Bibliotheken gestalten Zukunft: kooperative Wege zur Digitalen Bibliothek

Dr. Friedrich Geißelmann zum 65. Geburtstag / Evelinde Hutzler ... (Hg.)


- Göttingen: Universitätsverlag, 2008. – X, 219 S.: Ill., graph. Darst.; (ger, eng)
ISBN 978-3-940344-43-4

Mit dieser Festschrift wird der Leiter der Universitätsbibliothek Regensburg, Dr. Friedrich Geißelmann, von Mitarbeitern, Bibliotheksdirektoren, Dezernatsleitern und Vertretern von Ministerien und regionalen und überregionalen Bibliothekseinrichtungen anlässlich seines 65. Geburtstages und seines Ausscheidens aus dem aktiven Bibliotheksdienst geehrt. Dabei betonen die Herausgeber, dass es sich nicht um eine Festschrift im traditionellen Sinne handele, die Leben und Werk der geehrten Person Revue passieren lässt, sondern dass, ganz im Sinne von Friedrich Geißelmann, die Autoren aus ihrer jeweiligen Perspektive einen Blick in die digitale Zukunft der Produktion, Verbreitung und Vermittlung von Information und die kooperative Gestaltung dieser Zukunft durch Bibliotheken werfen.

Der Sammelband umfasst drei Hauptteile, denen die insgesamt 16 Beträge zugeordnet sind: „Konzepte und Strategien zur Verbesserung der Informationsinfrastruktur“, „Entwicklungen zum Aufbau digitaler Bibliotheken in der Praxis“ und „Herausforderungen und neue Handlungsfelder für Bibliotheken und Informationseinrichtungen“. Eingeleitet wird der Band durch ein Grußwort des Leiters des Senatsausschusses für die Universitätsbibliothek und ein Vorwort der Herausgeber. Ein alphabetisches Autorenverzeichnis bildet den Schluss. Neben der gedruckten Ausgabe besteht freier Zugang zur elektronischen Version der Festschrift. Die Herausgeber bedanken sich ausdrücklich beim Universitätsverlag Göttingen für die Unterstützung des Open-Access-Gedankens.

Der Teil „Konzepte und Strategien“ umfasst sechs Beiträge. Zunächst wird das überregionale Kompetenznetzwerk für Bibliotheken KNB vorgestellt, das Innovationen der Bibliotheken initiieren, bündeln und begleiten soll und dessen Entstehen auch dem Einsatz Friedrich Geißelmanns zu verdanken ist. Anschließend wird, ausgehend von Digitalisierungsprogrammen vom Ende der 1990er Jahre, ein Blick auf das Digitalisieren als zukünftige Aufgabe der Bibliotheken geworfen. Im folgenden Beitrag diskutiert die Autorin das Publizieren über institutionelle Repositorien, in Open-Access-Zeitschriften und über OA-Angebote der kommerziellen Verlage vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Anforderungen der Hochschulleitungen, Wissenschaftler und Leser an Open Access. Anschließend wird Goportis als kooperatives Portal der deutschen Zentralen Fachbibliotheken vorgestellt. Die beiden letzten Artikel befassen sich mit dem Aufbau Digitaler Bibliotheken im BVB und der Virtuellen Bibliothek Bayern.

Der zweite Teil „Entwicklung und Aufbau digitaler Bibliotheken“ bildet mit vier Beiträgen die kleinste Einheit. Im ersten Artikel werden von Mitarbeitern Friedrich Geißelmanns lokale, regionale und überregionale digitale Dienste der Bibliothek vorgestellt. Elektronische Zeitschriftenbibliothek EZB und Datenbank-Infosystem DBIS dürften jedem Leser bekannt sein, man erfährt weiterhin Einzelheiten über Bestandsaufbau und Erschließung hinsichtlich digitaler Inhalte, verschiedene Digitalisierungsprojekte und -angebote für die Bibliotheksnutzer und die Aktivitäten im Bereich des elektronischen Publizierens an der UB Regensburg. Der folgende Aufsatz beschäftigt sich mit innovativen Recherchemöglichkeiten durch Kataloganreicherungen, Metasuchsysteme, den Einsatz von Suchmaschinentechnologie und die Entwicklung des guten alten Bibliothekskatalogs zum Katalog 2.0 durch Integration interaktiver Merkmale, wie sie mit Web 2.0 möglich werden. Doch nicht nur die Suchsysteme selbst sollen verbessert werden. Durch die Einführung einer „serviceorientierten Architektur“ SOA soll Heterogenität und Komplexität auf den Websites der Bibliotheken reduziert und die Navigation stärker von systematischen zu prozessorientierten Lösungen verlagert werden. Anschließend stellt ein Vertreter der Library of Congress das dortige Projekt „International Electronic Exchange“ IEX vor, das sich mit internationalen Kooperationen beim Aufbau digitaler Sammlungen, Datenaustausch und Archivierung beschäftigt und vor allem für Bibliotheken mit bestimmten Sammelaufträgen und überregionalen Aufgaben von Interesse sein dürfte. Dieser Beitrag ist in englischer Sprache gehalten. Im letzten der vier Aufsätze dieses Abschnitts wird beleuchtet, welche Auswirkungen die Erwerbung von elektronischen Ressourcen auf die Bibliotheksetats hat.

Der erste der sechs Artikel des dritten Teils „Herausforderungen und neue Handlungsfelder“ untersucht die Möglichkeiten und lotet die Grenzen aus, die das Urheberrecht dem Angebot digitaler Sammlungen an den öffentlichen Arbeitsplätzen der Bibliotheken setzt. Anschließend wird das Publizieren als Aufgabe der Bibliotheken, das dem Autor zufolge zumindest im Open-Access-Bereich von allen Seiten als Selbstverständlichkeit angesehen wird, kritisch unter die Lupe genommen. Aus Sicht der Wissenschaftler werden danach die veränderten Arbeits- und Publikationsformen im elektronischen Zeitalter skizziert. Die folgenden beiden Beiträge entwerfen unter den Stichworten „Kundenorientierung“, „Führungsmethoden“, „Schalenmodell“ und „Total Package Design“ Zukunftsmodelle für Digitale Bibliotheken. Im letzten Aufsatz schließlich zeigt ein Vertreter der Firma EBSCO Verbesserungsmöglichkeiten des E-Resource Managements aus Sicht eines Anbieters auf.

Der Sammelband beleuchtet die verschiedenen Arbeitsfelder im Bereich Digitaler Bibliotheken und wagt dabei vom Heute ausgehend so manchen Blick in die Zukunft. Die Spanne reicht dabei von lokalen Aktivitäten bis in die hohe Politik internationaler Kooperationen. Die Perspektiven sind entsprechend dem breiten Autorenspektrum vielfältig. Bei einer derart großen Bandbreite können die Themen natürlich nicht erschöpfend behandelt werden. Die Beiträge, von Praktikern verfasst und kurz und prägnant formuliert, vermitteln aber einen Eindruck von der Vielfalt der zu bewältigenden Probleme.

Michael Normann
Universitätsbibliothek Karlsruhe
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