Zwischen Second Life und multikultureller Bibliotheksarbeit:
B.I.T.online- Innovationspreis zum 11. Mal verliehen

von Karin Holste-Flinspach

Das BIB-Innovationsforum, organisiert von der Kommission für Ausbildung und Berufsbilder des Vereins und moderiert von der Kommissionsvorsitzenden, Karin Holste-Flinspach (Frankfurt am Main), gab auch in diesem Jahr den Preisträgen des B.I.T.online-Innovationspreises die Gelegenheit zur Vorstellung ihrer ausgezeichneten Arbeiten. In Fortsetzung der Arbeit der Vorgängerkommission für Ausbildung und Fortbildung unter Leitung von Ute Krauss-Leichert wurde der B.I.T.online-Innovationspreis 2008 zum 11. Mal verliehen und sorgte, ungeachtet der frühmorgentlichen Stunde am letzten Tag des Bibliothekartages, für einen mit überwiegend jungem Publikum gut gefüllten Vortragssaal.

Auf den Call for Papers des etablierten Preises waren zahlreiche Diplom-, Master- und Bachelorarbeiten aus Deutschland und Österreich eingegangen. Die Beschränkung auf drei zu vergebende Plätze erwies sich aufgrund des hohen Niveaus der Abschlussarbeiten, die teilweise auch anderweitige Ehrungen erhielten, als äußerst schwierig und so wurde der 3. Platz auch aufgeteilt. Die Auswahl, vorgenommen ohne Rücksichtnahme auf die Hochschulen, fiel auch deshalb schwer, weil die Bandbreite der bearbeiteten Themen keine Gemeinsamkeiten erkennen lies, sondern Schlaglichter auf die unterschiedlichen Bereiche warf, die die Berufsöffentlichkeit derzeit beschäftigen.

Die Preisträger 2008

Benjamin Stasch, Absolvent des ersten Bachelorjahrgangs an der HdM in Stuttgart, seit Januar dieses Jahres Leiter der Stadtbücherei Langenau bei Ulm, stellte die in seiner Abschlussarbeit untersuchten Downloadangebote in Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland vor. Technisch mögliche elektronische Downloads, derzeit vorrangig Musiktitel, Hörbücher, E-Books und Videos, werden in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Dennoch wird dieses noch sehr neue Angebot ausgehend von nur wenigen deutschen Großstadtbibliotheken bis Jahresende voraussichtlich von 50 Öffentlichen Bibliotheken in der Republik angeboten. Der Preisträger ging auf Erfolgsfaktoren und Problemfelder, auf die hohen Anforderungen und erforderliche Kompetenz im Umgang mit dem Internet ein und betonte dem gegenüber die Chancen, neue Benutzergruppen anzusprechen sowie die positive Außenwirkung durch moderne Dienstleistungen. Er berücksichtigte Aspekte, die für die Bereitstellung und den Betrieb einer bibliothekseigenen Downloadplattform relevant sind.

Second Life (auf dem Mannheimer Bibliothekartag mehrfach thematisiert) und Bibliotheken, die von Christoph Hobohm betreute Diplomarbeit von Jin Tan, beschäftigte sich mit dem bislang seltenen Angebot bibliothekarischer Dienstleistungen in der sich rasant entwickelnden virtuellen Welt. Second Life, vom Referenten zunächst allgemein erläutert, wird als neues Medium verstanden zur Vervollständigung herkömmlicher Kommunikation, als Brücke zwischen analoger und digitaler Welt. Bibliotheken als Ort der Kommunikation können diese zunehmend für die Bildungs- und Informationsarbeit interessante dreidimensionale Plattform für einen besseren Service in der digitalen Welt einsetzen und damit bestimmte Personengruppen, vor allem Jugendliche, auf zielgruppengerechte Art und Weise ansprechen.

Der Preisträger, zwischenzeitlich bei der Staatsbibliothek Berlin tätig, entwickelte ein allgemeines Konzept, das von Bibliotheken für ihren Auftritt in Second Life genutzt werden kann und überzeugte vor Ort mit seinem hinsichtlich Unterhaltungswert wie Inhalt gleichermaßen hörenswerten power-point-gestützten lebendigen Vortrag.

Die Bachelorarbeit von Carola Schreiber führte von der Kommunikation in Second Life zur realen Welt zurück. Die Preisträgerin, seit dem Wintersemester 2007/2008 im Masterstudium Rhetorik an der Universität in Tübingen, widmete ihre Arbeit dem kommunikativen Aspekt des Berufes, dem Thema Rhetorik in Bibliotheken. In ihrem anspruchsvollen Vortrag mit minimalem Technikeinsatz ging sie – unter Zuhilfenahme einer Umfrage unter Bibliothekaren in Baden-Württemberg – auf die Anwendung und Bedeutung rhetorischer Fähigkeiten in der bibliothekarischen Tätigkeit ein und veranschaulichte die Relevanz dieser Disziplin für den kommunikativen Beruf des Bibliothekars – wichtig für Außenkontakte allgemein bis hin zu Etatverhandlungen – ein Thema nicht nur für Öffentliche Bibliotheken.

Multikulturelle Bibliotheksarbeit, konkret vorschulische Sprach- und Leseförderung von Kindern mit Migrationshintergrund in der Bücherhalle in Hamburg-Wilhelmsburg, war das Thema der Diplomarbeit von Myra Thürsam – passend zum EU-Jahr des interkulturellen Dialogs. Vor dem Hintergrund der derzeitig sowohl politisch als auch bibliothekarisch (vgl. u.a. die 3. Konferenz über Bibliotheken und Integration von Migranten in Kopenhagen im Januar 2008, aber auch Programmangebote in Mannheim) auf der Tagesordnung stehenden Eingliederung von Migranten verdeutlichte die zwischenzeitlich an der Universitätsbibliothek Hamburg tätige Preisträgerin ausgehend von der Bildungssituation von Schülern ausländischer Herkunft den Handlungsbedarf an sprachlicher Förderung bereits im Vorschulalter: eine Chance für Bibliotheken, sich auch als Kulturvermittler zu profilieren. Durch ergänzende Checklisten, Kopiervorlagen etc. ist das vorgestellte Konzept auch hervorragend zur Praxisanwendung andernorts geeignet.

Alle Preisträger erhielten im Anschluss an die Vorträge von Christoph-Hubert Schütte, dem Herausgeber und Chefredakteur von B.I.T.online ihre Urkunden und je prämierter Arbeit einen Scheck in Höhe des Preisgeldes, den B.I.T.online-Innovationspreis. Die Vorsitzende des BIB, Susanne Riedel, überreichte zudem eine Gutschrift für ein Jahr kostenlose Vereinsmitgliedschaft. Den anschließenden Sektempfang sponserte der Wiesbadener Verlag Dinges & Frick. Die Abschlussarbeiten können in den drei Sonderbänden von B.I.T.online Innovativ nachgelesen werden.

Für 2009 hoffen B.I.T.online und die Kommission für Ausbildung und Berufsbilder auf weitere innovative Abschlussarbeiten und Studienprojekte zur Vorstellung auf dem Bibliothekartag in Erfurt.


Autorin

Karin Holste-Flinspach ist Wissenschaftliche Bibliothekarin und Lehrkraft für berufsbildende Unterricht der Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste

Stauffenbergschule
Arnsburger Straße 44
D-60385 Frankfurt am Main