Good Tags – Bad Tags : Social Tagging in der Wissensorganisation

Birgit Gaiser ; Thorsten Hampel ; Stefanie Panke (Hrsg.)


- Münster [u.a.] : Waxmann, 2008. – 234 S. : Ill. und graph. Darst.
(Medien in der Wissenschaft ; 47)
ISBN 978-3-8309-2039-7. € 29,90
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http://www.waxmann.com/kat/inhalt/2039Volltext.pdf
[PDF-Dokument, 6 MB]

Das Hohelied der Tags und der „Folksonomy“, der Verschlagwortung durch Nutzer, hat bereits David Weinberger in seinem im Frühjahr auf Deutsch erschienenen Buch „Das Ende der Schublade: Die Macht der neuen digitalen Unordnung“ gesungen. Den Nutzen der frei vergebenen Schlagworte exemplifizierte er anhand mehrerer Beispiele, von denen mir vor allem die unterschiedliche Erschließung großer Bildersammlungen noch in Erinnerung geblieben ist. Allerdings: War der Text auch teilweise empirisch ausgerichtet und entbehrte so keineswegs der Anschaulichkeit, so fehlte doch der Blick aus verschiedenen Perspektiven auf dieses relativ neue Phänomen. Dies leistet dieses Buch, ein Tagungsband, dessen Beiträge die Ergebnisse des im Frühjahr 2008 am Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen durchgeführten Workshop der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW; http://www.gmw-online.de) dokumentieren, einer interdisziplinäre Veranstaltung, an der Informatiker, Pädagogen, Medienwissenschaftler und Bibliothekare teilnahmen.

Der Band ist in vier Themenblöcke geteilt:

Den Blöcken vorgeschaltet ist die keynote (auf Englisch, wie noch ein weiterer Beitrag) von Thomas Vander Wal. Er formulierte als erster den Begriff „folksonomy“ und bietet hier eine Matrix zum Verständnis der verschiedenen Zielgruppen und ihres unterschiedlich tiefen Einlassen auf das Instrument des „taggings“. Bei den ersten berücksichtigt er sogar Nicht-Nutzer, beim zweiten handelt es sich um den Bogen der privaten bis hin zur professionellen Nutzung des „Taggens“ oder Schlagwortvergebens. Ein hilfreiches Raster, das nur drei Seiten umfasst!

Die Artikel werden jeweils durch eine Zusammenfassung eingeleitet. Sie fußen jeweils entweder – ablesbar bei den Literaturverzeichnissen – auf internationaler Literatur oder auf eigener Erfahrung. Sie sind durch die Bank weg sorgfältig erstellt, verständlich geschrieben, mit vielen graphischen Darstellungen, Illustrationen und tabellarischen Aufstellungen versehen. Überaus gelungen ist die Mischung aus theoretischen und empirischen/praktischen Beiträgen. So hat man nach der Lektüre das Gefühl, auf mehreren Ebenen differenziert über dieses Phänomen unterrichtet worden zu sein, ganz gleich, ob es sich jetzt und Darstellungen des Themas aus verschiedenen Perspektiven (z. B. kognitionspsychologische Sicht), spezifischen Einsatzbereichen (z. B. bibliothekarische Sacherschließung, eLearning oder Recherche), bestimmten Praxisfeldern (z. B. Annotation von Videos, kommerzieller Einsatz) und Rahmenbedingungen (z. B. Semantic Web) handelt.

Die Leistungsfähigkeit dieser Technik wird so plastisch herausgehoben, gerade auch im Zusammenspiel mit klassischen Methoden der Erschließung. Vor- und Nachteile werden differenziert dargestellt, die Lektüre bietet die Gelegenheit, sich mit einem Zukunftskonzept, welches für jede nutzerorientierte Bibliothek wichtig sein sollte, vertraut zu machen und die Grundlage für eigene Überlegungen zu bieten, ob und wo denn ein Einsatz sinnvoll wäre. Das Wissensmanagement durch die Vielen – wenn Bibliothekare und wenn Bibliotheken hier eine Rolle spielen wollen und sollen: Hier wird die Möglichkeit angeboten, sich kundig zu machen! Eine vielfältige, ausgewogene Veröffentlichung, welche einen Überblick über ein Themengebiet gibt, welches in dieser Breite im deutschsprachigen Raum noch nicht behandelt wurde.

Hilfreich ist dabei, dass eine kostenlose Kopie des Buches auf der Verlagshomepage frei verfügbar ist. Die Datei ist ca. 6 MB groß und kann problemlos geöffnet und gedruckt werden. Doch Vorsicht: Wenn Sie das Werk eventuell öfter brauchen, ist eine Loseblattsammlung aus DIN A 4-Blättern äußerst ungünstig aufzubewahren. Vielleicht lesen Sie einmal hinein und kaufen sich dann das Buch, um den Text bequemer aufbewahren und nutzen zu können. Ich wünsche jedenfalls dem Verlag, dass dieses innovative Konzept der dualen Veröffentlichung und der freien Verfügbarkeit sich auch auszahlt!


Dr. Jürgen Plieninger
Bibliothek des Instituts für Politikwissenschaft
Universität Tübingen
juergen.plieninger@uni-tuebingen.de