Vom Wandel der Wissensorganisation im Informationszeitalter:
Festschrift für Walther Umstätter zum 65. Geburtstag


Hrsg. Petra Hauke; Konrad Umlauf
- Bad Honnef: BOCK + HERCHEN Verl., 2006. 379 S.
(Beiträge zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft; 1)
ISBN 3-88347-248-5 Euro 21.50

Mit dieser Festschrift wird Walther Umstätter von Mitarbeitern, Studenten und Freunden des Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin anlässlich seiner Emeritierung Ende des Sommersemesters 2006 geehrt. Umstätter war von 1994 bis1997 und von 2004 bis 2006 Hochschullehrer an diesem Institut. Über seinen beruflichen Werdegang und seine Verdienste um die Bibliotheks- und Informationswissenschaft sowie seine Publikationen informieren eine Laudatio und die "Bibliographie Walther Umstätter 1978-2006", ergänzt um ein Vorwort, ein Autorenverzeichnis und eine Tabula gratulatoria.

Die Festschrift entstand im Rahmen einer Lehrveranstaltung am Berliner Institut, die im Sommersemester 2006 unter dem Titel "Von der Idee zum Buch - Durchführung eines Publikationsprojektes" unter Leitung der Mitherausgeberin Petra Hauke stand. Eine Lehrveranstaltung zum gleichen Thema anno 2004 führte zu der vielbeachteten Veröffentlichung "Bibliothekswissenschaft - quo vadis?", das 2005 im Verlag Saur München erschien.1

Mit dem Thema "Vom Wandel der Wissensorganisation im Informationszeitalter" und der Einordnung der 18 Beiträge in die Teile "Wissenschaftsorganisation im Fokus der Bibliotheks- und Informationswissenschaft" und "Wissensorganisation im Fokus der digitalen Bibliothek" ist die Lehr- und Forschungstätigkeit von Umstätter gut umrissen.

Der erste Teil enthält neun Beiträge. Sie beschäftigen sich mit den neuen Dimensionen der Bibliothekswissenschaft im 21. Jahrhundert (z.B. im Beitrag von Olaf Eigenbrodt "Herausforderung Wissensgesellschaft - Die Digitale Bibliothek zwischen Mensch, Umwelt und Politik" die geforderten Diskussionen zwischen einer informationswissenschaftlich und einer soziologisch ausgerichteten Bibliothekswissenschaft und der Erkundung der volkswirtschaftlichen Dimension der digitalen Bibliothek oder im Beitrag "Gegenwart, Zukunft und Ende der Bibliothekswissenschaft" von Ben Kaden2 Gedanken zur gesellschaftlichen Relevanz der Bibliothekswissenschaft), mit der Widerspiegelung der Szientometrie in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft, mit dem Wandel des Benutzerverhaltens in Zeiten des Internet, mit der Renaissance der kontrollierten Vokabulare sowie einem modernen, digitalen Fernstudium am Berliner Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft.

Der zweite Teil enthält ebenfalls neun Beiträge. Thematisch befassen sie sich fast ausschließlich mit Fragen der digitalen Bibliothek: Umberto Ecos Betrachtungen einer benutzerfeindlichen Bibliothek aus dem Jahr 1981 aus heutiger Sicht, der Medienbegriff medientypologisch, gütertypologisch und hinsichtlich der Nachfragestrukturen, Möglichkeiten und Grenzen des elektronischen Publizierens, die Beeinflussung der täglichen Arbeit des Bibliothekars durch das elektronische Publizieren, der Wandel bibliothekseigener Veröffentlichungen durch die Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, Informationsvisualisierung als Instrument zur Strukturierung von Rechercheergebnissen in einer digitalen Bibliothek, das Modell eines automatisierbaren syntaktischen Metathesaurus und seine Eignung für parlamentarische Thesauri im Internet, die Aufgaben für Bibliotheken und Bibliothekare im Bereich der elektronischen öffentlichen Verwaltung (e-government), die gesellschaftlichen Möglichkeiten und Auswirkungen der Nutzung neuer Technologien in den Bibliotheken Südafrikas.

Die Beiträge werden zusätzlich zur Druckausgabe auf dem Server der Humboldt-Universität Berlin unter der URL: http://www.cms.hu-berlin/de/ frei zur Verfügung gestellt.

1999 löste der Titel "Bibliothekswissenschaft in Berlin" große Erwartungen aus. Er erwies sich aber als ein Sammelsurium von vier rein zufällig verfügbaren Beiträgen zu einigen Aufgaben des Bibliothekswesens - vom deutschen Städtebuch im 16. und 17. Jahrhundert bis zur Konzeption und den Möglichkeiten des Internet. Nun verfügen wir erfreulicherweise gleich über zwei Publikationen, die sich mit künftigen Aufgaben der Bibliotheks- und Informationswissenschaft aus der Sicht des bedeutenden Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft beschäftigen: Die Umstätter-Festschrift lädt ein zum Diskutieren über die künftigen Aufgaben der Bibliotheks- und Informationswissenschaft und ergänzt und erweitert damit die eingangs erwähnte Publikation "Bibliothekswissenschaft - quo vadis?". Beide Veröffentlichungen dienen den Studierenden der Bibliotheks- und Informationswissenschaft und den in den Bibliotheken und Informationseinrichtungen tätigen Mitarbeitern als wichtiges Diskussionsmaterial über die Stellung, Aufgaben und Arbeitsweise der Bibliotheken und der Bibliotheks- und Informationswissenschaft im 21. Jahrhundert. Sie sind aber auch für Fachwissenschaftler interessant, die sich mit der Stellung der Bibliotheks- und Informationswissenschaft im Gefüge der Wissenschaftswissenschaft beschäftigen.

Apropos Wissenschaftswissenschaft: Walther Umstätter hat sich wie kaum ein anderer Bibliothekar in Deutschland mit der Stellung der Bibliothekswissenschaft in der Wissenschaftswissenschaft beschäftigt.3 Dafür sei ihm an dieser Stelle besonders gedankt. Leider gibt es keine Einführung in die neue Reihe "Beiträge zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft", deren erster Band mit dieser Festschrift vorliegt. Der Rezensent hätte gern mehr gewusst über deren Ziele, die Herausgeber und die nächsten Themen. Statt beispielsweise einer gezielten Information auf der Rückseite des Titelblatts prangt dort eine - im doppelten Sinne des Wortes - einseitige Werbung.


Anmerkungen

1 Bibliothekswissenschaft - quo vadis?: eine Disziplin zwischen Traditionen und Visionen. Programme - Modelle - Forschungsaufgaben / Hrsg. Petra Hauke. München, 2005. 480 S.

2 Der Autor nennt auf S. 44 "die Ergänzung der Bezeichnung von Institut und Studiengang an der Humboldt-Universität um die Informationswissenschaft im Herbst 2005 … ein Signal in die Richtung eines Wandels" der Bibliothekswissenschaft. Das ist Geschichtsklitterung. Die als "Institut für Bibliothekswissenschaft" 1955 gegründete Einrichtung nannte sich ab 1966 international wegweisend "Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information", und ausgerechnet in der Nachwendezeit wurde sie Anfang 1993 in "Institut für Bibliothekswissenschaft" rückbenannt!

3 vgl u.a. Umstätter, Walther: Bibliothekswissenschaft als Teil der Wissenschaftswissenschaft unter dem Aspekt der Interdisziplinarität. In: Festschrift zum 60. Geb. von Heinrich Parthey. Bielefeld, 1999. S. 146-160. - Umstätter, Walther: Bibliothekswissenschaft im Spannungsfeld von Bibliotheksgeschichte, Nationalökonomie des Geistes und Informatik. In: Das deutsche Bibliothekswesen als Aufgabe für Wissenschaft und Politik. Festschrift für Engelbert Plassmann zum 70. Geb. Wiesbaden, 2005. S. 49-65.


Anschrift des Rezensenten

Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier

Ostendorfstraße 50
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E-Mail: dieter.schmidmaier@schmidma.de