Was man über WorldCat.org wissen sollte


1 WorldCat.org: WordCat frei im Web
2 Mehrwert für alle: Nutzergenerierter Content und mehr
3 Einstiegspunkte: Sichtbarkeit über im Web etablierte Plattformen

von Gabriele Wolberg und Annette Dortmund

Noch vor 15 Jahren war OCLC (Ohio Computer Library Center) in Deutschland nur Bibliotheks-Insidern ein Begriff: Eine nordamerikanische Bibliotheksorganisation, die gemeinschaftlich katalogisiert und darauf aufsetzend verschiedenste Bibliotheksdienste entwickelt und diese gemeinsam nutzt.

Seit Ende der 1990iger Jahre hat OCLC unter der Führung von Jay Jordan diese eher regionale Strategie aufgeweicht und seinen Aktivitätsradius über den Atlantik auch auf Europa und andere Regionen weltweit ausgedehnt - in Zeiten der Globalisierung und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein ganz normaler Vorgang. Mit dem Gewinn von Nationalbibliotheken und Verbünden der ganzen Welt für die Idee der gemeinsamen Katalogisierung und Sammlung der Daten in der weltweit umfangreichsten bibliografischen Datenbank WorldCat wuchs die Zahl der teilnehmenden Bibliotheken und Kulturinstitutionen außerhalb der Vereinigten Staaten seit 1998 von 3.200 auf fast 12.0001. Aus der einst regionalen Interessengemeinschaft ist eine weltweite Vereinigung von Bibliotheken und Institutionen geworden, deren oberstes Ziel es ist, einer breiten Öffentlichkeit den Zugang zum weltweiten Wissen auf möglichst einfache und kostengünstige Weise zu ermöglichen. OCLCs Leitsatz "Libraries connected" beinhaltet aber weit mehr als das Ziel, Bibliotheken zu verbinden. OCLC will auch Nutzer mit Bibliotheken verbinden. In Zeiten von Google, Facebook & Co. ist dies sowohl eine Herausforderung als auch eine enorme Chance.

Die Voraussetzungen, das gesteckte Ziel zu erreichen, sind gut. Mit WorldCat und seinen derzeit 135 Millionen Titeleinträgen und über 1,4 Milliarden Besitznachweisen steht bereits heute ein immenser Bestandspool verschiedenster Medienarten (Bücher, eMedien, Aufsätze, Digitalisate etc.) zur Verfügung. Und täglich werden es mehr. Etwa alle 10 Sekunden wächst WorldCat um einen Eintrag. Immer mehr Bibliotheken und Konsortien weltweit sind von diesem Konzept überzeugt und stellen ihre Daten zur Speicherung und Nutzung in WorldCat zur Verfügung. Die Vorstellung, dass alles Schriftgut der Erde an einem Platz nachgewiesen und über eine Suchoberfläche von jedem Ort der Erde aus recherchierbar ist, ist faszinierend.

In Deutschland und in der Schweiz haben bisher die Deutsche Nationalbibliothek (DNB), die Verbünde HeBIS, BSZ, GBV, IDS (CH) sowie die Bayerische Staatsbibliothek Vereinbarungen zur Datenlieferung unterzeichnet bzw. ihre Daten bereits in WorldCat eingespeist.

Worum geht es bei WorldCat.org? Wie OCLC's Studien "Perceptions of Libraries"2 und "Sharing, Privacy and Trust"3 zeigen, bezieht die überwiegende Mehrzahl aller Nutzer ihre Informationen nicht mehr aus Büchern oder Bibliotheken, sondern direkt aus dem Internet. Hierbei sind in erster Linie die Suchmaschinen zu nennen, die schnelle Information vermitteln bzw. suggerieren. Doch das Web besteht nicht nur aus Google und Co. Es bietet eine Fülle von Netzwerken, Diensten und Plattformen unterschiedlichster Art. Anders als noch vor wenigen Jahren wird das Internet daher auch nicht mehr nur kurz "genutzt" und anschließend wieder verlassen. Nutzer halten sich im Web auf und verbringen dort viel Zeit, alleine oder mit Freunden und Gleichgesinnten.

Was Internetnutzer nicht in diesem "neuen" Netz erwarten, wie die OCLC Studien belegen, sind Bibliotheken. Nutzer suchen Bibliotheken nicht im Web. Und Bibliotheken sind meist nicht dort zu finden, wo Nutzer unterwegs sind. Dieser Entwicklung sollten Bibliotheken nicht tatenlos zusehen. Zum einen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Zum anderen aber auch, um ihre (potentiellen und tatsächlichen) Nutzer nicht im Stich zu lassen, deren Bedürfnis nach seriösen Informationen, Beratung und Betreuung - nach klassischen Bibliotheksdienstleistungen also - sich ja keineswegs vermindert hat, ganz im Gegenteil. Ebenso wichtig ist, die Nutzer aktiv einzubinden und Anreize zu schaffen, in der Bibliothek zu verweilen.

Die geschilderte Entwicklung war der Anlass für OCLC, auf Basis der in WorldCat bereits verfügbaren Titel- und Bestandsdaten mit WorldCat.org (www.worldcat.org) eine Endnutzerplattform im Web einzurichten, über die immer mehr Bibliotheksangebote an immer mehr Stellen im Web sichtbar und auffindbar werden. Ziel ist es, Bibliotheken der Welt und ihre Angebote so zu präsentieren, dass sie gefunden werden können, auch dort wo sie vielleicht nicht gesucht wurden.

Drei Aspekte werden im Folgenden näher erläutert:

  1. WorldCat.org:WorldCat frei im Web
  2. Mehrwert für alle: Nutzergenerierter Content und mehr
  3. Einstiegspunkte: Sichtbarkeit über im Web etablierte Plattformen

1 WorldCat.org: WordCat frei im Web

"Es gilt den Datenschatz der Bibliotheken zu heben und einheitliche Systeme zu schaffen um Nutzern den Zugang zu eröffnen."4

Mit WorldCat.org stellt OCLC ein einfaches und zugleich effizientes Webportal zur Suche in WorldCat und damit den Beständen der beteiligten Bibliotheken zur Verfügung. Die auffällige, gut strukturierte und übersichtliche Suchoberfläche macht den Einstieg auch für den ungeübten Nutzer sehr leicht.

Abb. 1: WorldCat.org Suchoberfläche, www.worldcat.org [25.04.2009]

Die dynamische Facettennavigation in der Trefferliste erleichtert es dem Nutzer, die Treffermenge schnell und effizient nach Kriterien wie Autor, Jahr, Sprache oder auch Zielgruppe und Thema weiter einzugrenzen.

Abb. 2: WorldCat.org Trefferliste [25.04.2009]

Mit den Ergebnisanzeigen in Worldcat.org wird der Benutzer auf angenehme Weise nicht überfordert. Ganz im Stil bekannter Online-Buchhandlungen werden nur die wesentlichen bibliografischen Informationen angezeigt, diese aber optisch aufbereitet durch die Anzeige des Covers (falls verfügbar).

Ist ein passender Titel gefunden, geben Benutzer einfach ihren geografischen Standort ein und erhalten eine Liste der nächstgelegenen teilnehmenden WorldCat-Bibliotheken, die das entsprechende Medium besitzen. WorldCat.org führt den Nutzer somit direkt an ein virtuelles Regal aller Bibliotheken seiner (derzeitigen) Umgebung, soweit diese bereits an WorldCat.org teilnehmen.

Abb. 3: WorldCat.org Einzeltreffer [25.04.2009] mit Anzeige der Bestandsbibliotheken in Bezug auf den Nutzerstandort

Der Link des Bibliotheksnamens führt den Benutzer dann direkt zum Eintrag des Titels und eventuellen lokalen Angeboten im Online-Katalog (OPAC) der genannten Bibliothek.

Ein besonderes Schmankerl: Der beim Autor hinterlegte Link führt zu der Seite WorldCat Identities (beta), die interessantes statistisches Material versammelt, so z. B. eine Zeitleiste für Veröffentlichungen von und über den Autor, besonders häufig im Bestand befindliche Werke von und über die Person, eine kurze Liste mit dem Autor in Bezug stehender Personen und eine thematische Tagcloud.

2 Mehrwert für alle: Nutzergenerierter Content und mehr

So spannend eine beliebige Seite auch sein mag - die Möglichkeiten der Mitgestaltung und Personalisierung machen das Verweilen für den Nutzer noch attraktiver. Auch auf WorldCat.org gibt es eine Reihe der üblichen Web 2.0 Personalisierungs- und Beteiligungsfunktionen, die Nutzer heute gewohnt sind und nutzen.

Für das Anlegen eines WorldCat-Benutzerkontos ist lediglich eine kostenlose Registrierung mit Benutzernamen, Kennwort und E-Mail-Adresse erforderlich.

3 Einstiegspunkte: Sichtbarkeit über im Web etablierte Plattformen

Abb. 4: Google Scholar Trefferanzeige mit Link zu WorldCat.org

Wie wird aus einer attraktiven Plattform für Bibliotheksangebote ein Mehr an Sichtbarkeit im Web? Wie löst OCLC das Versprechen ein, Nutzer dort abzuholen, wo sie wirklich ihre Zeit verbringen?

Schon seit 2005 bestehen Partnerschaften zwischen OCLC und Google (Google, Google Scholar, Google Books), Yahoo! Search, Windows Live Search und anderen Partnern, die WorldCat-Daten indexieren und Millionen von bekannten und seltenen Titel im Internet sichtbarer machen.

Die Links auf den Partnerseiten - gekennzeichnet durch Begriffe wie "Bibliothekssuche" oder "Dieses Buch in einer Bibliothek finden" - führen den Benutzer direkt zu WorldCat.org und der Auflistung der lokalen und regionalen Bibliotheken, die einen Titel im Bestand haben. Auf diese Weise erhalten Nutzer auf einfachste Weise die Möglichkeit, Bibliotheksangebote in ihre Informationssuche einzubinden - unabhängig davon, wo in der Welt sie sich gerade aufhalten.

Im zweiten Schritt wurde beginnend in 2008 die Sichtbarkeit von Bibliotheksbeständen in Sozialen Netzwerken in Angriff genommen. Über die WorldCat Applikation in Facebook können Nutzer in WorldCat suchen, ohne die Plattform zu verlassen. Über den Link "Find in a library" des Einzeltreffers gelangt der Nutzer direkt zu WorldCat.org und zu den dort hinterlegten Besitzangaben. WorldCat Titel oder auch ganze WorldCat Listen können im persönlichen Nutzerprofil auf Facebook hinterlegt und mit Freunden geteilt werden. Über den integrierten Link "Find in a library" können Freunde dann wiederum selbst auf WorldCat.org prüfen, ob ein so empfohlener Titel auch in einer Bibliothek in ihrer Nähe verfügbar ist.

Abb. 5: In Facebook integrierte WorldCat.org Suchbox

Man kann dieses Feature belächeln. Der "Facebook-Effekt" besagt jedoch, dass die Veröffentlichung von Facebook-Anwendungen eine ganz erhebliche Steigerung des Besucherstromes auf die eigene Seite hervorrufen kann. Ursache dieses Effektes ist die schiere Masse der Menschen, die sich täglich auf Facebook tummeln. Facebook selbst gibt auf seiner Seite an5, dass mittlerweile 200 Millionen aktive Nutzer die Plattform besuchen und insgesamt 3,5 Milliarden Minuten täglich dort verbringen. Diese Chance gilt es auch für Bibliotheken zu nutzen.

Ergänzend zu den genannten Partnerschaften bietet OCLC eine Fülle weiterer Möglichkeiten an, WorldCat-Einstiegspunkte im Web zu schaffen. Die WorldCat-Suchbox kann in beliebige eigene Webseiten integriert werden, das Listen Widget erlaubt es, eigene WorldCat-Listen auf der eigenen Webseite sichtbar zu machen. Es gibt Browser-Plugins, über die z. B. aus Firefox heraus direkt in WorldCat gesucht werden kann, und eine WorldCat-Suchbox für die personalisiere Startseite iGoogle. Die Möglichkeiten sind vielfältig und werden ständig ausgebaut. Das Ziel ist das gleiche: Das Web mit einer Fülle von Einstiegspunkten zu überziehen, über die Nutzer zu WorldCat.org und damit letztlich zu lokalen Bibliotheksangeboten geführt werden - vielleicht sogar zu denen der "eigenen" Bibliothek, die damit den Nutzer dort abgeholt hat, wo er unterwegs war, und vielleicht sogar gerade dadurch dauerhaft "wiedergewinnt".

Die Chancen für Bibliotheken, Nutzer (wieder) zu gewinnen und für ihre Angebote zu begeistern, stehen gar nicht so schlecht. Der Weg führt über die Solidarisierung von Bibliotheken mit dem Ziel, Bibliotheksangebote im Web sichtbar und auffindbar zu machen. Der Bedarf an dem, was Bibliotheken anzubieten haben, war vielleicht nie größer als heute.

Weitere Informationen zu WorldCat und WorldCat.org unter www.oclc.org und www.WorldCat.org.


Autorinnen

Gabriele Wolberg und Dr. Annette Dortmund

OCLC GmbH
Grünwalder Weg 28g
82041 Oberhaching
gabriele.wolberg@oclc.org
www.oclc.org


Anmerkungen

1. http://www.oclc.org/de/de/news/releases/200812.htm
[Letzter Aufruf 28.04.2009]

2. http://www.worldcat.org/oclc/62293968; http://www.oclc.org/reports/2005perceptions.htm
[Letzter Aufruf: 25.04.2009]

3. http://www.worldcat.org/oclc/170923242; http://www.oclc.org/reports/sharing/default.htm
[Letzter Aufruf: 25.04.2009]

4. Kaiser, Ronald: Bibliotheken im Web 2.0 Zeitalter. Dinges & Frick, 2008, S. 20

5. http://www.facebook.com/press/info.php?statistics
[Letzter Aufruf: 28.04.2009]

6. Ashmore, Beth and Jill Grogg: Google and OCLC: Open Libraries on the Open Web. In: Searcher: The Magazine for Database Professionals. 14 (November/December 2006), S. 44-52