowissenschaften, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Geistes- und Kulturwissenschaften, Regionen/Kulturräume und die fächerübergreifenden Datenbestände. Auf einer ausführlichen Hilfeseite bekommt der Benutzer Hilfestellungen und Tipps zur Suche, zur Nutzung der Fachzugänge und den neuen Personalisierungsmöglichkeiten.

Erwartungen der Nutzer

Möglichst viele Umfrageergebnisse aus einer Nutzerbefragung sind laut der Leiterin der Programm- und Infrastrukturförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Dr. Beate Konze-Thomas, in den neuen Web-Auftritt eingeflossen. Die Erwartungen der Befragten gingen dabei in die Richtung einfach, zentralisiert, interdisziplinär, von hohem Wiedererkennungswert und sind geprägt von dem Wusch, "das Angebot direkt zu bestellen".

Fördermittel

Doch nun muss sich Vascoda im härter gewordenen Alltag und im Konzert vieler anderer konkurrierender Wissensportale behaupten: Gemäß "Bundesbericht Forschung 2006" sind für das Projekt Vascoda von 2001 bis 2006 rund acht Millionen Euro allein von Seiten des Bundesforschungsministeriums (BMBF) geflossen. Insgesamt wurde das Projekt mit einem inzwischen zweistelligen Millionenbetrag gefördert. Doch die BMBF-Förderung ist zum Ende des Jahres 2007 ausgelaufen. Was bleibt, sind zunächst zwei Stellen im TIB Hannover, Eigenleistungen etlicher Beteiligter wie das hbz, eher magere Mitgliedsbeiträge von den derzeit 39 Mitgliedsorganisationen und die Chance, über "gute Anträge", wie Uwe Rosemann es formuliert, weitere Projektmittel der DFG zu bekommen.

Die Entwicklung von "Persistent Identifier Services", die Implementierung der Shibboleth-Technologie zur Authentifizierung und Rechteverwaltung gemäß DFG AAI-Richtlinien sowie das Vorantreiben der internationalen Standardisierung im Metadatenbereich sind Beispiele zur Schaffung von Tools und Modulen, die bei der Integration verteilter, digitaler Ressourcen benötigt werden. In diesem Umfeld - inklusive neuer Methoden des Semantic Web - dürften also künftige Anträge liegen. Doch insgesamt bewegt sich der Verein als Träger von Vascoda damit "auf dünnem Eis", wie Rosemann einräumt: "Da wir noch keine Nachhaltigkeit erreicht haben, ist eine politische Unterstützung nach wie vor erforderlich." Immerhin ist das Angebot von Vascoda inzwischen auf über 100 Millionen Datensätze in rund 100 Datenbanken angewachsen. Das will gepflegt - und genutzt - werden.


Ulrich Schmitz

IT-Fach- und Wissenschaftsjournalist
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