Einzigartige Judaica-Sammlung virtuell wiederhergestellt

Jüdisches Kulturerbe im Cyberspace

Die Universitätsbibliothek (UB) Frankfurt am Main präsentiert in Kooperation mit Walter Nagel und Semantics auf der Buchmesse im Internationalen Bibliothekszentrum (ILC; Halle 4.2. / N445) innovative Digitalisierungsprojekte, die eine historisch einmalige Quellensammlung Jüdischer Studien online kostenlos zur Verfügung stellen. Mit Hilfe der Software-Lösung „Visual Library“ entsteht bis 2010 in virtueller Form unter www.judaica-frankfurt.de die ehemals renommierte „Judaica-Sammlung“ zur Wissenschaft des Judentums neu. Auf dem Stand und an den unzähligen Terminals erfahren Besucher, wie einfach und gezielt in 18.000 überwiegend deutschsprachigen Büchern recherchiert werden kann. „Das Online-Portal ‚Virtuelle Judaica-Sammlung’ trägt entscheidend dazu bei, die jüdische Kultur im öffentlichen Bewusstsein zu erhalten“, erklärt Dr. Rachel Heuberger, Leiterin der Hebraica- und Judaica-Sammlung an der UB Frankfurt am Main im Vorfeld der Buchmesse.

Die Universitätsbibliothek Frankfurt am Main nimmt bei der Digitalisierung jüdischen Kulturguts schon seit Jahren eine Vorreiterrolle ein. Zwei umfangreiche Quellenbestände zur jüdischen Literatur wurden bereits digital erfasst und ins Internet gestellt. Die Online-Datenbank www.jewish-literature.de enthält rund 800 „Jiddische Drucke“ aus dem Zeitraum 16. bis Anfang 20. Jahrhunderts. Die Dokumente vermitteln einen Eindruck aus dem Alltagsleben der traditionellen jüdischen Gemeinden West-, Mittel- und Osteuropas.

Das Fachportal für Jüdische Zeitschriften www.compactmemory.de erlaubt den Zugriff auf über 100 jüdische Zeitschriften und Zeitungen des deutschsprachigen Raumes zwischen 1806 und 1938.

Digitale Judaica-Sammlung

Nun wird ein weiterer Schritt zum Ausbau der „Virtuellen Sammlung Jüdischer Studien“ unternommen. Im Mittelpunkt steht die so genannte „Judaica-Sammlung“, die nach ihrem ehemaligen Bibliothekarischen Betreuer international auch als „Freimann-Sammlung“ bekannt ist. Unter Prof. Dr. Aaron Freimann entwickelte sie sich bis 1933 zur bedeutendsten europäischen Fachbibliothek an historischer Literatur zur Wissenschaft des Judentums.

Im Verlauf des DFG-geförderten Projekts wird der gesamte in Frankfurt am Main enthaltene Bestand der „Freimann-Sammlung“ digitalisiert und systematisch erschlossen, um einen freien, schnellen und uneingeschränkten Zugriff auf die historischen Bücher zu ermöglichen. Werke der ursprünglichen Sammlung, die in der Zeit des Nationalsozialismus vernichtet wurden oder verschollen sind, werden durch Exemplare aus Bibliotheken im In- und Ausland ergänzt. Der digitale Gesamtbestand, der bis 2010 zugänglich sein wird, umfasst insgesamt rund 2 Millionen Einzelseiten zu allen Wissens- und Forschungsgebieten der Jüdischen Studien.

„scantoweb“ auf höchstem Niveau

Mit „Visual Library“ von Semantics wird das Digitalisierungsprojekt technisch realisiert. Die Software dient dabei zur Steuerung des weitgehend automatisierten Verarbeitungsworkflows und zur Präsentation der Images und Metadaten in einem offenen Web-Portal.

Dank modernster scantoweb-Technologien wird eine komfortable und leistungsfähige Recherche geboten. So kann der Anwender gezielt nach Autoren, Titel und über Stichworte suchen, als auch themenbezogen durch die Daten browsen. Teile des Bestandes sind zudem OCR-aufbereitet, das heißt innerhalb der Texte kann nach bestimmten Begriffen recherchiert werden.

Besonders praktisch: die Suchergebnisse enthalten – wenn vorhanden – Verweise auf vorhandene moderne Literatur gleicher Thematik, die in der Frankfurter Universitätsbibliothek oder in der Deutschen Nationalbibliothek vorhanden sind. Die automatische Verknüpfung mit der Online-Enzyklopädie Wikipedia liefert auf der Stelle zusätzliche biographische Informationen über den Verfasser des Buches. Gefundene Texte können als PDF-Datei ausgedruckt werden.

„Die virtuell wieder entstandene ‚Judaica-Sammlung’ stellt eine kaum zu überschätzende Ressource für die Erforschung des Judentums dar. Damit verleihen wir der zukünftigen Entwicklung der Jüdischen Studien in Deutschland und darüber hinaus entscheidende Impulse“, erklärt Dr. Rachel Heuberger abschließend.