Mit virtuellen Ausstellungen Geschichten erzählen:
DDBstudio – Das neue Ausstellungstool der Deutschen Digitalen Bibliothek
Lidia Westermann
Ein Besuch auf der Wartburg, Nahaufnahmen von Dürers Meisterstichen, eine Reise in den Orient oder ein Blick in Nietzsches Lektüren: Das Ausstellungs-Tool DDBstudio lädt zu virtuellen Spaziergängen durch Geschichte und Kultur ein. Virtuelle Ausstellungen gehören seit vielen Jahren für Bibliotheken, Archive und Museen zu den unmittelbaren Möglichkeiten, die Sichtbarkeit ihrer Bestände und Aktivitäten im digitalen Raum zu erweitern. Die Deutsche Digitale Bibliothek bietet seit Oktober 2019 den neuen Service DDBstudio an, der interessierten Kultur- und Wissenseinrichtungen die technische Infrastruktur zur Verfügung stellt, um selbst virtuelle Ausstellungen anzulegen und zu veröffentlichen.
Abbildung: Deutsche Digitale Bibliothek (CC BY-SA 4.0)
Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) ist das zentrale nationale Zugangsportal für Kultur und Wissen in Deutschland. Ihr Ziel ist es, digitale Angebote der deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen miteinander zu vernetzen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Darum fördert die Deutsche Digitale Bibliothek den Einsatz von virtuellen Ausstellungen, die sich in besonderer Weise eignen, spartenübergreifend kulturelles Erbe online erfahrbar zu machen.
Derzeit versammelt die DDB rund 10 Mio. digitalisierte Objekte – etwa zwei Drittel dieses Bestandes werden von Bibliotheken und Archiven bereitgestellt. Damit zählen sie zu den größten Datenlieferanten der DDB, gefolgt von Museen, Mediatheken und Forschungseinrichtungen. Insgesamt sind über 4.000 Institutionen in der DDB registriert, mehr als 400 von ihnen liefern bereits digitalisierte Handschriften, Archivalien, Bilder und Fotografien, Skulpturen, Tondokumente, Filme, Noten, Landkarten, Notizbücher und vieles mehr. Für die Vermittlung dieses reichhaltigen Objektbestandes an ein breites Publikum ist seine redaktionelle und anschauliche Aufbereitung ausschlaggebend. Virtuelle Ausstellungen haben sich in diesem Zusammenhang für die Zugänglichkeit des digitalen Kulturerbes besonders bewährt.
Die Deutsche Digitale Bibliothek hat einen neuen Service entwickelt, der Kultur- und Wissenseinrichtungen bei dieser Form der kuratierten Objektpräsentation unterstützt: das Ausstellungstool DDBstudio. Interessierte Einrichtungen können mit DDBstudio die Inhalte ihrer Sammlungen neu kombinieren, durch Texte ergänzen, mit zusätzlichen Materialien anreichern – kurz, selbst virtuelle Ausstellungen erstellen und veröffentlichen.1
Wozu virtuelle Ausstellungen?
Abbildung: Deutsche Digitale Bibliothek (CC BY-SA 4.0)
Gefahrlos in alten Handschriften blättern, schmuckvolle Einbände von allen Seiten als 3D-Objekt betrachten oder Bilddetails zoomend erforschen – virtuelle Ausstellungen können die Bestände von Bibliotheken und Archiven auf neue Weise erfahrbar machen. Sie sind ein frühes Format des Internets, schon 1992 veröffentlichte die Library of Congress ihre erste „Online Exhibition“. Die Objekte können in einer virtuellen Umgebung unabhängig von örtlichen und zeitlichen Einschränkungen sowie konservatorischen Bedenken in einem multimedialen Umfeld präsentiert werden. Dabei kann die virtuelle Ausstellung ergänzend zu einer physischen Ausstellung angelegt sein, etwa zur Dokumentation und Archivierung des physischen Pendants. Oder sie ist von vornherein als Digital-Only-Ausstellung eigens für das Web konzipiert.
In beiden Fällen erhöht sich durch die Präsenz im Web die potentielle Reichweite einer Ausstellung, die nicht nur ein breites Publikum erreichen, sondern aufgrund der Niedrigschwelligkeit des Zugangs auch neue Nutzerkreise generieren kann. Darüber hinaus bieten virtuelle Ausstellungen einen weiteren Vorteil: Durch institutions- und spartenübergreifende Kooperationen sind auch neuartige Ausstellungskonzeptionen, physisch nicht realisierbare Kombinationen von Objekten und Beständen möglich. Sie eröffnen so neuen Spielraum, das digitale Kulturerbe zu vernetzen.
In der Öffentlichkeitsarbeit von Kultur- und Wissenseinrichtungen sind virtuelle Ausstellungen folglich bereits weit verbreitet. Die Deutsche Digitale Bibliothek selbst veröffentlicht seit 2014 virtuelle Ausstellungen auf ihrem Portal und das Interesse an diesem Angebot vonseiten ihrer Datenpartner nimmt seither stetig zu. Als Reaktion auf die steigende Nachfrage konnte die DDB dieses Angebot zu einem Service erweitern, der interessierten Einrichtungen die technische Infrastruktur (Software und Webspace) zur Verfügung stellt, um selbst virtuelle Ausstellungen anzulegen und zu veröffentlichen.
Abbildung: Deutsche Digitale Bibliothek (CC BY-SA 4.0)
Virtuelle Ausstellungen selbst gestalten mit DDBstudio
Wie kann DDBstudio genutzt werden?
Das Ausstellungstool DDBstudio basiert auf der Open-Source-Software Omeka, die speziell für den Einsatz in Bibliotheken, Archiven und wissenschaftlichen Sammlungen vom Roy Rosenzweig Center for History and New Media entwickelt wurde. Die Deutsche Digitale Bibliothek hat die Software für ihr neues Dienstleistungsangebot so angepasst, dass die KuratorInnen die Redaktionsoberfläche ohne Vorkenntnisse oder Schulungen bedienen können. Die einzige technische Voraussetzung für die Nutzung des browserbasierten Tools ist eine Internetverbindung. Nach der Einrichtung eines Online-Zugangs durch die DDB können die KuratorInnen ihre Ausstellung eigenständig anlegen und verwalten.
Alle bei der DDB registrierten Kultur- und Wissenseinrichtungen können das kostenfreie Angebot DDBstudio nutzen. Die Registrierung ist für eine Einrichtung weder mit Gebühren noch mit Pflichten verbunden. Weitere Informationen bietet das Portal für Datenpartner der Deutschen Digitalen Bibliothek DDBpro.2
Wie funktioniert DDBstudio?
In der Wahl des Ausstellungsthemas sind die kuratierenden Institutionen frei. Als Medium der Selbstdarstellung nach außen können sie virtuelle Ausstellungen beispielsweise nutzen, um einen speziellen Fokus auf eigene Bestände und Forschungsthemen zu richten, zu aktuellen Debatten beizutragen oder auf Jahrestage zu reagieren. Themen, Texte und Objekte sollten lediglich an die spezifischen Erfordernisse des Mediums Internet angepasst sein.
Abbildung: Deutsche Digitale Bibliothek (CC BY-SA 4.0 International)
Als wirksames Instrument des Wissenstransfers haben sich seit einigen Jahren narrative Strukturen in der Wissenschaftskommunikation etabliert. Vor diesem Hintergrund orientiert sich das Ausstellungsdesign von DDBstudio am sogenannten Scrollytelling-Format. Die Ausstellungen werden als responsive Long-Pager angelegt, die auch auf mobilen Geräten gut nutzbar sind: Der Besucher scrollt sich von oben nach unten durch eine lineare Erzählung, die durch horizontale Abzweigungen vertieft werden kann. So können mehrere Ebenen mit unterschiedlicher Informationstiefe angelegt und verschiedene Nutzergruppen adressiert werden – vom neugierigen Laien bis zum fachkundigen Besucher. Neben der intuitiven Bewegung durch die Ausstellung mittels Scrollen können die Besucher/-innen die einzelnen Inhalte über eine Navigation zudem gezielt ansteuern und sich anhand einer Fortschrittsanzeige innerhalb der Ausstellung orientieren.
Abbildung: Deutsche Digitale Bibliothek (CC BY-SA 4.0 International)
Was kann DDBstudio?
Für die individuelle Gestaltung der Ausstellungen steht den Kurator/-innen eine Auswahl verschiedener Farbthemen zur Verfügung, mit denen das Ausstellungsthema stimmig in Szene gesetzt werden kann. Darüber hinaus bietet DDBstudio acht unterschiedliche Layout-Templates an, so dass sich Texte und Objekte passend zum jeweiligen Ausstellungsnarrativ kombinieren lassen. Die Bearbeitung der Ausstellung erfolgt über eine Redaktionsoberfläche, die für DDBstudio auf eine einfache Bedienung ausgerichtet wurde. Zusätzlich führt ein Online-Handbuch Schritt für Schritt durch die Realisierung einer Ausstellung.
DDBstudio schöpft die Möglichkeiten digitaler Präsentation aus und stellt dabei das Medium in den Vordergrund: Bildschirmfüllende Grafiken, Audio- und Videomaterial, Zoomfunktion oder 3D-Ansicht, Bildung neuer ,Memes' über die Einbindung von animierten GIFs und vieles mehr. Auf vielfältige Art und Weise können die Objekte – Bilder, Videos, Audio-Clips, 3D-Objekte, GIFs – in multimedialen Geschichten arrangiert werden.
In der Ausstellungssoftware von DDBstudio werden die Objekte zunächst wie Karteikarten in einem Metadatenschema mit standardisierter Rechteauszeichnung hinterlegt. Die Verknüpfung des Objekts mit seinem Digitalisat erfolgt in einem zweiten Schritt über einen einfachen Upload der Dateien, wobei verschiedene Datenformate zugelassen sind. In der Ausstellung kann der Nutzer die Detailinformationen zu einem Objekt über eine Lightbox aufrufen.
Abbildung: Deutsche Digitale Bibliothek (CC BY-SA 4.0 International)
Ein Großteil der verwendeten Objekte sollte aus der DDB stammen. Da sich Geschichten nicht immer über diese Einschränkung erzählen lassen, können als Ausnahme oder Ergänzung auch Objekte eingebunden werden, die nicht in der DDB vorhanden sind. Die Rechteklärung liegt in diesen Fällen in der Verantwortung der Kurator/-innen.
Alle mit DDBstudio erstellten Ausstellungen werden bei der Deutschen Digitalen Bibliothek gehostet und mit einer URL öffentlich zugänglich gemacht. Durch das Einbinden der URL auf Webseiten kann die Ausstellung frei veröffentlicht werden.
Die vielfältigen Möglichkeiten der Präsentation, Kontextualisierung sowie Verknüpfung von Objekten und Informationen machen virtuelle Ausstellungen zu einem lebendigen Instrument der Wissensvermittlung. Mit dem Ausstellungstool DDBstudio bietet die Deutsche Digitale Bibliothek Kultur- und Wissenseinrichtungen die Möglichkeit, die Sichtbarkeit ihrer Bestände und Aktivitäten im digitalen Raum zu erweitern – und mit multimedialen Geschichten zu inspirierenden Entdeckungsreisen einzuladen.3
Kontakt:
Deutsche Digitale Bibliothek
Virtuelle Ausstellungen | DDBstudio
ddbstudio@deutsche-digitale-bibliothek.de
Fußnoten
1. Übersicht aller bisher veröffentlichten DDBstudio-Ausstellungen:
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/journal/ausstellungen
2. https://pro.deutsche-digitale-bibliothek.de
3. Weitere Informationen zu DDBstudio unter
https://pro.deutsche-digitale-bibliothek.de/ddbstudio