Die Nationalbibliothek der Republik Belarus in Minsk

Neue Form – neuer Inhalt

Abb. 1: Gesamtansicht des Neubaus Abb. 2: Ansicht von Süden Abb. 3: Nächtliche Illumination mit beleuchteten Lesesälen; Blick von Norden Abb. 4: Ansicht von Norden mit Haupteingang und Denkmal des Erstdruckers Franzisk Skaryna Abb. 5: Eingangsportal Abb. 6: Foyer/Atrium Abb. 7: Lesesaal Abb. 8: Atrium-Regalzone mit Buchausgabe Abb. 9: Kompaktmagazin


1. Das entwickelte Bibliothekarswesen der Republik Belarus
2. Die Nationalbibliothek in Minsk
3. Konventionelle und elektronische Ressourcen
4. Hauptbereiche
5. Fazit

von Roman Stepanovitsch Motulskij und Dietmar Kummer

1. Das entwickelte Bibliothekarswesen
der Republik Belarus

Die Republik Belarus (Weißrussland) hat eine leidvolle, wechselhafte Geschichte: Sie war litauischen, polnischen und russischen Eroberungen ausgesetzt. Schon im ersten Weltkrieg besetzten deutsche Truppen Minsk und der Nazi-Überfall auf die Sowjetunion von 1941 – 1943 verursachte in der Belorussischen SSR riesige materielle Schäden und ca. 25 % der Bevölkerung kamen ums Leben bzw. wurden, wie die gesamte jüdische Bevölkerung, ermordet. Städte, Dörfer und Infrastruktur wurden vernichtet und Bibliotheken und Bildungseinrichtungen zerstört.

Nach der Befreiung von der deutschen Besatzung begann ein entbehrungsreicher Wiederaufbau und dabei auch die Errichtung eines flächendeckenden Netzes von Bibliotheken (www.nlb.by). Vor allem in Minsk wurden die Nationalbibliothek (Abb. 1), die Universitätsbibliothek, die Bibliothek der Akademie der Wissenschaften, die Regierungsbibliothek (seit 1994 die Präsidentenbibliothek) und die Medizinische Zentralbibliothek wieder aufgebaut und die Zentralen Fachbibliotheken für Landwirtschaft, Pädagogik, Sport und Technik errichtet (www.goethe.de/ins/by/min/lks/bib/deindex.htm). In weiteren städtischen Zentren des Landes wurden – in Brest, Gomel, Witebsk, Grodno, Minsk und Mogiljow – Gebietsbibliotheken errichtet. Die Statistik für 2006 weist 4145 öffentliche Bibliotheken und 259 Kinderbibliotheken aus.

Die knapp zehn Millionen Einwohner des Landes wurden durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 besonders stark betroffen. 1991 erlangte Belarus seine volle Souveränität wieder, blieb aber eng mit Russland und der russischen Sprache verbunden. 1995 wurde ein Bibliotheksgesetz erlassen, auf dessen Basis sich das Netz der Bibliotheken festigte (Motulskij in: Bibliothek, Forschung und Praxis. 22(1998) Nr. 2).

Russland erschließt die Verbindungen der belorussischen Wissenschaft zum Weltnetz der Informationen und russische Bücher und Zeitschriften tragen zur Formierung leistungsfähiger Bibliotheken in Belarus bei.

Für Informationsvermittlung, Studium und Bildung ist heute der Zugang zum Internet unentbehrlich. Alle größeren belorussischen Bibliotheken sind im Netz präsent und fördern das fortschreitende Anwachsen nationaler Inhalte im Internet (http://opac.bas-net.by/opacpage/corp_net. html).

2. Die Nationalbibliothek in Minsk

Die Nationalbibliothek der Republik Belarus (Abb. 2) ist die wichtigste wissenschaftliche Universalbibliothek des Landes, sie ist das nationale soziokulturelle und Informationszentrum und die führende Einrichtung in den Bereichen Bibliothekswissenschaft, Bibliographiewissenschaft, Buchwissenschaft sowie Methodisches und Koordinationszentrum für alle Bibliotheken der Republik Belarus. Die Nationalbibliothek ist einer der Mitbegründer des internationalen Berufsverbandes Nichtkommerzielle Partnerschaft „Bibliotheksvereinigung Eurasien“ und des Belarussischen Bibiliotheksverbandes (www.nlb.by – aktuell Informationen über die Bibliothek). Die Nationalbibliothek entwickelt und realisiert eine Reihe internationaler und nationaler Programme und Projekte und organisiert große internationale wissenschaftliche Konferenzen zu aktuellen Fragen der Bibliotheksarbeit.

Die unumstritten große Bedeutung der Information für die Entwicklung der modernen Gesellschaft und die Rolle der Nationalbibliothek bei ihrer Informationsversorgung waren entscheidend für den im Mai 2002 vom Präsidenten des Landes, Alexander G. Lukaschenko, gefassten Beschluss, das schon einige Zeit von der Stadt Minsk vorbereitete Gebäude für die Nationalbibliothek der Republik Belarus errichten zu lassen.

Der Bau ist aus staatlichen Mitteln finanziert worden. Gleichzeitig haben viele Unternehmen, juristische und private Personen aus dem In- und Ausland Geld auf ein Spendenkonto der Bibliothek überwiesen. Alle Werktätigen des Landes beteiligten sich mit einem Tageslohn am Bau der Nationalbibliothek und so war das Bauvorhaben zu einem nationalen Projekt mit großer sozialer Bedeutung geworden, das in Rekordzeit realisiert wurde.

Die städtebauliche Planung sah für das neue Gebäude die Schaffung eines seiner zentralen Bedeutung entsprechenden Kunstwerks in Form eines Reliefs vor (Abb. 3). Nach der Idee der Projektplaner sollte durch die Architektur allen Fassaden eine Feierlichkeit verliehen und ein gleichmäßiger Rundblick auf das Gebäude ermöglicht werden. Die Höhe des Gebäudes und das stadtplanerische Größenkonzept wurden unter Berücksichtigung der harmonischen Integration der Bibliothek in das Stadtbild bestimmt. Heute ist die Nationalbibliothek einer der wichtigsten architektonischen Akzente der Stadt Minsk.

Von außen ähnelt das Bibliotheksgebäude einem kugelartigen mit Glas bedeckten Polyeder, der an einen ideal facettierten Diamanten erinnert. Dieser Eindruck verstärkt sich durch den unteren Teil des Geb?udes – den Stylobat.

Das Denkmal des weißrussischen Erstdruckers Franzisk Skaryna (1486-1541), das vor der Hauptfassade errichtet worden ist (Abb. 4), harmoniert mit dem Eingangsportal der Bibliothek (Abb. 5). Die monumentalen Flächen des Eingangsbereiches sind aus nicht geschliffenem hellem Granit in Form eines aufgeschlagenen Buches geschaffen. Dort finden wir Flachreliefs, auf denen die Entwicklung der slawischen und Weltschrift dargestellt wird, die in ein großzügiges Foyer führen (Abb. 6), in dem sich auch die Buchausgabe befindet (Abb. 8).

Das Einzigartige an der Bauidee der Bibliothek besteht darin, dass das Magazin im oberen Teil des Gebäudes untergebracht ist (Abb. 9), während sich die Lesesäle darunter befinden (Abb. 7). Der Polyeder hat 60 m Durchmesser, was Kompaktheit bei der Aufbewahrung und Operativität bei der Auslieferung der Medien ermöglicht.

Zur Minimierung der Wirkungen von Temperaturenwechsel und Schaffung optimaler Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen ist ein Teil des Magazins nach dem Prinzip eines Thermobehälters gebaut: im Kreisumfang befinden sich an den äußeren Wänden technische Korridore, die eine isolierende Luftschicht schaffen.

Oben (im 25. Stock) auf der Kugel befindet sich eine Aussichtsplattform, wohin die Gäste mit einem Panoramaaufzug fahren können (s. Aufriss weiter unten).

Die Versorgung und Sicherheit des Gebäudes (Versorgungssysteme für kaltes und warmes Wasser, Heizung, Lüftung, Klimaanlage, Kältesystem, Staubentsorgung, Energieversorgung, Telefon- und Computerverbindung, Fernsehen usw.) wird durch mehr als 20 moderne technische Ausrüstungssysteme gewährleistet, die in einem programmtechnischen Komplex miteinander verbunden sind. Die Bedienung erfolgt von einer Steuerungszentrale aus.

Für die Gewährleistung der Sicherheit der Besucher und Mitarbeiter und für die Erhaltung des Buchbestandes sowie der Gebäudeausrüstung ist die Bibliothek mit einer Reihe von Sicherheitssystemen ausgerüstet, zu denen unter anderem Alarm-, Feuermelde-, Diebstahlsignalanlage, Zugangskontrolle und Videoüberwachung gehören.

Die Erstellung von Informationsressourcen und die Informationsvermittlung an die Nutzer erfolgen durch IT-Systeme, die der Automatisierung aller Bibliotheks- und Informationsprozesse dienen. Außerdem ermöglichen die IT-Systeme die zentrale Stellung der Nationalbibliothek als Telekommunikations- und Informationsknoten im Bibliotheksnetzwerk des Landes.

Die technische Basis des IT-Systems bilden über 100 Server und 1400 Computer (hauptsächlich „Thin-Client“-Terminals), die in einem lokalen Netz verbunden sind. Störungsfreie und sichere Arbeit wird durch zwei Serverzentren ermöglicht (ein Haupt- und ein Reservezentrum), die räumlich voneinander entfernt sind. Die komplexe Automatisierung der inneren und äußeren Bibliotheks- und Informationsprozesse der Nationalbibliothek erfolgt durch die Integration aller Teilsysteme des IT-Systems.

Baudaten

Bauherr: Stadt Minsk, Abt. Stadtentwicklung

Architekten: Viktor Kramarenko und Michail Vinogradov, Abt. Stadtentwicklung Stadt Minsk

Baubeschluss: 2002 Präsident Alexander G. Lukaschenko

Finanzierung: Staatliche Mittel, Sponsoren, das ganze Land (alle Werktätigen einen Tageslohn)

Baukosten: Ca. 200 Mio. Dollar

Bauzeit: 36 Monate

Eröffnung: 16. Juni 2006

Denkmal gegenüber dem Bibliothekseingang: belarussischer Erstdrucker Franzisk Skaryna (1486 – 1541)

Bestandteile des Baukörpers:
Stylobat – Basisgebäude; glasverkleideter Polyeder – Magazin;
separater Aufzugsturm – Panoramalift bis zur Aussichtsplattform auf der 23. Etage

Höhe des Gebäudes: 73,67 m

unterirdischer Teil: 15 m

Polyederdurchmesser: 60 m

Kompaktmagazinvolumen: 14 Mio. Bestandseinheiten

Thermoisolierung: technische Lüftungskorridore zwischen den Außenwänden und den Kompaktmagazinanlagen

Gesamtfläche des Gebäudes: 113.669 m2, darunter für Bestandsaufbewahrung: 54.960 m2

Gesamtmasse: 140.000 t

Bauvolumen des Gebäudes: 420.558 m3, darunter für Bestandsaufbewahrung: 200.580 m3

Lesesäle: 19

Lesesaalplätze: 2060

Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 21 Uhr, Sa und So 10 – 18 Uhr; vom 01.07 – 31.08. So geschlossen

IT-Netz: 130 km

Server: über 100

automatisierte Arbeitsplätze für Personal und Benutzer:
über 1500, hauptsächlich Client-Terminals

Polyederoberfläche: farbig wechselnd beleuchtbar mit Werbefläche

Medientransport: Teleliftsystem mit 65 Containern auf 900 m

Regale: 4450 stationäre und 1397 mobile, insgesamt mehr als 145.000 m

Lifte: 19 (einschließlich Panoramalift zur Aussichtsplattform)

Garderobe: 2000 Besucher- und Benutzersafes

Strukturierung der Bibliothek nach gesonderten Zugängen:
1. Bibliothek: Administrativer Bereich, Servicebereich, Versorgungsbereich, soziokultureller Bereich; 2. Präsidentenzentrum

Aufriss der Nationalbibliothek Belarus

Leitung / Strukturen / Lesesäle

1. Anschrift
Nationalbibliothek von Belarus
Prospekt Nesawisimosti 116
BY-220114 MINSK
Republik Belarus
inbox@nlb.by
Fax (+375-17) 290-37-06

2. Leitungsstruktur
(www.nlb.by – über die Bibliothek, Struktur der Bibliothek)

  • Direktor: Prof. Dr. päd. habil. Motulskij, Roman Stepanowitsch
  • Stellvertreter des Direktors für wissenschaftliche Arbeit und Verbindung zur Öffentlichkeit: Kiruchina, Ludmila Gennadewna (Bibliothekswissenschaftliche Forschung, Buchwissenschaftliche Forschung, Verlag sowie soziokulturelles Zentrum: kulturelle Darbietungen, Ausstellungen, Verbindungen zur Öffentlichkeit und zum Ausland)
  • Stellvertreter des Direktors für die Formierung der Informationsressourcen: Kusminitsch, Tatjana Wasilewna (Bestandsaufbau, bibliographische Erfassung, Indexierung, Schriftenarchiv, Magazine, Konservierung und Restaurierung)
  • Stellvertreter des Direktors für die bibliothekarische Informationsvermittlung: Dolgopolowa, Elena Eremejewna (Benutzung, Informationsvermittlung, Auskunft, Benutzerbetreuung, Benutzung von Spezialbeständen, offiziellen Dokumenten, Fernleihe)
  • Stellvertreter des Direktors für technologische und Informationsentwicklung: Tschernow, Sergej Iwanowitsch (Sicherung der IT-Programme, technische Betreuung des komplexen informationstechnologischen Systems, sowie Informationszentrum: Betreuung des Internetportals, Informationsanalyse zu Kultur und Kunst, Entwicklung problemorientierter IT-Produkte, elektronische Bearbeitung der Bestände, Korporative Zusammenarbeit, bibliothekarische Informationstechnologie)
  • Stellvertreter des Direktors für Ökonomie und Verwaltung: Kasperowitsch, Stanislaw Bronislawowitsch (Planung, Arbeitsorganisation, Verwaltung, gebäudetechnische Systeme, materiell-technische Sicherung, Bewachungs- und Sicherheitssystem, Haushaltwirtschaft, Brandschutz, Kesselhaus, Sport-, Gesundheits- und Erholungsbereich)
  • Wissenschaftlicher Sekretär: Kapirina, Alisa Alexandrown

    3. Abteilungen

  • Allgemeine Abteilung
  • Rechtsabteilung und Personalabteilung
  • Buchhaltung
  • Ökonomieplanungsabteilung
  • Steuerungs- und Sicherungsabteilung
  • 44 Fachabteilungen

    4. Personal
    1300,5 Mitarbeiter (01.01.2008), davon:72,5% Mitarbeiter mit Hochschulbildung,
    16,8% mit Schulabschluss (technische Mitarbeiter/ Servicepersonal),
    8,1% Fachschulabsolventen, 2,6% mit technischer Fachausbildung.
    Mitarbeiter mit wissenschaftlicher Graduierung:
    1 Prof. Dr. päd. habil., 8 Doktoren (Kandidat nauk).
    Altersstruktur: 40% unter 30 Jahren, 40% 30 – 50 Jahre, 20% über 50 Jahre.
    77% aller Mitarbeiter sind Frauen.

    5. Struktur der Lesesäle
    (www.nlb.by über die Bibliothek – Lesesäle)

  • Allgemeiner Lesesaal
  • Periodikalesesaal
  • Lesesaal für Spezialisten mit höherer Ausbildung
  • Zentraler Bestand an Nachschlagewerken
  • Katalogsaal
  • Saal zur bibliographischen Informationsvermittlung
  • Lesesaal der belorussischen Literatur
  • Dissertationenlesesaal
  • Wissenschaftlicher Lesesaal
  • Lesesaal für Doktoren der Wissenschaft
  • Lesesaal der Rechtsinformation
  • Lesesaal für Dokumente internationaler Organisationen
  • Lesesaal für Dokumente kleiner Auflage
  • Ausstellung der Neuzugänge
  • Internetzentrum
  • Lesesaal der Noten und Tondokumente
  • Lesesaal für Kunstdokumente
  • Lesesaal der Bild- und Videodokumente
  • Lesesaal der Handschriften, alten und seltenen Bücher
  • 3. Konventionelle und
    elektronische Ressourcen

    Eine der wichtigsten Aufgaben jeder Bibliothek ist der qualitative und operative Aufbau des Bestandes. Der Bestand der Nationalbibliothek besitzt vor allem historisch-kulturellen Wert. Heutzutage zählt er über 8,4 Millionen Einheiten und bildet den grundlegenden Dokumentenfonds des Landes. Der Inhalt des Bestandes ist allumfassend, dazu gehören gedruckte Ausgaben, Handschriften, Mikrofilme, elektronische und andere Materialien aus dem In- und Ausland. Die Nationalbibliothek von Belarus ist ein Zentrum der Depositar-Aufbewahrung von Dokumenten der UNO, der UNESCO, des Europarates, der OSZE, der Weltbank. Zu den Schätzen der Nationalbibliothek gehören Sammlungen von Handschriften, Altdruckbüchern, seltenen und wertvollen Büchern und Archivdokumenten (www.nlb.by – Informationsressourcen, Bestände und Sammlungen).

    Die elektronischen Ressourcen umfassen mehr als 100 erworbene und selbst erstellte Datenbanken. Seit 2007 wird in der Bibliothek eine neue polythematische Datenbank „Belarus: Geschichte und Gegenwart“ erstellt. Außerdem wird in der Bibliothek an weiteren Datenbanken gearbeitet, z.B. „Die Geschichte von Belarus“, „Belarussische Kultur und Kunst“, „Tschernobyl“, „Belarus in Biografien und Ereignissen“, „Elektronisches Archiv nationaler Periodika“, „Elektronische Bibliothek der Dissertationen“, „Nationalbibliothek in den Massenmedien“ u.a.m. Einige Arbeitsergebnisse stehen auch als Publikation der Nationalbibliothek auf CD-ROM zur Verfügung (www.nlb.by – Informationsressourcen, Elektronische Ausgaben).

    Seit einigen Jahren wird in der Nationalbibliothek die retrospektive Konversion aller vorhandenen Ressourcen mit dem Ziel der Erstellung einer Elekronischen Bibliothek durchgeführt. Die Bibliothek entwickelt sich zu einem Informationsportal, das allen Bürgern der Republik Belarus sowohl den Zugang zu nationalen und internationalen Informationsquellen, als auch den Zugang aus dem Ausland zur Information über die Republik Belarus und ihre Errungenschaften in verschiedenen Bereichen ermöglicht (portal.nlb.by – auch in Russisch und Englisch). Diese neuen Möglichkeiten tragen zur planmäßigen Integration der Nationalbibliothek in die globalen Informationssysteme der Welt bei. Die korporative Zusammenarbeit mit Bibliotheken und Informationszentren ermöglicht den Übergang auf eine qualitativ neue Ebene der Bibliotheks- und Informationsdienstleistungen.

    Der Status der Nationalbibliothek bestimmt auch das Ziel der Bibliotheks- und Informationsdienstleistungen, und zwar operative, vollständige und qualitätsvolle Befriedigung der Bedürfnisse der Nutzer durch Einsatz moderner Technologien und Netzwerkzusammenarbeit mit anderen Bibliotheken und Informationszentren in der Welt. Besonderer Wert wurde bei der Projektierung des Bedienungssystems auf eine komfortable und informationsreiche Atmosphäre gelegt, die die tiefgehende, ungestörte Arbeit jedes Lesers und die aktive Nutzung der multifunktionellen Bereiche ermöglicht.

    4. Hauptbereiche

    Die Bibliothek kann in drei Bereiche geteilt werden:

    Hauptbenutzungsbereich sind drei Etagen des Basisgebäudes „Stylobat“. Im ersten Stock des „Stylobat“ befinden sich der allgemeine Lesesaal (411 Plätze) und der Lesesaal für Leser mit Universitätsausbildung (375 Plätze), der Periodika-Saal, die Fernleiheabteilung und die Ausgabeabteilung. Im zweiten Stock befinden sich acht Lesesäle: der Lesesaal für belarussische Literatur, der Dissertationensaal, der wissenschaftliche Lesesaal, der Lesesaal der Doktoren der Wissenschaft, der juristische Lesesaal, der Lesesaal für Dokumente der internationalen Organisationen, der Lesesaal für Neuerwerbungen, der Lesesaal für Drucksachen in Kleinauflagen. Hier befindet sich auch das Internetzentrum. Der Lesesaal für kunstwissenschaftliche Publikationen und der Lesesaal für Handschriften, seltene und Altdrucksachen liegen im dritten Stock.

    Die meisten Lesesäle sind zu Komplexen mit einem gemeinsamen Foyer verbunden. Hier sind Ausleihtheken, Stände für bestellte Publikationen und auch geschlossene Bereiche der Nebenbestände untergebracht sowie die Zettelkataloge und die Zugänge zum OPAC. Schnelle Suche und Bestellung von Medien kann man also in den Foyers erledigen, ohne den Lesesaal betreten zu müssen. Literatur für den Lesesaal muss man aber bestellen, da keine Freihandbestände aufgestellt sind.

    Die Zahl der Sitzplätze für jeden Lesesaal wurde entsprechend seinem jeweiligen Profil und dem potenziellen Besucherstrom bestimmt. In der Bibliothek können gleichzeitig 2060 Nutzer bedient werden. Jeder fünfte Arbeitsplatz ist automatisiert durch 450 Computer und eine Reihe multifunktioneller Zusatzgeräte.

    Das im Gebäude angesiedelte Präsidentenzentrum, zu dem ein Präsidentenbüro, Sitzungsräume und ein internationales Pressezentrum gehören, ist über einen gesonderten Eingang erreichbar. Hier finden vor allem internationale Treffen und Konferenzen statt.

    Das neue Gebäude hat auch ungewöhnliche Perspektiven für die Entwicklung der soziokulturellen Tätigkeit der Bibliothek geschaffen. Zu dem soziokulturellen Zentrum der Bibliothek gehören ein Konferenzsaal mit 490 Plätzen und Bühne, ein Galerienkomplex, das Buchmuseum, die Aussichtplattform und ein Wellness-Zentrum.

    In der Bibliothek werden große Kultur- und Bildungsveranstaltungen durchgeführt, an denen Vertreter der diplomatischen Missionen, Regierungsorganisationen und gesellschaftlichen Berufsorganisationen aus verschiedenen Ländern teilnehmen. Die einzigartige Architektur und die originellen technischen Lösungen machen die Nationalbibliothek zu einem Anziehungspunkt f?r viele Touristen aus dem In- und Ausland.

    Nacht für Nacht illuminieren farbige Lichtspiele auf dem Polyeder der Nationalbibliothek die Stadt Minsk (www.youtube.com/watch?v=OTFg7jO0sFo).

    5. Fazit

    Die Nationalbibliothek von Belarus ist eine einzigartige Einrichtung, die in sich Funktionen eines Informations-, soziokulturellen und soziopolitischen Zentrums vereint. Dabei ist ihr Haupttätigkeitsbereich nach wie vor die Formierung des intellektuellen Potenzials der Gesellschaft und die Schaffung von notwendigen Bedingungen für die Integration von Belarus in den globalen Informations- und Kulturraum (vgl. Motulskij, The National Library of Belarus in: IFLA Journal 33(2007) Heft 4, S. 327-334).


    Die Autoren

    Prof. Dr. päd. habil Roman S. Motulskij

    Direktor der Nationalbibliothek der Republik Belarus Minsk

    Nationalbibliothek von Belarus
    Prospekt Nesawisimosti 116
    BY-220114 MINSK
    Republik Belarus
    direktor@nlb.by


    Prof. Dietmar Kummer

    Emeritus HTWK Leipzig
    2004-05 Gastprofessor am Institut Kultury Taschkent Usbekistan

    Stuttgarter Allee 18
    04209 Leipzig
    rudoskar@primacom.net


    Übersetzerin: Irina Gerassimowitsch

    gerassimowitsch@mail.ru
    im Auftrag des Goethe-Instituts Minsk
    info@minsk.goethe.org

    Die Autoren bedanken sich für die große Unterstützung und logistische Hilfe durch das Goetheinstitut Minsk (Leiterin: Dipl.-Bibl./Leipzig und Dipl.-Bibl. Univ./Berlin Kathrin Ostwald-Richter, Bereichsleiter Information und Bibliothek: Alexander Nasartschuk)