Lehmann, Klaus Dieter: Bild, Buch und Arche:
Bibliothek und Museum im 21. Jahrhundert

Mit einem Vorwort von Hermann Parzinger


- Berlin: University Pr., 2008. 255 S. Euro 27.90
- ISBN 978-3-940432-20-9

Hier kommt ein Mann zu Wort, der als ehemaliger Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Generaldirektor der Einrichtung Die Deutsche Bibliothek und Direktor der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main jahrzehntelang maßgeblich die Entwicklung der Kultur in der Bundesrepublik mitbestimmt hat.

In dem vorliegenden Buch sind in sieben Kapiteln 25 Beiträge aus seiner Zeit als Stiftungspräsident (Februar 1999 bis Februar 2008) versammelt. Sie zeigen das ganze Spektrum der Institutionen, für die Klaus-Dieter Lehmann Verantwortung trug, denn die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist "der größte Kulturkomplex in Europa - mit 17 Museen, der Staatsbibliothek, dem Preußischen Staatsarchiv und einer Reihe von Forschungsinstituten." (S. 241) Diese spartenübergreifende Arbeitsweise kam dem Manager Klaus-Dieter Lehmann sehr zugute.

Im Mittelpunkt der Beiträge steht der Paradigmenwechsel der Bibliotheken, Archive und Museen zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Lehmanns Ziel: "Die Quellen der kulturellen Überlieferung nicht sparten- und materialbezogen" in diesen Einrichtungen "zu isolieren, sondern sie sinnvoll aufeinander zu beziehen." (S. 116)

Kapitel 1 enthält Beiträge zu Berlin als Weltort für Kunst und Kultur. Unter Lehmanns Federführung wurden beispielsweise der Masterplan Museumsinsel erarbeitet, der Architektenwettbewerb für den Neubau des im Krieg zerstörten großen Lesesaals der Staatsbibliothek im Haus Unter den Linden ausgelobt und die Grundsätze zum Humboldt-Forum im wieder aufzubauenden Schloss formuliert.

Kapitel 2 Das Kulturelle Ensemble betrifft die inhaltliche Neubestimmung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Kapitel 3 widmet sich der Erwerbung, Erschließung, Unterbringung und Archivierung neuer Informationsquellen, einem Thema, das insbesondere in der Präsidentschaft von Lehmann stark in Bewegung geriet: Alte und Neue Medien in Bibliotheken, Archiven und Museen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Lehmanns kritische Hinweise auf die Produktion und den Vertrieb digitaler Publikationen.

Kapitel 4 Den Umgang mit dem Mäzenatentum innerhalb der Stiftung Preußischer Kulturbesitz betrachtet Lehmann, der dies Bürgerschaftliches Engagement nennt, als eine wichtige Ergänzung zur staatlichen Fürsorge betrachtet.

Die Restitution jüdischer Kulturgüter in Kapitel 5 und Fragen der Beutekunst in Kapitel 6 sind gerade in der Amtszeit von Lehmann ein großes politisches Thema geworden. Lehmann bejaht klar und eindeutig die Washingtoner Erklärung und fordert entsprechende Aktivitäten auch von den Einrichtungen der Stiftung.

Das Buch schließt mit einem Kapitel über Begegnungen ab und zeigt an drei Beispielen die sehr persönlichen Verbindungen des Stiftungspräsidenten zu bedeutenden Personen, dem Sammler Heinz Berggruen und dem Fotograf Helmut Newton, deren Sammlungen heute die Stiftung besitzt sowie dem Mitglied des Kuratoriums der Humboldt-Universität Berlin Michael W. Blumenthal.

Es liegt eine Veröffentlichung vor, in der die Arbeit der Bibliotheken, Museen und Archive in den größeren kulturellen, auch kulturpolitischen Zusammenhang gestellt worden ist.

Der Rezensent stimmt dem Nachfolger im Amt des Stiftungspräsidenten, Hermann Parzinger, zu, wenn er im Vorwort feststellt: "Die Agenda der Stiftung wird durch die Weichenstellungen bestimmt, die Lehmann selbst in seiner ungewöhnlichen Amtszeit vorgenommen hat." (S. 7)

Zugleich ist das Buch eine sehr gute Ergänzung zur Festschrift für Klaus-Dieter Lehmann zu dessen 65. Geburtstag1, die 60 Beiträge zur Kulturpolitik, zum Verlagswesen, zur Kunst, zum Buch- und Bibliothekswesen sowie zu Archiven und Museen enthält. Ein Fazit zu den bibliothekswissenschaftlichen Themen zieht in dieser Festgabe Günther Maihold in seinem Essay über Borges` Bibliothek von Babel: "Die Bibliothek als topologischer Speicher des Gedruckten angesichts der Flut von wertvollen und wertlosen Informationen ist aber zu klein geworden. Gesucht wird daher nach Lösungen, die neben der ehrwürdigen alten Bibliothek als Zeichen kultureller Hochzeit neue Speichermöglichkeiten eröffnen, ein sich ergänzendes Nebeneinander von Alt und Neu und nicht ein Ersetzen des Alten durch das Neue." (S. 156) Das ist auch ein besonderes Anliegen von Klaus-Dieter Lehmann, der, wie wir gesehen haben, an entsprechenden Lösungsmöglichkeiten mitgearbeitet oder Projekte angestoßen hat.

Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Ostendorfstraße 50
D-12557 Berlin
dieter.schmidmaier@schmidma.com


Anmerkung

1. Wissenschaft und Kultur in Bibliotheken, Museen und Archiven: Klaus-Dieter Lehmann zum 65. Geburtstag / hrsg. von Barbara Schneider-Kempf; Klaus G. Saur; Peter-Klaus Schuster. München, 2005. 574 S.