Seit August 2008 setzt die Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek beim Ausbau des Digitalisierungszentrums auf den vollautomatischen Buchscanner „QiScan RBSpro“ des Wiener Unternehmens Qidenus Technologies. Bei der Auswahl des Roboters wurde vor allem Wert auf die zukünftige Kompatibilität und Aufrüstbarkeit gelegt. Wichtig war, dass sich der Roboter nahtlos in den bestehenden Workflow der Bibliothek integrieren kann, sodass ein reibungsloser Digitalisierungsablauf möglich ist. Vor allem die Vorbereitung der Bücher und Nachbearbeitung der Digitalisate erfordern bei Massendigitalisierungsprojekten intelligente und effiziente Lösungen, da sie den größten Aufwand darstellen.
Grundlage des neuartigen QiScan-Systems ist die bionische, d. h. den menschlichen Bewegungen angepasste, Umblättertechnologie. Diese beruht vor allem auf der Möglichkeit, den Anpressdruck im Zusammenspiel mit einer intelligenten und selbstanpassenden Sensorik an die jeweiligen Papiercharakteristiken anzupassen.
Die Blattwendevorrichtung und der bionische Finger sind ein „Optimum Motion Control System“, dessen Formel auf der kongruenten Steuerung von Drehmomenten, Geschwindigkeit, Reibung und Kreisbewegungen basiert. Mit einer einzigen Bewegung wird das oberste Blatt eines Notenheftes, Buches, Magazins mit dem ersten Arm so verschoben, dass eine Wölbung entsteht. In diese Wölbung greift ein zweiter Arm ein und wendet das Blatt. Die Qidenus Technologie ist der Intelligenz des menschlichen Fingers nachempfunden, der sich an die unterschiedlichen Blattcharakteristika anpasst und immer den Weg des geringsten Widerstands wählt.
Die Doppelblattkontrolle hat eine wichtige Aufgabe für vollautomatische Buchscanner. Nachdem der Scanvorgang nicht mehr von einem Menschen durchgeführt wird, der jede Seite einzeln in die Hand nimmt, muss sichergestellt sein, dass der Roboter keine Seiten versehentlich überblättert bzw. auslässt. Der QiScan RBSpro verfügt über eine besonders verlässliche Kontrolle, die mittels Strom die Durchlässigkeit der Seiten überprüft und an den bionischen Finger übermittelt. Ist die Reibung des Fingers bei einer speziellen Seite zu groß und werden dadurch mehrere Blätter aufgenommen, erkennt dies die Maschine und der Umblättervorgang wird abgebrochen. Der bionische Finger justiert den Druck so lange nach, bis sich nur noch eine einzelne Seite in der Doppelblattkontrolle befindet. Erst dann wird die Seite umgeblättert und aufgenommen.
Mit dem neuen intelligenten Finger kann ein Buch selbst mit unterschiedlichen Blattcharakteristiken problemlos und ohne menschliche Anpassung durchgeblättert werden. Durch die Kombination der Doppelblattkontrolle mit dem bionischen Finger ist es erstmals möglich, mehrere robotische Buchscanner mit einem Operator zu betreiben, dessen Aufgabe lediglich die Überwachung der Prozesse sowie das Ein- und Ausladen der Bücher ist.
Es gibt zwei Arten von Aufnahmeverfahren, die sowohl bei manuellen als auch automatischen Buchscannern eingesetzt werden. Die Aufnahme mittels CCD-Scanleiste (wird auch in herkömmlichen Dokumentenscannern verwendet) und die Aufnahme mittels digitaler Spiegelreflex- oder Industriekamera. Bei ersterem Verfahren wird die Optikeinheit schrittweise über das Buch gefahren, und fotografiert sequentiell Fragmente ab, die anschließend vom Rechensystem zusammengestückelt werden. Bis vor wenigen Jahren konnte durch diese Fragmentierung eine höhere Bildqualität erzielt werden.
Der QiScan RBSpro setzt jedoch auf Verfahren der ganzseitigen Aufnahme einer Seite mittels herkömmlicher digitaler Spiegelreflexkameras sowie optional mit Industriekamerasystemen. Dies bringt mehrere Vorteile für den Benutzer. Während die Scanleisten von den Buchroboterherstellern in Eigenregie entwickelt werden, kann Qidenus auf die ungleich höheren Innovationsschübe großer Hersteller wie Canon zurückgreifen, die im Halbjahresschnitt bessere Kamerasysteme auf den Markt bringen. Durch die Massenfertigung der Kamerasysteme für den Markt liegen die Kosten für Optiksysteme nicht nur niedriger, sie können vom Betreiber eines robotischen Buchscanners auch regelmäßig gegen neuere, höher auflösende ausgetauscht werden. Somit ist ein QiScan RBSpro in diesem schnell entwickelten Markt in Punkto Imagequalität selbst in fünf Jahren noch konkurrenzfähig.
Cradle-Technologie: Die automatisch justierende Buchwippe des QiScan RBSpro ist ebenfalls eine Innovation. Erstmals ist es möglich, den Buchwinkel dynamisch an die Gegebenheiten des Buches anzupassen und zu verändern. So kann der Benutzer zwischen 60° und 90° Öffnungswinkel wählen, mit dem er das Buch scannen möchte. Der 60° Winkel kommt vor allem Büchern zu gute, die sich auf Grund ihres restauratorischen Zustands nicht weiter öffnen lassen. In jedem Fall stellt die V-förmige Wiege einen Vorteil gegenüber der herkömmlichen 180° Auflage dar. Interessierte können jederzeit sowohl in Dresden als auch Wien die Buchscannersysteme sehen und testen.
www.roboticbookscan.com
www.qidenus.com