Moderne trifft Barock

Bibliotheks-Neubau hinter historischen Schlossmauern in Mannheim


Abstracts

Der Anfang
Die Konzeption
Das Wunder
Die Architektur
Die Technik
Die Ausstattung
Der Betrieb

von Norbert Horn und Gabriele Leichert

Der Anfang

Aller Anfang ist schwer. Dieses Sprichwort hat sich bei der Realisierung des Bauprojektes Bibliotheksbereich Schloss Ehrenhof der Universitätsbibliothek Mannheim wieder einmal bewahrheitet. Dass es, auch dank des großen Einsatzes des Leitenden Bibliotheksdirektors Christian Benz, zu einem guten Ende geführt werden konnte und pünktlich zum Mannheimer Stadtjubiläum im Jahre 2007 alle Wünsche, das Mannheimer Schloss - und somit auch den Bibliotheksbau - betreffend, erfüllt werden konnten, ist aber einem Umstand zu verdanken, der einem Wunder gleicht. Doch dazu später.

Das Land Baden-Württemberg hatte Interesse, auch im Mannheimer Schloss ein Museum einzurichten. Zusammen mit einer Generalsanierung sollte das Mansarddach des Schlossmittelbaus nach historischen Vorbildern als Geschenk zum vierhundertjährigen Stadtjubiläum - gleichzeitig hundertjähriges Universitätsjubiläum - wiederhergestellt werden. Die Stadt Mannheim hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Mannheimer "Kurpfalzachse" vom Schloss am Rhein durch die Quadratestadt hindurch bis hinüber zur Neckarbrücke aufzuwerten. Was bot sich besser an, als das kurfürstliche Barockschloss in seiner ursprünglichen Form wieder herzustellen und außerdem das bisher recht kleine Schlossmuseum zu erweitern. Im zweiten Weltkrieg war die Residenz des Kurfürsten Karl-Theodor (1724-1799), die nach dem Vorbild von Versailles erbaut wurde, fast vollständig zerstört worden. Die Stadtfront ist 450 Meter lang, das Gebäude umfasst sechs Hektar umbauten Raum. Nach dem Krieg wurde das Mannheimer Schloss für eine andere Nutzung wieder aufgebaut. Zunächst waren hier Behörden untergebracht, später die Wirtschaftshochschule, die 1968 zur Universität wurde. Allerdings erhielt der Mittelbau des Schlosses beim Wiederaufbau ein Dach, das nicht der ursprünglichen Form entsprach. Dieses sogenannte Notdach war ein einfaches Satteldach mit der gleichen Giebelhöhe wie die Seitenflügel.

Das Mannheimer Schloss wird heute bis auf die nach historischem Vorbild wieder erbauten Räume von der Universität genutzt. Im Mittelbau am Ehrenhof befinden sich die gute Stube des Mannheimer Schlosses, der Rittersaal mit Trabentensaal und Rotem Saal im ersten Obergeschoss sowie der Gartensaal im Erdgeschoss. Außerdem waren im Mittelturm Lehrstühle der Philosophischen Fakultät und an den Seiten die Bereichsbibliotheken für Geschichte und für Sprach- und Literaturwissenschaft untergebracht. Für das Bauvorhaben der Aufstockung und den Umbau im Inneren musste der komplette Mittelbau mit seinem Mittelrisalit und den Seitentürmen geräumt werden. Die Bibliotheken konnten nach der Fertigstellung auch nicht einfach wieder zurückziehen, denn insgesamt war eine neue Nutzung vorgesehen. Das Schlossmuseum belegt nun als Raumkunstmuseum - bis zu den Seitentürmen des Mittelbaus hin erweitert - die beiden unteren Etagen. Die Bibliotheksflächen befinden sich jetzt über die ganze Front des Mittelbaus hinweg auf der zweiten bis fünften Etage. Diese für eine Bibliothek ungewöhnliche Lage stellte für Architekten und Bibliothekare eine besondere Aufgabe dar (Abb. 1).


Abb. 1: Schloss Mannheim, Mittelbau

Die Konzeption

Die Universitätsbibliothek Mannheim befindet sich seit einigen Jahren in einem Prozess der Restrukturierung gemäß Struktur- und Entwicklungsplan der Universität, der eine Konzentration der Informationsversorgung vorsieht. Das Grundkonzept ist die einschichtige Organisationsform der gesamten Universitätsbibliothek. Die ehemals fünfzehn Bibliotheksstandorte sollen zu fünf großen leistungsstarken Bibliotheksbereichen - vier Präsenzbereichen und einem zentralen Ausleihbereich - zusammengefasst werden. Da war es folgerichtig, im Bibliotheksbereich Schloss Ehrenhof mit einer zusammenhängenden Fläche von rund 5.000 m2 mehrere fachlich zusammenpassende Bibliotheken zu vereinigen. In der Ehrenhofbibliothek ist nun die Literatur der Rechtswissenschaft, der Volkswirtschaftslehre, der Geschichte und der Wirtschaftsgeographie untergebracht. Dabei wurden auch die Spezialbestände einiger Institute, wie beispielsweise Steuerrecht oder Medizinrecht integriert. Die verdrängten Bereichsbibliotheken der Sprach- und Literaturwissenschaft konnten zusammen mit Philosophie, Psychologie und Erziehungswissenschaft in den Bibliotheksbereich A3 einziehen.

Bibliotheksbereich Schloss Ehrenhof - Hasso-Plattner-Bibliothek

Architekt:
Blocher Blocher Partners, Stuttgart

Hauptnutzfläche:
4.700 qm, barrierefrei auf mehreren Ebenen: 2. OG, 3. OG, Galerie und 5. OG im Turm

Ausstattung:
10.000 Fachbodenmeter Regale
Kapazitäten:
bis zu 330.000 Bände
Bestand 2008: 260.000 Bände
Insgesamt 500 Arbeitsplätze
davon 400 inkl. Strom- und Netzanschluss, Einzelplatzbeleuchtung und weitere 100 Plätze in 6 Gruppenarbeitsräumen, für Katalogrecherche, Schulung, in 6 Einzelarbeitskabinen, in der Lounge, auf der Leseterrasse

Kosten in Euro:
Baumittel: 18 Mio.
Erstausstattung: 1,2 Mio.

Termine:
Baubeginn: Oktober 2003
Inbetriebnahme: September 2006

Öffnungszeiten:
Mo - Fr: 8 Uhr - 24 Uhr
Sa - So, Feiertage: 10 Uhr - 24 Uhr

Der Bibliotheksbereich Schloss Ehrenhof ist eine Präsenzbibliothek. Alle Bücher sind in dieser Arbeitsbibliothek frei zugänglich. Auf allen Ebenen finden die Besucher Arbeitsplätze, die sich den Studierenden in unterschiedlichsten Gruppierungen bei den Regalzonen anbieten. Beliebt sind die Einzelarbeitsplätze auf den Galerien, teilweise mit herrlicher Aussicht zur Rheinseite oder mit Blick über die Mannheimer Innenstadt in Richtung Neckar. Andere schätzen wiederum die Plätze in den Gruppenarbeitsräumen, in denen auch diskutiert werden darf. Wenn keine Kurse stattfinden, steht das Platzangebot im Schulungsraum für alle offen. Die Leselounge und im Sommer auch die Leseterrasse laden mit unkonventioneller Möblierung zum Studieren der Zeitschriftenhefte und Zeitungen ein. Sechs abschließbare Einzelarbeitskabinen - sogenannte Carrels - stehen beispielsweise Gastwissenschaftlern oder Doktoranden zur Verfügung.

Die neue Bibliothek ist wegen ihrer Arbeitsatmosphäre und Ausstattung beliebt. Bei hoher Auslastung, wie es in Zeiten von Prüfungen und Hausarbeiten der Fall ist, sitzen die Studierenden sogar auf dem Boden zwischen den Regalen oder machen es sich in den großen Fensternischen in luftiger Höhe im Mittelrisalit zum Arbeiten bequem.

Das Wunder

"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft ...". Dieses Zitat aus dem Gedicht "Stufen" von Hermann Hesse könnte auch für so etwas Profanes wie unser Bauprojekt gelten. Der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg Gerhard Stratthaus hatte der Stadt Mannheim zwar das Geschenk der Wiederherstellung des Schlosses zum Stadtjubiläum versprochen, doch sah es zunächst nicht so aus, als ob das Projekt realisiert werden könnte. Die Planungen waren bereits durchgeführt, im vom Landtag verabschiedeten Landeshaushaltsplan 2002/2003 war das Projekt aufgenommen. Dann kam die Hiobsbotschaft aus Stuttgart. Die Steuereinnahmen brachen ein. Der Finanzminister musste bei großen Investitionen die Notbremse ziehen. Die Wiederherstellung des Mannheimer Schlosses wurde als zwar wünschenswert aber nicht zwingend notwendig im Nachtrag zum Haushaltsplan 2003 gestrichen und auf unbestimmte Zeit verschoben. Diese Nachricht führte zu einem Sturm in der regionalen und überregionalen Presselandschaft. Der Mannheimer Morgen titelte am 4. Februar 2003: "Kommt das 'Jubiläumsgeschenk' erst später?" und setzte den Kommentar "Fatales Signal" dazu. Die Universitätsbibliothek legte die Konzepte bis auf Weiteres zu den Akten.


Abb. 2: Offizielle Bauübergabe, Hasso-Plattner-Bibliothek

Und dann geschah das, was auch aus heutiger Sicht nur als Wunder bezeichnet werden kann. Hasso Plattner, einer der Mitbegründer des SAP-Konzerns, las in der Zeitung von diesem Debakel für die Mannheimer Universität und sprang mit Mitteln aus der Hasso-Plattner-Stiftung für die Universität Mannheim dort ein, wo das Land Baden-Württemberg die Lücke geschlagen hatte. Für den Bau der Bibliothek spendete er 10 Mio. €. Die Rhein-Neckar-Zeitung vom 19. Februar 2003: "Plattner rettet die Schlossbibliothek". Die Bauarbeiten konnten beginnen, das Richtfest am 13. Juli 2005 gefeiert und es zeichnete sich ab, dass auch das Schlossmuseum zum Stadtjubiläum fertig werden würde. Am Ende kamen selbst für den restlichen Innenausbau des Museums noch genügend Mittel zusammen und der Ehrenhof konnte nach historischem Vorbild neu gepflastert werden. Die Bibliotheksetagen waren Mitte 2006 ein halbes Jahr vor dem Stadtjubiläum fertig gestellt. In den Semesterferien im August begann der Einzug in die neue Bibliothek im laufenden Betrieb. Der Bibliotheksbereich war vom ersten Umzugstag an für die Studierenden geöffnet und wurde sofort gut angenommen. Nach nur anderthalb Wochen waren alle Bücher am neuen Standort eingezogen. So konnten der Betrieb bis zur offiziellen Einweihung auch von der technischen Seite her noch optimiert werden. Bei der Einweihung am 26. Oktober 2006 übergab Finanzminister Gerhard Stratthaus im Namen von Ministerpräsident Günther H. Oettinger die neue Bibliothek dann offiziell an die Universität.


Abb. 3: Die Baustelle, Entkernung

Universitätsrektor Prof. Dr. Hans-Wolfgang Arndt taufte den Bibliotheksbereich Schloss Ehrenhof auf den Namen "Hasso-Plattner-Bibliothek", denn ohne die Spende von 10 Mio. € hätte dieses Projekt nicht realisiert werden können. Universitätsrektor Prof. Dr. Hans-Wolfgang Arndt übergab die Bibliothek in einem symbolischen Akt an den Leitenden Bibliotheksdirektor Christian Benz. Die spektakuläre Innenarchitektur des Architekturbüros Blocher, Blocher, Partners (Stuttgart) für diese Bibliothek hinter barocken Fassaden wurde inzwischen auch mit der Auszeichnung "Beispielhaftes Bauen" der Architektenkammer Baden-Württemberg prämiert (Abb. 2).

Die Architektur

Für die Architekten und die Statiker war das Bauen im Bestand eines barocken Schlosses von besonderem Reiz. Die Aufgabe bestand darin, erhaltenswerte historische Bausubstanz, vor allem in den unteren für das Museum bestimmten Etagen, zu bewahren, dem Baukörper seine ursprüngliche Silhouette mit den Mansarddächern zurückzugeben und darüber hinaus in den oberen Etagen und dem Dachraum eine modernen Ansprüchen genügende Bibliothek zu realisieren. Notwendig waren der Abriss des alten Notdaches, die Entfernung der Geschossdecke über dem ersten Obergeschoss sowie eine weitreichende Entkernung.

Neben dem Bauherrn Vermögen und Bau, Baden-Württemberg, Amt Mannheim war von Universitätsseite das Baudezernat III und die Universitätsbibliothek in die Planungen und in das Baugeschehen eingebunden mit der Konsequenz, dass dieses Gebäude nicht nur aus architektonischer Sicht, sondern auch unter bibliothekarischen Gesichtspunkten als funktional äußerst gelungen zu bezeichnen ist (Abb. 3). Die Bibliotheksflächen erstrecken sich über eine Länge von mehr als 150 m über den gesamten Mittelbau, einschließlich der beiden äußeren Türme, beginnend im zweiten Obergeschoss. Darüber liegt das Dachgeschoss mit einer weiteren Ebene auf einer in den riesigen Dachraum eingestellten Galerie. Dieser Dachraum ist zweigeteilt durch den Mittelturm des Schlosses, der ab dem Niveau des Dachgeschosses ebenfalls Bibliotheksflächen bietet. Fassaden, Fensterteilung und selbst Dachneigungswinkel wurden in Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde weitestgehend wieder hergestellt. Ein Oberlichtband zur Rheinseite hin, das auch in die Galerieebene der Bibliothek Tageslicht einbringt, war das äußerste Zugeständnis an die neue Funktion des Innenraumes (Abb. 4, Abb. 5).


Abb. 4: Grundriss

Abb. 5: Unter dem Mansarddach, Galerie


Abb. 6: Im Mittelturm, abgehängte Galerien

Im Innern dagegen ist im Bereich der Bibliothek nahezu alles neu. Die moderne Stahl-Tragkonstruktion ist bewusst sichtbar. Fast spektakulär ist die Statik in den Bibliotheksräumen, denn 330.000 Bücher haben ein ordentliches Gewicht. Indem man die dicken, massiven Außenwände des Schlosses zur Lastabtragung nutzt, konnten über dem zweiten Obergeschoss extrem starke Stahlverbundträger (90 cm hoch und 18 m lang) eingebracht werden, die das Dachgeschoss mitsamt der eingestellten Galerieebene tragen. Im östlichen Teil tragen diese sogar noch die Regale des darunter liegenden zweiten Obergeschosses, die an der Decke aufgehängt wurden. Dies war notwendig, da man die Bestandsdecken der darunter liegenden historischen Räume erhalten wollte.

Für Baufachleute und Laien noch bemerkenswerter sind die beiden vom Dach des Mittelturmes komplett abgehängten Galerieebenen, die über der ebenfalls kaum belastbaren Decke des historischen Rittersaales schweben. Dies ist durch den großzügig bemessenen, über alle drei Ebenen reichenden Luftraum über der Leselounge gut sichtbar (Abb. 6).

Die Erschließung der Bibliothek musste wegen der zentralen Lage des barocken Treppenhauses über die beiden Treppenhäuser an den Flanken des Mittelbaus erfolgen, die man vom Ehrenhof aus erreicht. In Inneren des Bibliotheksbereichs liegen in Nähe der Eingangszonen im westlichen und östlichen Bereich jeweils eine Treppe und ein Aufzug. Sie verbinden alle drei Bibliotheksebenen (2. OG, 3. OG oder Mansardgeschoss und Galerieebene, entsprechend 4. OG) miteinander. Das 2. OG ist im Bereich des Mittelturms unterbrochen, da der Rittersaal mit seinem hohen Luftraum bis unter das 3. OG reicht. Ein Verbindungsgang zwischen der Längswand des Rittersaals und dem historischen Treppenhaus ermöglicht jedoch die Passage zwischen West- und Ostteil für die Bibliotheksbenutzer, die dabei spektakuläre Ausblicke in das barocke Treppenhaus direkt unterhalb der bemalten Decke genießen können - ein gelungener Kontrast zur modernen Ausstattung der Bibliothek. Die außergewöhnliche Höhe des Rittersaals ist auch Grund für die versetzte Geschosshöhe im Mittelturm. Mittels Rampen sind trotzdem alle Bibliotheksflächen barrierefrei zu erreichen, die drei Ebenen des Mittelturms haben zwei weitere Treppenhäuser sowie einen eigenen Aufzug. Der Lounge im Mittelturm in Richtung Stadtseite vorgelagert wurde eine Außenterrasse eingerichtet, welche den Benutzern bei guter Witterung zum Lesevergnügen "open air" zur Verfügung steht. Die beiden Außentürme des Bibliotheksbereichs dienen im Osten zur Unterbringung der Verwaltungsräume, im Westen sind ein Veranstaltungsraum und Gruppenarbeitsräume eingerichtet.

Die Technik

Hinter der barocken Fassade steckt eine Menge moderner Technik. Die Unterbringung dieser umfangreichen Haustechnik war anspruchsvoll. Da das Dach dafür nicht zur Verfügung steht, wurden Teile wie Elektrozentrale und Kühlung unterirdisch im Ehrenhof bzw. hinter dem Gartensaal untergebracht. Die Lüftungszentrale wurde zweigeteilt unter den Dächern der beiden äußeren Türme installiert.

Sicherheitstechnik

Die Offenheit im Gebäude wird als atmosphärisch angenehm empfunden. Die Eingangszonen sind im Ganzen transparent verglast, die Treppenhäuser im Bibliotheksbereich liegen weitgehend frei, beim Fahren mit einem der ebenfalls verglasten Aufzüge behält man den Überblick. Im Dachraum bieten sich schöne Perspektiven über beide Ebenen hinweg bis unter den teilverglasten Giebel.

Trotzdem genügt diese großräumige Innenarchitektur modernsten Auflagen des Brandschutzes. Spricht einer der im ganzen Haus verteilten Rauchmelder an, werden damit an Brandabschnitts-Übergängen offen gehaltene Türen automatisch geschlossen und im 2. OG werden die Treppenaufgänge durch elektrisch gesteuerte Brandschutz-Vorhänge abgeschottet. Die Mansardenfenster im 3. OG und Teile der Dachverglasung können ferngesteuert zum Zweck des Rauchabzuges geöffnet werden. Für den Mittelturm gelten noch strengere Auflagen, da er mit bis zu 30 Metern Höhe unter die Hochhausrichtlinien fällt. Hier wurde eine moderne Feuerlöschanlage installiert, deren Sprinkler in der Lage sind, unter hohem Druck einen Wassernebel zu erzeugen. Dadurch werden Folgeschäden durch Wasser stark gemindert.

Klimatechnik

Selbstverständlich wurde die neue Dachkonstruktion wieder mit dem typischen schwarzen Schiefer eingedeckt. Dadurch wurde eine Klimatisierung des Lesesaal-Bereiches notwendig. Zu diesem Zweck wurden Kühldecken eingebaut, speziell im Dachraum sind diese Elemente gut zu erkennen. Die so erzeugte "Strahlungskühlung" von oben sorgt für recht gleichmäßige Temperaturen über alle Ebenen hinweg. In der kühlen Jahreszeit wird dieselbe Anlage zum Heizen benutzt. Die Belüftung erfolgt im Dachraum durch doppelte Fußböden in Form von "Quellluft", erkennbar ist dies an den seitlich geschlitzten Sockelböden der Bücherregale.

Lichttechnik

In die Verglasung des Oberlichtbandes unter dem Giebel sind Lamellen eingebracht, deren spezielle Oberflächen die Wärme nach außen zurückreflektieren, jedoch sehr viel vom Tageslicht einlassen. Die Größe und der Stellwinkel dieser Lamellen wurden für dieses Bauobjekt computerberechnet, damit konnte die direkte Sonneneinstrahlung ganzjährig auf ein Minimum reduziert werden. Dieses Lichtband, aber auch die übrige von Lichtplanern entwickelte künstliche Beleuchtung gibt diesem Bibliotheksbereich eine besondere Atmosphäre. Besonders die Regalbeleuchtung setzt Maßstäbe, auch die untersten Fachbodenreihen werden noch sehr gut ausgeleuchtet. Durch den Einsatz von indirektem Licht wird an vielen Stellen die Innenarchitektur betont und der Bereich der inneren Treppenhäuser wird durch facettenartige Metall-Reflektoren sehr gleichmäßig ausgeleuchtet. Die Leseleuchten der 400 Arbeitsplätze sind mit modernster LED-Technik ausgestattet. An jedem Arbeitsplatz finden die Nutzer auch Steckdosen für Strom und Datennetz.

Die Steuerung vieler Funktionen, wie Beleuchtung, Stromversorgung der Arbeitsplätze, Überwachung der Notausgangstüren usw. ist möglich über Touch-Screen-Tableaus an den Theken. Eine Mediensicherungsanlage und Installationen zur Zutrittskontrolle, Funk-LAN in allen Räumen oder auch die Möglichkeit zur Videoüberwachung bestimmter Bereiche runden die Palette der Haustechnik ab.

Die Ausstattung

Das Architekturbüro Blocher, Blocher, Partners wurde auch mit der Innenausstattung beauftragt und so wirkt der ganze Bibliotheksbereich "wie aus einem Guss". Die Vertreter der UB hatten selbstverständlich bei der Auswahl der Möbel und Regale und der Wahl der Materialien und Farben ein Mitspracherecht.

Als Bodenbelag dominiert ein roter Teppichboden, kombiniert mit schwarzem Naturstein-Belag in den Eingangs- und Verkehrszonen. Die anteilig großen Teppichflächen waren vor allem aus Gründen der Raumakustik notwendig. Im Dachraum vermittelt die Birkenholz-Verkleidung eine edle Optik. Ein weiterer Werkstoff Acryl setzt im gesamten Innenraum in vier wechselnden Farbtönen zusätzliche Akzente. Diese dezent schimmernden Acrylplatten wurden in den Schließfachanlagen, an den Theken, in den inneren Treppenaufgängen und an den Stirnseiten der Regale eingesetzt - im Ganzen ein gelungener Kompromiss, der sowohl dem Anspruch des barocken Schlosses gerecht wird als auch die Generation der Studierenden anspricht.

Insgesamt verfügt die Bibliothek über rund 500 Arbeitsplätze. Etwa 400 sind als Standardarbeitsplätze mit Ausstattung für multimediales Arbeiten ausgerüstet, meist in großflächigen Tischgruppen zu vier oder sechs Plätzen. Aber auch in die Fensternischen und Geländer der Galeriebegrenzungen wurden viele Einzelarbeitsplätze integriert. Die übrigen 100 Arbeitsplätze verteilen sich auf die Bereiche mit Sonderfunktionen, wie die Katalogrecherche in den Eingangszonen, den Schulungsraum, die sechs Gruppenarbeitsräume sowie sechs komfortabel ausgestattete Carrels auf der Galerie West. Die Designer-Möbel der Lese-Lounge im Mittelturm des Schlosses sind aus wetterfestem Material und können zur Sommerzeit auch auf der Leseterrasse eingesetzt werden. Diese über dem Rittersaal gelegene Basis-Ebene des Mittelturms ist noch in anderer Weise flexibel nutzbar: die nur thekenhohen Birkenholz-Möbel für die Präsentation der Print-Zeitschriften sind auf Rollen montiert und können für Veranstaltungen leicht verlagert werden. Bei den Stühlen für die Arbeitsplätze konnte sich die Bibliotheksleitung durchsetzen, die besonderen Wert auf guten Sitzkomfort legte und so wurden komfortable Drehstühle beschafft. Dies kommt dem Anspruch zugute, dem eine Arbeits- und Präsenzbibliothek mit entsprechend langer Verweildauer ihrer Nutzer gerecht werden muss.

In Zusammenarbeit mit den Architekten wurde auch das dezente aber dennoch effektive Beschriftungs- und Leitsystems ausgewählt.

Der Betrieb

Wer heute die Hasso-Plattner-Bibliothek betreten möchte, hat die Wahl zwischen zwei Eingängen. Durch die Lage im zweiten Obergeschoss ist ein zentraler Eingang in der Mitte nicht möglich. Der Bibliotheksbereich hat, wie die drei anderen Bibliotheksbereiche mit Präsenznutzung, täglich bis 24 Uhr geöffnet. In der Hauptnutzungszeit von acht bis neunzehn Uhr sind beide Eingangstheken besetzt, in den Abendstunden bis Mitternacht sowie an Wochenenden und Feiertagen ist nur der Westeingang geöffnet. Im Durchschnitt wird die Hasso-Plattner-Bibliothek täglich in den ruhigeren Zeiten von rund 1000 Besuchern und in Prüfungszeiten von bis zu 2000 Besuchern betreten. Gelegentlich wurden über 500 gleichzeitig anwesende Personen gezählt. Selbst am Samstagabend arbeiten hier oft mehr als 100 Studierende. Ein Grund für diese Besucherzahlen sind neben dem guten Arbeitsplatzangebot sicherlich auch die Arbeitsbedingungen und die Ausstattung mit Kopierern und einem neuen, für die Nutzer kostenlosen Hochleistungsscanner. Neben den Aufsichtstheken in den Eingangsbereichen gibt es im Mittelrisalit auf der Zeitschriftenebene an zentraler Stelle die Fachauskunft, die mit turnusmäßig wechselndem Fachpersonal aus dem Bibliotheksteam besetzt ist. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat regelmäßig Auskunftsdienst, so dass alle direkten Kontakt zu den Bibliothekskunden haben.

Die Hasso-Plattner-Bibliothek wird teamorientiert geführt. Die Teamleitung ist für die Organisation des geregelten Bibliotheksbetriebes zuständig. Das bedeutet auch, dass prinzipiell alle Aufgaben von jedem zumindest vertreten werden können. Die Medien werden gemeinsam bearbeitet, unabhängig von der fachlichen Zugehörigkeit. So gibt es auch in Urlaubszeiten kaum lange Wartezeiten bei der Bearbeitung. Die Buchaufstellung der aktuellen Zugänge, aber sukzessive auch retrospektiv, erfolgt wie in den anderen Präsenzbibliotheksbereichen nach Regensburger Verbundklassifikation (RVK), die an der UB Mannheim bereits vor dem Einzug in die Ehrenhofbibliothek eingeführt wurde. Inzwischen sind in diesem Bibliotheksbereich mehr als ein Drittel aller Bestände nach RVK aufgestellt. Insgesamt sind Regalflächen für die Aufstellung von etwa 300.000 Bänden vorhanden, die derzeit mit rund 270.000 Bänden gefüllt sind.

Der Lohn aller Anstrengungen zeigt sich insbesondere dadurch, dass die Universitätsbibliothek Mannheim beim Bibliotheksindex (BIX) im Jahre 2007 zum Sieger in der Kategorie der einschichtigen Universitätsbibliotheken gekürt wurde. Mit ausschlaggebend für die Serviceverbesserungen, die in der Universitätsbibliothek Mannheim realisiert werden konnten und die zum ersten Rang im BIX beitrugen, war nicht zuletzt der Bibliotheksbereich Schloss Ehrenhof - die an zentraler Stelle des Schlosses mitten im Campus der Universität Mannheim gelegene Hasso-Plattner-Bibliothek.


Autor

Norbert Horn

Universitätsbibliothek Mannheim
Abteilungsleiter Verwaltung, Haushalt, Technik
norbert.horn@bib.uni-mannheim.de
http://www.bib.uni-mannheim.de


Autorin

Gabriele Leichert

Universitätsbibliothek Mannheim
Verwaltung, Haushalt, Technik und Ref. für Öffentlichkeitsarbeit
gabriele.leichert@bib.uni-mannheim.de
http://www.bib.uni-mannheim.de