Editorial
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"The Ne(x)t Generation"
"Die Kraft der digitalen Unordnung" |
so lauten die Titel der bibliothekarischen Tagungen, die in diesen Wochen stattfinden, liebe Leserinnen und Leser, und zu denen dieses B.I.T.online-Heft erscheint. Die Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB) veranstaltet erstmalig gemeinsam mit dem Büchereiverband Österreichs (BVÖ) in Graz den 30. Österreichischen Bibliothekartag. Der Themenbogen ist weit gespannt, von der Fragestellung: "Was müssen und können Bibliotheken als Dienstleistungen anbieten, damit sie auch in Zukunft als kompetente Partner im Prozess der Wissensvermittlung anerkannt werden?" bis zur Feststellung, dass zugleich unter großem finanziellem Einsatz weltweit Bibliotheksbauten mit beeindruckender symbolischer Kraft entstehen. Ende September findet die 32. Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken unter dem Thema "Die Kraft der digitalen Unordnung" in Karlsruhe statt. Dieses ist dem Titel der deutschen Übersetzung eines Buches des US-amerikanischen Autors David Weinberger entnommen. Die Käuferinnen "drängen sich in den Gängen, probieren Kleider an und reichen sie weiter. Schon nach wenigen Minuten sind die Ständer leer. Auf den Tischen und dem Fußboden liegen Kleider und Accessoires verstreut, als hätte der sprichwörtliche Blitz eingeschlagen." So sieht die erste Ordnung der Unordnung aus. Medizinische Berichte sind eine Unordnung der zweiten Ordnung. "Die Berichte der Krankenhäuser sind so inkompatibel, dass die Ärzte sich immer noch Faxe schicken, statt elektronische Informationen auszutauschen." schreibt der Autor und weiter: "Die zweite Ordnung der Unordnung ist von Natur aus ein Saustall von Metadaten." Eine Unordnung der dritten Ordnung baut man mit jedem Fingerdruck bei digitalen Fotos auf. Die Zahl der Bilder geht in die Hunderte, dann in die Tausende, die Unordnung wird immer schlimmer. Das Potential wird allerdings immer größer, wenn man den Fotos Metadaten hinzufügt. Dadurch würde ihr Potential sogar noch weiter zunehmen, "gerade weil sie so ungeordnet bleiben wie vorher." Die Tagungen versprechen, interessant zu werden. Im Frühjahr dieses Jahres ließ der Verein GeSIG e.V. (German speaking Serials Interest Group) eine Umfrage durchführen mit bemerkenswerten Resultaten: die befragten Experten, Leiterinnen und Leiter von Bibliotheken unterschiedlicher Größenordnungen, sind der Meinung, dass die Beratungskompetenz der Mitarbeiter immer wichtiger werde, trotz der Bedeutung virtueller Bibliotheken. Aber auch die Bibliothek als physischer Ort gewinnt (beispielsweise durch lange Öffnungszeiten bis zur 24-h-Bibliothek). Die Gesamtergebnisse sind einsehbar unter folgendem Link: Aus dem oben erwähnten Anlass erfahren Sie in diesem Heft viel Neues aus unserem Nachbarland. Hubert Stigler gibt einen Erfahrungsbericht aus den Geisteswissenschaften der Universität Graz zu Fragen der intelligenten Haltung von digitalen Resourcen, wobei er die Zitierfähigkeit als Voraussetzung der Wiederverwertbarkeit in den Vordergrund stellt. Digitale Langzeitarchivierung zur Sicherung des kulturellen Erbes ist auch das Thema von Susanne Blumesberger, ihr kommt es ebenso darauf an, dass die Zitierbarkeit das exakte Auffinden und Abrufen von digitalen Objekten erlaubt. Das System Phaidra soll dies an der Universität Wien gewährleisten. Die Entwicklung von Informationssystemen von IT-Experten weitgehend unabhängig zu machen, ist das Ziel des Projektes SOOM (Service Orientiertes Objekt-Management), mit dem sich Walter Koch aus Graz beschäftigt. Gerda Koch erläutert die Beteiligungen österreichischer Institutionen an der Digitalen Bibliothek Europas. Die Erkennung bibliographischer Dubletten ist bei gerade bei großen Datenmengen wie der der Verbünde ein wichtiges Thema. Harald Jele von der Universitätsbibliothek Klagenfurt stellt die Leistungsfähigkeit dreier Verfahren vor, die er anhand von fast 400.000 Titeldatensätze des Österreichischen Bibliothekenverbundes prüfte. Sicher werden Sie auch unsere anderen Themen interessieren: die Automatisierung der Produktionsprozesse für Digitalisate, der 24-h- Fernleihautomat sowie die Reportagen aus Bibliotheken in Polen und Spanien und vieles mehr. Interessante und ausgewogene Informationen liefern immer wieder unsere Rezensenten. Daher weise ich diesmal besonders auf die Rezensionen in diesem Heft hin. Angenehme und erfolgreiche Tagungen, sowie einen sonnigen Herbst wünscht Ihnen Christoph-Hubert Schütte
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