Neuheit "Keylender" und Bezahlstation - weitere Automatisierungsschritte
in der 24-Stunden-Bibliothek der Universität Karlsruhe (UB)


1 Einleitung
2 Schlüsselausleihautomat "Keylender"
3 Die Bezahlstation
4 Fazit

von Uwe Dierolf und Diana M. Tangen

1 Einleitung

Ob Sie Geld wollen, Zigaretten, Parkscheine oder DVDs, die Automation unserer Lebens­umwelt greift immer weiter um sich. Auch die 24-Stunden-Bibliothek der Universität Karlsruhe (UB) passt sich diesem Trend an. Nachdem bereits Buchausleihe und Buchrückgabe über Selbstbedienung rund um die Uhr ermöglicht wurden, gibt es jetzt in der UB eine auto­matische Garderobenschlüsselausgabe sowie einen Kassenautomaten zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Beide Anschaffungen wurden notwendig, um den reibungslosen Ablauf im Zuge der Umstellung auf die 24-Stunden-Bibliothek zu ermöglichen.

2 Schlüsselausleihautomat "Keylender"

Hintergrund der Neuregelung der Garderobenschranknutzung waren Klagen der Benutzer über ständig belegte Fächer. Zahlreiche Nutzer sahen ihren Garderobenschlüssel, den sie eigentlich nur einen Tag lang in Besitz haben durften, als ihr Eigentum an und gaben die Schlüssel entweder gar nicht oder nur intern weiter. Zwar war die Nutzungszeit begrenzt, aber es war den Bibliotheksverantwortlichen der 24-Stunden-Bibliothek im Gegensatz zur diskontinuierlichen Öffnung, bei der jeden Morgen alle Fächer neu zugeteilt wurden, nicht möglich, festzustellen, wann das Schließfach belegt und wie lange es genutzt wurde. Wie weit die interne Schlüsselweitergabe reichte, zeigte sich, als plötzlich bei einer Ebay-Versteigerung einer unserer Schrankschlüssel für ? 35 verkauft wurde. Dies lag nicht im Interesse der Allgemeinheit. Also begannen wir, unsere Schlüssel zurückzufordern, die Schränke zu räumen und uns für die 450 Schrankfächer ein angepasstes Nutzungssystem zu überlegen.

Der erste Gedanke war die Einführung einer Handausleihe, geregelt über einen RFID-Anhänger am Schlüssel. Doch bei überschlägigen Berechnungen des zu erwartenden Umsatzes und der damit einhergehenden Personalbelastung, nahmen wir davon wieder Abstand. Auch wollten wir eine problemlose Tag- und Nachtnutzung ermöglichen. Die zweite Alternative bestand im Austausch der Münzeinwurf-Verschlüsse aller Schließfächer durch Transponder-Verschlüsse mit integriertem, batteriebetriebenen RFID-Reader für die Mifare-Benutzerausweise der Uni Karlsruhe. Auch diese Lösung wurde aus verschiedenen Gründen verworfen.

Bei der gewählten Lösung, dem Keylender Schlüsselausleihautomaten, kam die Idee bei einer Anfrage der Firma Videocenter auf. Bedarf an einem CD/DVD-Ausleihautomaten hatten wir nicht, aber wenn man CDs ausleihen kann, warum dann nicht auch Schlüssel? So kam es nach kurzen, intensiven Verhandlungen zwischen der UB KA und der Videocenter GmbH sowie deren technischem Entwicklungspartner, Tesco GmbH & Co KG, zu einer Kooperation. In nur wenigen Monaten entstand die heute in der UB installierte Lösung "Keylender".

Abbildung 1: Schlüsselautomat Keylender, Front- und Innenansicht

2.1 Technische Details zum Schlüsselautomaten

Das neu entworfene Gerät ist in der Lage, maximal 600 Schlüssel, also den gesamten Schlüsselsatz der bisher aufgestellten Garderobenschränke zu verwalten, bei Aufforderung Schlüssel einer bestimmten Schrankgröße auszugeben und wieder zurückzunehmen. Dazu meldet sich der Benutzer mit seinem Bibliotheksausweis an. Der Ausleihdialog steht wahlweise in Deutsch oder Englisch zur Verfügung. Nach Wahl der benötigten Schrankgröße - groß, mittel, klein - wird der Schrankschlüssel ausgegeben.

Im Schlüsselkopf befindet sich ein aus dem medizinischen Bereich stammendes READ-Only-RFID-Tag. Die Ausgabe des Schlüssels wird auf das Ausleihkonto verbucht. Die Leihfrist beträgt weiterhin 24 Stunden. Wird der Schlüssel nicht innerhalb der Leihfrist zurückgegeben, wird der Benutzer gegen Gebühr gemahnt, und zwar an jedem Tag, egal ob Sonntag oder Feiertag, da die Bibliothek auch an diesen Tagen geöffnet ist.

Die Kommunikation des Automaten mit dem Ausleihsystem erfolgt analog dem bei den Ausleihstationen und der Rückgabestation eingesetzten Protokoll, NCIP. Hierbei handelt es sich um ein von der ANSI/NISO normiertes Protokoll. Es gilt als Nachfolger des proprietären Protokolls SIP2 der Fa. 3M. Beim Ausleihen erfolgt ein sog. CheckOut-Request ans Ausleihsystem, bei der Rückgabe wird das Benutzerkonto durch den CheckIn-Request entlastet. Jeder Schlüssel ist intern mit einer Mediennummer versehen. Außerdem besitzt er eine Fachnummer sowie die RFID-Nummer des READ-Only-RFID-Tag. Der Keylender verarbeitet also an zwei Stellen RFID-Informationen, beim Lesen der Schlüssel sowie beim Lesen der Benutzerausweise. Da beide RFID-Lösungen gänzlich andere Frequenzbereiche nutzen (KHz / MHz), kommt es zu keinen Störungen.

Intern sorgt die Robotik-Software für die Steuerung des Roboters. Die Benutzeroberfläche via Touchscreen regelt eine Windows-Software. Das System ist intern mit einer unterbrechungs­freien Stromversorgung sowie gespiegelten Platten (RAID 1) gegen mögliche Fehler abgesichert, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Das Gerät wurde außerdem gegen Manipulationen gesichert. Wie bei den CD/DVD-Videoautomaten ist der Zugang zum Gerät über eine Plexiglasscheibe versperrt.

Für das Bedienpersonal gibt es für Wartungsaufgaben zwei Zugänge, Service und Administration, die sich in ihren Rechten unterscheiden. So können z.B. Schlüssel getauscht und neu hinzugefügt werden.

Für die nächste Version der Software des Schlüsselautomaten ist geplant, die Schlüssel so auszugeben, dass der Weg vom Automaten zum Schließfach möglichst kurz ist.

Das Gerät wird unter dem Namen "Keylender" von der Firma Videocenter vertrieben. Weitere Informationen und Bilder findet man unter http://www.keylender.de.

3 Die Bezahlstation

Während der Schlüsselautomat ein extern entwickelter Prototyp ist, stellt die hier geschilderte Bezahlstation eine Eigenentwicklung der Universitätsbibliothek in Kooperation mit dem Rechenzentrum der Universität sowie dem Studentenwerk Karlsruhe dar.

Dazu nutzen wir die Geldfunktion der Universitätskarte FriCard, die auch als Bibliotheksausweis gilt und mit der in der Mensa das Essen bargeldlos bezahlt wird. Dazu muss sich ein Guthaben auf der FriCard befinden, das sich an sogenannten Aufladestationen eintragen lässt. Diese nehmen nur Geldscheine von 5 bis 50 Euro an.

Abbildung 2: Bezahlstation mit Abwerter der Fa. Maas (schwarz) und Quittungsdrucker

Fallen auf dem Ausleihkonto des Nutzers Gebühren an, sei es durch Fernleihen, Druckaufträge oder Mahnungen, so wird das Konto beim Überschreiten eines Grenzbetrags gesperrt. Der Studierende darf dann beispielsweise kein Buch mehr ausleihen. Um die Sperrung jederzeit aufheben zu können, wurden zwei Bezahlstationen aufgestellt, die auch tagsüber von den Benutzern in Anspruch genommen werden sollen, um das Personal zu entlasten. Denn die meisten Beträge, die einbezahlt werden, sind Kleinbeträge bis 10 ? .

Nach einer kurzen Übergangszeit von wenigen Wochen wird heute fast der gesamte Zahlungsverkehr über die Bezahlstationen abgewickelt. Dies hat den Vorteil, dass in der Bibliothek keine größeren Bargeldsummen mehr vorhanden sind. Es kommt somit zu einer zeitlich starken Entlastung des Personals. Außerdem wird noch ein anderer positiver Effekt beobachtet, mit dem vorher niemand gerechnet hatte. Durch den Wegfall der Handkasse wird der Geräuschpegel in der Leihstelle deutlich minimiert.

Benutzer, die die Geldfunktion auf der Bibliothekskarte nicht nutzen wollen, können nach wie vor den Betrag überweisen.

3.1 Funktionsweise der Bezahlstation

Die Software zur Ansteuerung des Maas-Abwerters konnte vom Rechenzentrum der Universität (RZ) übernommen werden, bei dem schon seit einigen Jahren die Druckkontingente bargeldlos entrichtet werden.

Die zur Benutzerführung und zur Kommunikation mit dem Ausleihsystem verwendete Software wurde von der IT-Abteilung der UB KA entwickelt. Alle Informationen werden gemäß aktuellem Stand der Technik verschlüsselt übertragen. Es findet ein zentrales Logging der Bezahlvorgänge statt, so dass ein Diebstahl oder Datenverlust der vor Ort installierten Bezahlstationen-PCs unkritisch ist. Auch erlaubt der zentrale Ansatz das Aufstellen beliebig vieler Stationen, bestehend aus PC, Abwerter und Quittungsdrucker in allen Bereichsbibliotheken der UB über den gesamten Campus verteilt. Außerdem vereinfacht dieser Ansatz den Abgleich der protokollierten Bezahlvorgänge, die die Clearingstelle "Studentenwerk" regelmäßig liefert.

Abbildung 3: Ablauf eines Bezahlvorgangs: 1. Anmeldung am PC, 2. Karte in den Abwerter einführen zur Bezahlung, 3. Karte wird wieder ausgegeben und eine Quittung gedruckt

Die Lösung der UB basiert komplett auf dem Betriebssystem Linux, kann jedoch auch unter Windows eingesetzt werden. Nach erfolgreicher Anmeldung des Nutzers mit Bibliotheksnummer und Passwort kann mit jeder beliebigen Fricard bzw. jedem Bibliotheksausweis bezahlt werden. Somit können auch Personen, die nicht genügend Guthaben auf ihrer Karte haben, sich von Freunden und Bekannten ihre Gebühren bezahlen lassen, um so rasch und zu jeder Tages- und Nachtzeit möglicherweise gesetzte (Mahn-) Sperren zurückzusetzen.

Damit selbst dieser Fall des zu geringen Kartenguthabens demnächst der Vergangenheit angehört, werden in den kommenden Monaten Aufwerter installiert, mit denen von der Geldfunktion der EC-Karte Guthaben auf den Bibliotheksausweis übertragen werden kann. Derzeit gibt es schon ein Gerät, mit dem man Bargeld auf diese Karte aufladen kann. Falls es beim Bezahlvorgang nach dem Abwerten des Betrags von der Karte zu einem Kommunikationsproblem mit dem Ausleihsystem kommt, gilt die Quittung als Beleg. Jede Quittung beinhaltet einen fälschungssicheren Hash-Code, mit dem sich die Echtheit eines Quittungsbelegs prüfen lässt. Solche Maßnahmen sind leider heutzutage erforderlich, da in der Vergangenheit schon gefälschte Kontoauszüge vorgelegt wurden, um Mahngebühren nicht entrichten zu müssen.

4 Fazit

Sowohl der Schlüsselautomat "Keylender" als auch die Bezahlstationen wurden sowohl von den Nutzern als auch vom Personal sehr positiv aufgenommen. Sie haben sich schon nach kurzer Zeit in der Praxis bewährt. Ihr Einsatz hat dazu geführt, dass fast alles vom Benutzer in Selbstbedienung rund um die Uhr erledigt werden kann.

Einzig offener Wunsch der UB wäre jetzt noch ein Ausgabegerät zur 24-Stunden-Abholung von Fernleihen.


Zu den Autoren

Dipl.-Inform. Uwe Dierolf ist Leiter der Zentralabt.3 EDV-Entwicklung und Techn. Infrastruktur der

Universitätsbibliothek Karlsruhe
Postfach 6920
D-76049 Karlsruhe
E-Mail: dierolf@ubka.uni-karlsruhe.de

Dipl.-Biol. Diana Maria Tangen

Universitätsbibliothek Karlsruhe
E-Mail: tangen@ubka.uni-karlsruhe.de