"Buchscanner zur Selbstbedienung"
Technologische Innovationen eröffnen Aufsichtscannern neue Anwendungsbereiche
Die Zeiten, in denen die Nutzung moderner Aufsichtscanner weitgehend Archivaren und Bibliothekaren vorbehalten war um damit kulturhistorische Amtsbücher und Urkunden zu digitalisieren, sind vorbei. Im Gespräch mit B.I.T.online erläutert Hans-Peter Heim, Geschäftsführer beim Scannerspezialisten Zeutschel, wie sein Unternehmen mittels kreativer technologischer Ansätze in Kombination mit innovativen Bedienkonzepten das Scannen jeder Art von gebundener Literatur revolutionieren und Aufsichtscanner damit breiten Anwenderkreisen zugänglich machen möchte.
Buchscanner fristen ein Nischendasein.
Heim: Den Bedarf Bücher oder Zeitschriftenartikel zu digitalisieren, gibt es seit jeher. Dieser Bedarf ist in den vergangenen Jahren parallel zur Verbreitung digitaler IT-Strukturen stark gestiegen. An der Nachfrage liegt es also nicht. Buchscanner sind deshalb noch gering verbreitet, weil die Preise zu hoch und die Bedienung zu kompliziert waren. Wenn Buchscanner genutzt wurden, dann hauptsächlich im nichtöffentlichen Bereich für wissenschaftliche Großprojekte. Die Mehrheit der Anwender war mehr oder minder gezwungen, Papierdokumente mittels traditioneller Kopierer zu vervielfältigen, was in der Praxis zeitaufwändig und wenig schonend für die Bücher war sowie Papiermüll verursachte, kurzum ein gleichermaßen unökonomischer wie unökologischer Ansatz.
Wie wollen Sie diese Situation verändern?
Heim: Indem wir das Buchscannen für jedermann ermöglichen. Unsere neue OS 12000-Serie markiert den Beginn einer neuen Generation von Buchscannern. Ihre wichtigsten Kennzeichen: eine hohe Bedienerfreundlichkeit, schnelle Scanzeit und dies alles zu einem bisher nicht gekannten Preis-/Leistungsverhältnis. Mit dem OS 12000 sehen wir die Zeit gekommen, "Buchscanner vor den Tresen" in den öffentlichen Bereich von Bibliotheken und Archiven zu bringen.
Machen Sie damit nicht den hier aufgestellten Kopierern Konkurrenz?
Heim: Nein, wir sehen den OS 12000 nicht in Konkurrenz mit einem klassischen Kopierer. Ganz im Gegenteil sehen wir hier sogar Synergien. Nach wie vor gibt es Anwender, die Papierkopien benötigen, hier kann der Kopierer als Druckausgabeeinheit des Buchscanners fungieren. Über definierte Schnittstellen können wir die Modelle nahezu aller namhaften Kopiererhersteller ansteuern. Wir führen derzeit Gespräche sowohl mit diesen Herstellern, als auch mit den Dienstleistern, die üblicherweise Kopierautomaten betreiben.
Welche konkreten Vorteile bzw. Zusatzfunktionen bieten Buchscanner der neuesten Generation, gerade auch im Vergleich zu herkömmlichen Kopiersystemen?
Heim: Einfach, schnell und ergebnissicher lautet unser Anspruch. Das Bedienfeld ist so gestaltet, dass sich die wichtigsten Funktionen in wenigen Schritten aktivieren lassen. Ein integrierter Monitor erlaubt die Voransicht des Scans, Fehlkopien gehören somit der Vergangenheit an. Das umständliche und zeitraubende Öffnen und Schließen der Kopiererklappe entfällt genauso, wie das Problem des Buchfalzes. Mittels der von Zeutschel entwickelten Perfect Book-Technologie wird beim Einscannen die Buchwölbung optimal geglättet. Der Nutzen für den Anwender ist vielfältig: er erhält eine optimale Bildqualität für Re-Prints der Buchseiten. Aufgrund des Ausblendens dunkler oder gar schwarzer Mittel- und Randstreifen lässt sich zudem der Tonerverbrauch spürbar reduzieren. Und die Fehlerquote bei OCR-/ICR-Anwendungen wird deutlich gemindert, der Arbeitsablauf beschleunigt (siehe Kasten). Last-but-not least ist für den OS 12000 ein USB-Anschluss verfügbar. Der Benutzer kann also die digitalisierten Daten - farbig und in höchster Qualität - direkt auf seinen eigenen USB-Stick exportieren und digital - beispielsweise auf seinem eigenen Notebook - weiterverarbeiten. Umgewandelt in durchsuchbare PDF-Dateien kann der Benutzer dann sogar Stichwortsuchen durchführen.
Muss der Anwender angesichts der Nutzenvorteile nicht mit höheren Kosten pro Kopie rechnen?
Heim: Eine Kostenbetrachtung zeigt, dass der Preis für diesen Mehrwert ausgesprochen gering ist. Es ist durch Analysen belegt, dass ein Kopierer in einer Bibliothek pro Jahr durchschnittlich ca. 200.000 Kopien zu Preisen zwischen 5 und 10 Cent fertigt. Erhöht man den Preis einer Kopie nur um einen einzigen Cent, so erzielt man damit innerhalb von fünf Jahren, was ein realer Wert für die Nutzungsdauer unseres Buchkopierersystems ist, eine Mehreinnahme von 10.000 Euro. Damit hätten sich die Ausgaben für den OS 12000 amortisiert.
Gibt es bereits Reaktionen zu ihrem Konzept?
Heim: Die Resonanz im Bibliotheksbereich ist sehr positiv. Aufgrund der seit kurzem eingeführten Studiengebühren sind besonders Universitätsbibliotheken gefordert, ihre Serviceangebote zu verbessern und Studenten Mehrwerte zu liefern. Mit der Universitätsbibliothek Oldenburg haben wir bereits einen Vertrag über die Lieferung von mehreren OS12000 geschlossen. Da insbesondere im universitären Bereich viel über Mund-zu-Mund-Propaganda geht, rechnen wir damit, dass - parallel zu unseren eigenen Aktivitäten - in Kürze viele weitere Universitäten auf uns zukommen werden.
Im Zusammenhang mit der von Microsoft ins Leben gerufenen "Live Book Search"-Initiative ist häufig von vollautomatisierten Buchkopier-Systemen die Rede, die Seitenwechsel selbstständig ausführen und komplette Bücher in höchster Geschwindigkeit digitalisieren. Wie steht Zeutschel zu derartigen Lösungen?
Heim: Vollautomatische Buchkopier-Systeme sind interessant, aber hier gilt es zweimal hinzuschauen. Zum einen sind die häufig zitierten Geschwindigkeitsangaben, wonach bis zu 2.400 Seiten pro Stunde und komplette Bücher in wenigen Minuten digitalisiert werden können, mit Vorsicht zu betrachten. Allein das Einrichten eines Buches, sprich die genaue Positionierung in der Umblätter-Mechanik, dauert nach Herstellerangaben fünf bis zehn Minuten. Zudem ist - trotz aller Automatisierung - ein dedizierter Bediener von Nöten, der das System bei Fehlern beim Umblättern anhält und korrigiert.
Ein weiterer Grund für unsere Skepsis sind die Kosten derartiger Systeme, die - je nach Hersteller und Ausführung - zwischen 100.000 und 250.000 Euro liegen. Hier stellt sich die Frage, für welche Institution, unter welchen Umständen und in welchen Zeiträumen sich eine derartige Investition tatsächlich amortisiert.
Sehen Sie neben dem besprochenen Bibliotheks- und Archivumfeld noch andere Marktsegmente, in denen sich der OS 12000 etablieren könnte?
Heim: Bibliotheken und Archive sind sicher unsere Kernmärkte, in denen wir 80 bis 90 Prozent unserer Umsätze realisieren. Dennoch ist der OS 12000 natürlich universell einsetzbar. Das mögliche Spektrum der Anwendungsbereiche ist weit gefächert und reicht vom klassischen Behördeneinsatz bis hin zum viel zitierten Anwaltsbüro, das über ein umfangreiches Papierarchiv von Gesetzestexten und Rechtsprechungen verfügt.
Ich denke, die kontinuierlich steigende Relevanz der gesetzlich vorgeschriebenen Langzeitarchivierung von Geschäftsdaten wird ein Übriges tun und unseren Produkten neue Anwendungsbereiche öffnen. Klar definierte Standards wie beispielsweise der Metadata Encoding and Transmission Standard (METS) sind hier von entscheidender Bedeutung. Auch hier haben wir unsere Aktivitäten ausgebaut und werden neben der klassischen Scanner-Hardware in Zukunft auch Software-Produkte anbieten, die die Integrität der gescannten Daten sicherstellen.