von Ronald Kaiser und Wolfgang Ratzek
Im Sommersemester 2007 startete „Corporate Wiki“ als ein Projekt, bei dem 12 Studierende im Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement der HdM in Stuttgart mit den Techniken und Möglichkeiten eines Wikis fachbezogen experimentieren sollten. Die Umsetzung erfolgte in drei Arbeitsgruppen: Die AG-Technik übernahm die technische Realisierung, dazu zählten die Anwendung des Wiki-Tools, die Infrastruktur und das Layout. Die AG Content befasste sich mit der Konzeption, der Content-Generierung und der Informationsstruktur sowie der Vernetzung mit potenziellen Informationsquellen. Ein PR-Team promotete das Projekt, dazu gehörten Pressemitteilungen und die Platzierung von Fachartikeln sowie die Vorbereitung der Abschlusspräsentation. Die Studierenden arbeiteten vor Ort und virtuell: Das online-gestützte Wissensmanagementsystem Live-Link diente als Plattform für die virtuelle Projektarbeit. Binnen kurzem entstand eine funktionierende technische und inhaltliche Struktur. Dabei orientierten sich die Studierenden an der Theorie der Semantischen Netzwerke. Schon während der Entwicklungsphase luden die Studierenden Fachleute ein, das B.I.T.WIKI (http://www.b-i-t-wiki.de) mit Beiträgen zu füttern. Innerhalb von rund drei Monaten entstand der Prototyp eines Online-Wissens-Portals mit dem Schwerpunkt „Informationswesen“.
Während des Bibliothekartages 2007 in Leipzig konnten wir Erwin König, Objektleiter des Wiesbadener Fachverlags Dinges & Frick von der Idee überzeugen. Er erklärte sich bereit, das B.I.T.WIKI – wie es jetzt heißt – nach der Abschlusspräsentation im Juli 2007 in der UB Karlsruhe auf dem Verlagsserver zu hosten.
B.I.T.WIKI auf der Buchmesse 2007
Die Frankfurter Buchmesse wird traditionsgemäß von einem Forenprogramm begleitet. In sieben Fachforen stehen Veranstaltungen zu den Themen Film & TV, Hörbuch, Belletristik, Kinder- und Jugendbuch, Bildung, Dialog und Innovation auf dem Programm. 2007 fand das Forum Innovation zum fünften Mal und unter dem Motto „Medien 2.0 – Die Internetrevolution“ statt. Dort stellten am 13. Oktober 2007 Studierende der HdM das Online-Fachportal für Informationsprofis B.I.T.WIKI (www.b-i-t-wiki.de/index.php/Hauptseite) vor. In der Folge löste das B.I.T.WIKI sowohl positive als auch negative, zum Teil auch unsachliche Reaktionen aus. Beispiele:
Wir hingegen meinen, wir sollten mehr Vertrauen in die Kenntnisse und Fähigkeiten unserer Studierenden/Absolventen haben. Wenn vermutet wird, dass Studierende nicht in der Lage sind, Begriffe zu definieren, befinden wir uns auf der Ebene einer Facharbeiterausbildung und nicht in einem akademischen Studiengang.
Claudia Lux´ Programm „Libraries on the Agenda!“ lässt auch folgende Interpretationen zu: „Flagge zeigen“, „Gesicht zeigen“. Die Frage ist nur: Wo und womit? Mit Google Booksearch? Wohl kaum, zumal das Präfix Google den Nutzern suggeriert: Hier hat Google mal wieder etwas Sinnvolles zustande gebracht. Die Idee, ein eigenständiges Wiki, wie das z. B. das Handelsblatt-Wiki u. a. tut, sollte begrüßt werden. Und die Nutzerzahlen und Generierung von Inhalten von B.I.T.WIKI können sich nach einem Jahr durchaus sehen lassen. Nach dem Start am 28. August 2007 verdoppelte sich die Anzahl der Artikel in 5.200 Bearbeitungen auf 636 (Stand 04.08.08). Dies bedeutet, dass im Durchschnitt jede Seite 5,5 mal innerhalb eines Jahres aktualisiert wurde. Die Seiten des B.I.T.WIKI verzeichneten innerhalb eines Jahres rund 260.000 Aufrufe.
Positive Reaktionen
Stellvertretend für eine Reihe von positiven Reaktionen hier Statements von Patrick Danowski und Jürgen Plieninger zum B.I.T.WIKI:
Patrick Danowski: Am Anfang hatte ich nicht unbedingt den Sinn für ein eigenes informationswissenschaftliches Wiki (neben der Wikipedia), das ein eigenes Nachschlagewerk darstellt, gesehen. Inzwischen sind mir jedoch einige gute Gründe bewusst: 1. Integration von Themen, die die Wikipedia Community nicht für relevant genug hält, 2. Möglichkeit neue Techniken zu integrieren (z. B. SemanticMediaWiki), 3. Erschließung von Artikeln mit Fachklassifikationen, 4. Experimentelle Kopplung mit anderen Werkzeugen (Normdateien, Datenbanken, …), 5. Artikel können auch mal stärker fachlich orientiert formuliert werden. Zum Geburtstag wünsche ich dem B.I.T.WIKI eine weiterhin erfolgreiche Koexistenz und Kooperation mit der Wikipedia, dass es sein Potenzial als Fachwiki ausschöpft und dass es viele Projekte zur Weiterentwicklung geben wird.
Jürgen Plieninger: Ob das B.I.T.WIKI mehr ist als eine schlechte Kopie einschlägiger Artikel aus der Wikipedia, wie dies in infobib vor mehr als einem Jahr kritisiert wurde, kann sich nur anhand des Inhalts entscheiden. Und der hängt von der Teilnahme ab. Jedenfalls läuft man im B.I.T.WIKI weniger Gefahr, für sein Engagement Löschanträge oder Löschungen von Ignoranten zu kassieren. Meiner Meinung nach ist im Netz genügend Platz für unterschiedliche Inhalte, und es ist dem B.I.T.WIKI zu wünschen, dass es ein eigenes Profil hat bzw. bekommt, das für Schreiber/innen wie Leser/innen gegenüber der Wikipedia Mehrwert besitzt, wie dies übrigens auch für andere bibliothekarische Wikis (http://buecherei.netbib.de oder http://wiki.netbib.de) bereits seit längerem gilt.
Das B.I.T.WIKI bietet auch weiterhin die Möglichkeit der Theoriefindung, Projektvorstellung und Diskussion, der Veröffentlichung von Porträts und einen Weg zur Erschließung von Zeitschriftenaufsätzen oder einfach eine Heimat für BI Artikel (ohne in der Wikipedia von Löschungen bedroht zu sein). Neben dem inzwischen schon realisierten Umzug des von Jürgen Plieninger initiierten Homepage Verzeichnisses von Personen aus dem BID-Bereich soll auch ein Bibliothekslieferantenverzeichnis das B.I.T.WIKI bereichern.
Mit dem B.I.T.WIKI zeigen Bachelor-Studierende, dass es neben der Diskussion über die Verortung des Bachelor-Abschlusses auch eine Leistungskomponente gibt. Diese kommt auch durch projektintegriertes Studieren zum Tragen, wo sich Theorie und Praxis –mit einem externen Partner – zum gegenseitigen Nutzen vereinen. Mit dem B.I.T.WIKI ist es gelungen, ein Projekt von der Hochschule in die Praxis zu transferieren.
Autoren
Ronald Kaiser B.A.
Fritz-Doppel-Str. 9
96215 Lichtenfels
Mail: kontakt@ronald-kaiser.com
HP: http://www.ronald-kaiser.com
Blog: http://www.infonomy-log.de
Prof. Dr. Wolfgang Ratzek
FB Information und Kommunikation
Hochschule der Medien
Wolframstraße 32
D-70191 Stuttgart
E-Mail: ratzek@hdm-stuttgart.de