Kompetenz-Netzwerk nestor als Ansprechpartner des Gesetzgebers
bei Langzeitarchivierung

Die Urheberrechtstagung 2008 in Göttingen fragte nach den Erwartungen und Anforderungen an eine weitere Reform des Urheberrechts aus Sicht von Bibliotheken, Universitäten und Verlagen. Eine gewichtige, von der Fachwelt anerkannte Stimme hatte bei der Tagung das Deutsche Kompetenznetzwerk für Langzeitarchivierung nestor, dessen Task Force „Recht“ von Dr. Eric Steinhauer, stellvertretendem Direktor der Universitätsbibliothek Magdeburg, vorgestellt wurde. Hier droht aus heutiger Sicht bei der Sicherung der Langzeitverfügbarkeit digitaler Objekte eine empfindliche Lücke.

Die Task Force „Recht“ wurde als Teil der nestor-Arbeitsgruppe „Kooperative Langzeitarchivierung“ eingerichtet, um urheberrechtliche Grenzen sowie Rechtsprobleme, wie sie bei der digitalen Langzeitarchivierung auftreten können, zu diskutieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem jetzt anstehenden sog. Dritten Korb zur Reform des Urheberrechtsgesetzes, der spezifische Regelungen für die Arbeit der Gedächtnisorganisationen enthalten soll.

Dr. Steinhauer stellte in seinem Vortrag klar, dass die digitale Langzeitarchivierung als öffentliche Aufgabe politisch gewollt sei und der Gesetzgeber deshalb in der Pflicht stehe, einen geeigneten urheberrechtlichen Rahmen bereitzustellen. Hierbei will ihn das Kompetenznetzwerk nestor unterstützen.

„Das geltende Urheberrecht erlaubt den Gedächtnisinstitutionen keine digitale Langzeitarchivierung, es sei denn, sie schließen individuelle Vereinbarungen mit den Rechteinhabern ab; eine illusorische Vorstellung angesichts der großen Mengen digitaler Dokumente. Ohne eine eigene urheberrechtliche Befugnis zur Langzeitarchivierung sind die Gedächtnisinstitutionen gegenwärtig nicht arbeitsfähig und können ihrem gesetzlichen Auftrag zur Sammlung und Archivierung digitaler Ressourcen nicht nachkommen“, so Dr. Steinhauer, der u.a. in München und Stuttgart Bibliotheksrecht lehrt, zur grundsätzlichen Situation der Gedächtnisorganisationen.

Dass es weiteren Bedarf für Änderungen des Urheberrechts gibt, erkannte auch der Gesetzgeber, der bereits während des noch laufenden Gesetzgebungsverfahrens für den Zweiten Korb weitere Reformschritte ankündigte. Obgleich ein Schaden beim Urheber schwer vorstellbar ist, wenn nicht-kommerzielle Bibliotheken und Archive urheberrechtlich geschützte Webseiten oder Teile von Webseiten mittels Web-Harvesting archivieren, so drohen ihnen dennoch urheberrechtliche Unterlassungs- und Vernichtungsansprüche oder gar strafrechtliche Verfolgung. Um diesen Missstand abzustellen und Rechtssicherheit zu schaffen, seien alle Bibliotheken und Archive aufgerufen, sich stärker als bisher in die urheberrechtlichen Diskussionen mit einzubringen, so Dr. Steinhauer.

eric.steinhauer@ovgu.de