Editorial
Frankfurter Buchmesse 2008: das Maß aller Dinge?

Die neuen Maße der Frankfurter Buchmesse seien 40 – 30 – 30 schreibt Vera Münch in ihrer Reportage in dieser Ausgabe und meint damit 40 % Bücher, 30 % digitale Produkte und 30 % „Nonbook“, also eher Buchhandels- und Bibliotheksbedarf. „In diesem Mix suchten Verlage, Agenten, Sortimenter, der Buchhandel und die Bibliotheken nun nach Wegen, sich eine Zukunft zu gestalten und junge Autoren denken darüber nach, wie sie die neuen Endgeräte, Internet- und Mobiltechnologien für neue Literaturformen einsetzen können.“

Ein weiteres neues Produkt ist „My Copy“, für Bibliotheksnutzer angeboten unter der Voraussetzung, dass die Bibliothek das entsprechende eBook-Paket bei Springer gekauft hat. Über den laufenden Test sind weitere Informationen Anfang 2009 zu erwarten. B.I.T.online wird darüber im nächsten Jahr berichten, ebenso über das ständig aktuelle Thema – auch der Buchmesse –, nämlich die Digitalisierung in den unterschiedlichen Zusammenhängen.

„Man muss kein Schriftsteller sein, um in der Literaturbranche Erfolg zu haben“, behauptet Anne Meyer im Tagesspiegel vom 12. Oktober 2009. Sie beschreibt, dass an der FU Berlin Studenten lernen, wie ein Buch entsteht, um dann nach Möglichkeiten einer Tätigkeit im Verlag zu suchen und vielleicht auf der Buchmesse Kontakte zu knüpfen. Sie lernen aber auch, z. B. als Literaturagent, Autoren zu vertreten und in einem weiteren Studiengang werden kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt, die nicht nur für eine verlagsinterne Tätigkeit notwendig sind. Diese Berliner Aktivität zeigt, dass die Verlags- und Buchhandelsbranche mit ihrer Buchmesse nicht unbedingt zum Maß aller Dinge wird.

Über Speichermedien und Denkmaschinen in frühen Visionen erzählt Georg Ruppelt in seiner Reaktion mit dem Titel „Zettel-Internet und Granit-Datei“ auf einen Spiegel-Artikel vom Sommer 2008, der sich mit dem belgischen Bibliothekar Paul Otlet (1868-1944) beschäftigt. Dieser baute einen riesigen systematisch geordneten Zettelkatalog auf und meinte, damit das Weltwissen speichern zu können.

Demgegenüber stellen Franka Handreck und Michael Mönnich die Frage, inwieweit Google Scholar eine Alternative zu wissenschaftlichen Fachdatenbanken darstelle und Rafael Ball zweifelt gemeinsam mit seinen Studenten daran, dass „Wikia Search“ eine neue Suchmaschine für Bibliotheken sei. Der Volltext der Studie liegt übrigens elektronisch bei B.I.T.online auf.

Die „Bautrends“, mit denen wir im letzen Heft begonnen haben, setzen wir fort mit dem „Lernort Bibliothek“ von Sylvia Beiser. Wenn wir dort lesen, wie sich Nutzer für ihre Bibliothek begeistern können: „Zum Beispiel eine Schwingung, die ich zuhause nicht habe ...“, dann erhellt doch diese Euphorie unseren bibliothekarischen Alltag oder? Und sie lädt zum Lesen ein.

Doch zurück zur Buchmesse: erstmalig mit einem Stand „LIS-Corner“ (LIS = Library and Information Science) waren in diesem Jahr Studenten aus dem Bibliotheksbereich dabei, stellten ihr Berufsbild vor und waren von ihrem Erfolg begeistert.

Das B.I.T.-Sofa war zum ersten Mal auf der Buchmesse und gleich mit fünf Veranstaltungen vertreten. Das Echo war enorm, die Themen aktuell. Vielleicht wird die Buchmesse ja doch ein Maß auch für bibliothekarische Dinge?

Christoph-Hubert Schütte
Chefredakteur