B.I.T.online - Zeitschrift für Bibliothek, Information und Technologie

Links, Christoph: Das Schicksal der DDR-Verlage.
Die Privatisierung und ihre Konsequenzen


- Berlin: Ch. Links Verl., 2009. 352 S.
ISBN 978-3-86153-523-2 Euro 24.90


Chirstoph Links, seit 1990 selbst Verleger mit Erfahrungen im Verlagswesen der DDR, legt in seiner im Juni 2008 am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin verteidigten Dissertation eine kritische Bilanz der Umgestaltung des Verlagswesens der DDR nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 vor.

Der Autor beginnt mit einer Einführung in die Fragestellung und Themeneingrenzung, den methodischen Ansatz und die Material- und Quellenlage. Dann widmet er sich in drei kurzen Kapiteln den Verlagen im Osten Deutschlands von ihren Anfängen 1945 bis 1989, in der Auflösungsphase der DDR 1989/1990 sowie in der Treuhandpolitik nach 1990.

Im Mittelpunkt stehen detaillierte Angaben zur Umgestaltung der einzelnen Verlage seit 1990. Da für die Überführung in neue Besitzverhältnisse die Eigentumssituation entscheidend war, bildet diese auch das Gliederungsprinzip der Dissertation: staatliche Verlage (Neugründungen), verstaatlichte Verlage (Übernahmen), partei- und organisationseigene Verlage, kirchliche Verlage sowie private Verlage (z.T. unter staatlicher Treuhandschaft). Der Autor untersucht alle 78 Verlage, die am Ende der DDR im Besitz einer Lizenz des Ministeriums für Kultur waren und noch unter eigenem Namen produzierten. Zu jedem Verlag gibt der Autor eine kurze Darstellung seiner Entwicklung von den Anfängen bis 1989, der Entwicklung von Rechts- und Eigentumsformen von 1990 bis 2007, des Verbleibs der Rechte und Archive, der Anzahl der 2007 produzierten Titel sowie der Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter. Das wird ergänzt durch eine alphabetisch nach Verlagen geordnete Übersicht zu den Eigentumsveränderungen sowie zu Veränderungen bei der Titelproduktion und bei der Mitarbeiterzahl. Der Autor zieht schließlich Bilanz im Kapitel „Ergebnisse des Privatisierungsprozesses“.

Ein Abkürzungsverzeichnis, ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis und ein Register der Verlage schließen die Veröffentlichung ab. Aus den Untersuchungen geht hervor, dass sich die Verlagslandschaft im Osten Deutschlands radikal verändert hat. Von den ehemals 78 lizenzierten Verlagen existieren in eigenständiger Form 2007 nur noch 12. Dieser Niedergang lässt sich auch quantitativ belegen: 90% der Arbeitsplätze sind verschwunden, in den neuen Bundesländern nur noch 2,2% der deutschen Buchtitel pro Jahr hergestellt (Stand 2006), am Gesamtumsatz betrug der Anteil (ohne Berlin) weniger als 1%.

Eine erschreckende Bilanz! Es gibt eine „historische Verschiebung der Verlagsproduktion in Deutschland gen Westen“. (S. 325) Das legt die Vermutung nahe, dass der Privatisierungsprozess auch benutzt worden ist, um Marktbereinigung zu betreiben und um Konkurrenten zu übernehmen. Zu denken gibt auch der Epilog vom Januar 2009: „Als wäre die Bilanz nicht schon drastisch genug, kommen zum Jahreswechsel 2008/2009 noch ein paar Hiobsbotschaften für den ostdeutschen Verlagsstandort hinzu … Das Zusammengehen beider deutscher Nachkriegsstaaten kann im politischen Bereich als weitgehend geglückt gelten, auf wirtschaftlichem Gebiet ist es eher missraten. Die Verlagsbranche steht dafür geradezu symptomatisch.“ (S. 326-327)

Diese Geschichte der DDR-Verlage nach der Privatisierung in detaillierten Einzeluntersuchungen ist keine verklärte Ostalgie, sondern es ist eine sachlich nüchterne, faktenreiche Analyse, ein Handbuch für alle Verleger, Buchhändler, Antiquare, Bibliothekare, Bücherfreunde und Literaturwissenschaftler ein umfassender Überblick zu den früheren Verlagen in der DDR entstanden. Christoph Links hat in bewundernswerter Weise aus einer vollkommen unübersichtlichen Quellenmenge die wichtigsten Fakten übersichtlich und „lesbar“ zusammengetragen und bewertet. Eine erstaunliche Leistung!


Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Ostendorfstraße 50
12557 Berlin
dieter.schmidmaier@schmidma.com


 

news