„Elsevier: Wir vollziehen den Übergang vom traditionellen Verleger
zum Online-Anbieter und verbinden Inhalt mit Innovation“


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Dr. Michiel Kolman, Senior Vice President, Global Academic Relations bei Elsevier, nahm während der Buchmesse auf dem B.I.T.-Sofa Stellung zur Preispolitik von Elsevier und stellte die strategische Ausrichtung auf Dienstleistungen wie „Maps of Science“ vor.

In den letzten 10 Jahren wurden alle Informationen elektronisch zur Verfügung gestellt. Dadurch ist der Zugang zu Informationen ungeheuer gestiegen. In Europa hat ein Großteil der Institutionen Zugang zu ScienceDirect, der Online-Datenbank von Elsevier.

Vor zehn Jahren – schon damals habe ich bei Elsevier gearbeitet – hatte ein normaler Wissenschaftler nur Zugang zu einer begrenzten Anzahl von Zeitschriften oder Büchern, viele davon waren oft gar nicht erhältlich, da jede Bibliothek nur ein einziges Exemplar besaß. Diese Situation hat sich dramatisch verändert. Heute stehen alle unsere Publikationen, unabhängig davon, ob es sich um aktuelle Ausgaben oder Archivmaterial handelt, elektronisch zur Verfügung – sogar die Erstausgabe des Lancet aus dem Jahre 1824!

Aufgrund einer bundesweiten Übereinkunft mit der DFG gibt es in ganz Deutschland Zugang zu den Backfiles der Zeitschriften. Es hat einen großen Wandel in der Art und Weise gegeben, wie sich Wissenschaftler Zugang zu wissenschaftlichen Informationen verschaffen: ob das nun in Form von Zeitschriften (inkl. deren Archiven) geschieht oder in Form von E-Books oder Datenbanken wie z. B. Reaxys, der kürzlich eingerichteten Informationsquelle über Chemie, die auch die renommierte Beilstein-Datenbank umfasst.

Aktuell ist Elsevier vorrangig darum bemüht, Wissenschaftler in die Lage zu versetzen, besser recherchieren zu können, sei es in punkto Zugang zu Informationen oder in Bezug auf deren Nutzung oder Produktion. Wir publizieren jedes Jahr eine unglaubliche Menge an qualitativ hochwertigen und von Experten geprüften Forschungsergebnissen; es gehört zu unserer Unternehmensphilosophie, unseren Kunden genau zuzuhören und sie bei ihren Forschungsarbeiten zu unterstützen.

Ein Beispiel: Die Zitations- und Abstract-Datenbank Scopus, die von über 4000 Verlegern beliefert wird, ist ungeheuer beliebt. Auf einer einzigen Plattform bietet Scopus den Forschern leichten Zugang zu den von ihnen gewünschten Informationen. Wir werden in 2009 den Umfang der Rubrik Geisteswissenschaften bei Scopus, der bereits heute 1600 Zeitschriften umfasst, verdoppeln. Die Benutzeroberfläche ist äußerst intuitiv, sie wurde in Zusammenarbeit mit Akademikerkreisen entwickelt, darunter auch Partnern in Deutschland. Außerdem gibt Scopus einen Überblick über die Zitationshäufigkeiten von Forschungspapieren, eine wichtige Information über die Qualität der Forschungsarbeiten.

Ein anderes Beispiel ist 2collab, ein freie innovative Social Bookmark Community, in der Wissenschaftler alle interessanten Funde abspeichern und sie dann im Internet allgemein zur Verfügung stellen können. Auf diese Weise können Wissenschaftler nicht nur andere Forscher und Kollegen über ihre Arbeiten informieren, sondern 2collab bietet ihnen auch die Chance, weltweit neue Verbindungen zu anderen Wissenschaftlern zu knüpfen.

Elsevier trägt dieser Lage durch die Entwicklung von innovativen neuen Lösungen Rechnung. So helfen wir beispielsweise den Universitäten, dass sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und in ihrem wissenschaftlichen Fachgebiet an der Spitze positionieren können; kurz gesagt, wir erstellen eine „Map of Science“. Damit können Universitäten mit Blick auf die Entwicklungsbelange in ihrem jeweiligen Forschungsbereich besser fundierte Entscheidungen fällen.

Zu Beginn dieses Jahres haben wir 2000 Kunden befragt, darunter Forscher und Bibliothekare, Abteilungsleiter, Dekane und Hochschulrektoren. Wir wollten von ihnen wissen, wie wir ihnen bei der effektiveren Leitung ihrer Institute oder Abteilungen helfen können. Sie haben uns geantwortet, sie brauchten vor allem Hilfe beim Management, und um erfolgreich zu sein, müssten sie die besten Wissenschaftler gewinnen; weiterhin brauchten sie eine effektive Methode, um ihr Institut mit anderen Spitzeninstituten vergleichen zu können. Außerdem hatten sie einige grundlegende Fragen an uns: Sind wir Spitze auf unserem Gebiet? Ist mein Institut das beste in Deutschland?

Ist es das beste in Europa? Wenn mein Institut den dritten Platz einnimmt, wer steht auf dem ersten und zweiten Platz? Was sind die Schwerpunkte meiner Strategie? Wo kann ich meine Gelder am effektivsten zuteilen? Kann mir Elsevier helfen, einige dieser Fragen zu beantworten?

Das Benchmarking spielt bei akademischen Institutionen eine sehr wichtige Rolle, weil sie klare Strategien für zukünftige Erfolge formulieren müssen. Vergleiche können z. B. dadurch angestellt werden, dass man die Forschungsergebnisse einer Universität betrachtet, und zwar nicht nur in den Publikationen von Elsevier, sondern in praktisch allen Publikationen bzw. Zitierungen, und anschließend das Resultat mit dem von anderen Institutionen in Deutschland, Europa und der ganzen Welt vergleicht. Gestützt auf diese durch Scopus erhaltenen Daten können wir die Stärke einer wissenschaftlichen Institution abbilden und feststellen, auf welchem Gebiet sie gute Leistungen erbringt und wo ihre Kernkompetenzen liegen. Wir können sogar die Forscher an anderen Instituten benennen, die man möglicherweise anwerben könnte, um noch erfolgreicher zu sein.

Wir haben einen Prototyp entwickelt, den wir derzeit weltweit testen. Die Resonanz, die wir bisher erhalten haben, ist außerordentlich gut. Jedes Mal, wenn ich etwa mit einem Forschungsdirektor spreche, heißt es sofort: „Ich möchte meine Karte sehen!“, und darauf: „Wo steht mein Institut?“ Alle Daten stützen sich auf unabhängige bibliographische Angaben und konkrete Zahlen von Scopus. Wir freuen uns schon jetzt darauf, das Produkt im Laufe des nächsten Jahres auf den Markt zu bringen.

Ich habe keine Einzelheiten über bestimmte Universitäten, deshalb kann ich zu spezifischen Fällen nichts sagen. Tatsächlich sind in den 1990er Jahren die Preise stark gestiegen, so dass wir ab dem Jahr 2000 unsere Preispolitik ändern mussten. Allerdings sind wir seitdem immer im untersten Quartil des Preisanstiegs aller Verlage geblieben und haben die Preise nur um 5 bis 6 % angehoben. Wenn Sie daran denken, wie groß die Zunahme der von uns veröffentlichten Artikel ist, wie dramatisch die Benutzung dieser Artikel zugenommen hat, und dann auch noch die Investitionen in unsere elektronischen Plattformen wie ScienceDirect sowie die allgemeine Inflationsrate berücksichtigen, dann ist ein Anstieg von 5 % wirklich nicht viel. Mir ist bewusst, dass nicht alle Budgets der Bibliotheken um 5 % steigen, und das führt natürlich zu Spannungen. Aber weil wir im Vergleich zu unseren Preisen sehr gute Qualität bieten und unser Preis/Leistungsverhältnis jedes Jahr verbessern, sind wir für die Bibliotheken zunehmend zu einem vertrauenswürdigen Partner geworden.

Wenn Sie 10 Jahre zurück blicken, dann hatte eine durchschnittliche Universität damals nur Zugang zu einer begrenzten Anzahl von Fachzeitschriften, und diese Journale wurden nur wenig gelesen, weil sie meist lediglich in gedruckter Form vorlagen. Das hat sich dramatisch geändert: heute sind für die Universitäten viel mehr Fachzeitschriften online zugänglich und außerdem haben sie viel größeren Zugang zu erstklassigen Forschungsergebnissen. Das hat zu einem enormen Anstieg bei der Benutzung dieser Daten und Informationen geführt. Pro Download gerechnet ist der Preis in der Tat gesunken. Der heutige Preis für einen Download, der vor zehn Jahren 15 € kostete, beträgt im Vergleich nur noch einige Euros, eine enorme Verbesserung. In dieser Hinsicht haben wir große Fortschritte gemacht.

Apropos Preise: Ich denke, wie können alle sehr stolz auf die erreichten Leistungen sein, denn wir haben gut kooperiert und für die Archive der Fachzeitschriften die Unterstützung der Bundesregierung gewonnen, in Gestalt der DFG. Wir alle haben sehr eng zusammengearbeitet, um das Ganze zu einem Erfolg zu machen. Letztendlich waren wir erfolgreich und haben es geschafft, den deutschen Wissenschaftlern wertvolle Informationen zur Verfügung zu stellen, ohne das Bibliotheksbudget direkt zu belasten. Dadurch werden die deutschen Forscher wettbewerbsfähiger, und das ist ausgezeichnet.

Wir hören unseren Kunden immer genau zu, um sicherzugehen, ihnen das Bestmögliche bieten zu können. Elsevier publiziert nur inhaltlich erstklassige Qualität und wir sind stolz darauf, dass 25 % aller weltweit publizierten Artikel bei Elsevier veröffentlicht werden. Wir verfügen über eine erstaunliche Kollektion qualitativ erstklassiger Fachzeitschriften. Wir werden weiter in diese Fachzeitschriften investieren und kontinuierlich bahnbrechende Artikel mit wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Forschungsergebnissen publizieren.

Gleichzeitig entwickeln wir jedoch Instrumente, um Wissenschaftlern dabei zu helfen, wissenschaftliche Ergebnisse besser und effektiver finden und nutzen zu können und diese untereinander auszutauschen. Zu den Instrumenten, die den Wissenschaftlern die Arbeit erleichtern, ist das von mir bereits erwähnte Instrument „Map of Science“ ein gutes Beispiel für den Weg, den wir einschlagen. Gleichzeitig möchten wir es ihnen aber auch erleichtern, multimediale Dateien zu nutzen, Daten auszutauschen, und das zu finden, wonach sie suchen. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung von Dienstleistungen, die die Benutzung und Interpretation unserer Inhalte verbessern. Durch diese Entwicklung von Instrumenten und Dienstleistungen, die es unseren Kunden ermöglichen, unsere Inhalte besser zu nutzen, können wir den deutschen Wissenschaftlern helfen, effektiver und wettbewerbsfähiger zu werden.