14. Februar 2025
  WEITERE NEWS
Aktuelles aus
L
ibrary
Essentials

In der Ausgabe 10-2024/1-2025 (Dez. 2024/Jan. 2025) lesen Sie u.a.:

  • Open Investing in wissenschaftlichen Bibliotheken
  • Forschungsdaten gemeinsam gestalten: das Stabi Lab in Berlin
  • Die EU-KI-Verordnung: wegweisende Regeln für vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz
  • Ein Balanceakt: ethisches Dilemma der KI in der Hochschulbildung
  • Ungenutztes Potenzial oder riskanter Trend? Verdeckte KI-Nutzung in wissenschaftlichen Veröffentlichungen
  • Warum die Indizierung von zurückgezogenen Publikationen zum Problem wird
  • Klassische Medien auf dem Abstellgleis bei Jugendlichen
  • Warum Gen Z kaum noch Bücher liest
  • Zwischen Sichtbarkeit und Bedeutung: die Rolle der digitalen Kuratierung bei OpenScience während der Pandemie
  • USA: Wissenschaftliche Bibliothekare organisieren sich gegen drohende Kürzungen und den Abbau öffentlicher Bildung unter der kommenden Trump-Administration
  • Makerspaces: kreative Lernräume in wissenschaftlichen Bibliotheken
  • Wie KI antike Texte lesbar macht
  • Fachzeitschriften von Massenrücktritten der Redaktionen betroffen
u.v.m.
  fachbuchjournal

Schenkung einer seltenen Luther-Bibel an die Badische Landesbibliothek

Im zweyten Evangelischen Jubel-Jahr 1717 gedruckt
Eine seltene Luther-Bibel bereichert die Badische Landesbibliothek

Dank der großzügigen Schenkung des Karlsruher Rechtsanwalts Gerhard Baer hat die Badische Landesbibliothek eine seltene Luther-Bibel erhalten. Sie wurde zum Reformationsjubiläum 1717 in Nürnberg gedruckt und ist eine besonders prächtige Ausgabe der berühmten „Kurfürsten-bibel“. Dieses wohlerhaltene Exemplar der für die heimische Bibellektüre hergestellten Bibel wurde über 172 Jahre hinweg ununterbrochen im Besitz der Familie Baer überliefert.

Gerhard Baer hat die 8,1 kg schwere Bibel von seinem Vater Rudolf geerbt, der nach dem Ersten Weltkrieg als Pfarrer in Gondelsheim tätig war. Dieser wiederum hatte sie von seinem Vater Mathias Baer übernommen, der als Gutspächter in Gemmingen ansässig war. Und dieser hatte die Bibel von seinem Onkel Samuel Bär, Gutspächter in Bruchhausen bei Heidelberg, dessen zwei unverheiratete Töchter keine Nachkommen hatten. Die Baers sind nach dem Dreißigjährigen Krieg als mennonitische Flüchtlinge aus der Schweiz in den Kraichgau gekommen, die Familie lässt sich dort über Gerhard Baers Ururgroßvater Peter und seinen Urururgroßvater Heinrich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen.

Samuel Baer, der nach Mitteilung seiner Töchter in der Bibel 1886 einem Schlaganfall erlag, hat auf der Rückseite des Titelblattes vermerkt, dass er die Bibel 1846 gekauft hat. Bis zum Druck-jahr 1717 zurück lässt sich die Besitzgeschichte nicht verfolgen. Vermutlich ihr erster Besitzer war Franz Ludwig Müller, der sie 1721 in einen robusten, schwarz-braun eingefärbten Schweins-ledereinband binden ließ. Die Buckeln auf den vier Ecken sichern den Band gegen Abrieb und die zwei Riemenschließen schützen den Buchblock gegen Schmutzeintrag. Müller hat seinen Namen und das Buchbindejahr in das Deckelleder prägen lassen.

Den Namen „Kurfürstenbibel“ verdankt die großformatige Bibel den ihr beigegebenen elf Port-rätstichen sächsischer Fürsten und Kurfürsten aus der Reformationszeit. Die Druckerei Endter in Nürnberg erhielt 1641 von Ernst dem Frommen, Herzog von Sachsen-Gotha, den Auftrag zum Druck einer revidierten Luther-Bibel. Der Herzog wollte in seinem vom Dreißigjährigen Krieg verwüsteten Land die Bildungsverhältnisse grundlegend verbessern und trieb in diesem Zusammenhang das Projekt einer neuen, allgemein verständlichen Bibeledition voran. Die in der Karls-ruher Bibel vorliegende Textfassung stammt von dem Nürnberger Pfarrer Johann Michael Dil-herr. Diese Bibelversion war außerordentlich populär, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde sie in etlichen Auflagen immer wieder neu gedruckt und überallhin verbreitet. Die sächsischen Herrscher, die seit der Reformation auch die Oberhäupter der jeweiligen Landeskirchen waren, werden zwischen Titelblatt und Bibeltext jeweils ganzseitig abgebildet und mit einem Lebenslauf vorgestellt.

Zur Bildausstattung dieser Ausgabe gehört auch ein ganzseitiges Bildnis Martin Luthers in sei-nem Studierzimmer, hinter sich an der Wand die Porträts seiner Eltern und seiner Frau Katharina von Bora. Nicht nur der Gelehrtenfleiß – auch das Bild gewordene Familienbewusstsein machen den Reformator zum Vorbild für die Leser seiner Bibel. Das Blatt wurde 1717 eigens für diese Ju-biläumsausgabe produziert. Der wissbegierige Leser wird außerdem mit einer chronologischen Lebensbeschreibung des Reformators versorgt.

Außerdem enthalten sind 144 Textholzschnitte nach Kupferstichen von Johann Jakob von Sandr-art. Sie haben Beischriften, die in Reimform moralische Belehrung erteilen. So steht über der Darstellung von Adam und Eva die Erklärung: „Die schone Heva kam / aus einer von den Rieben des Adams / da er schlief / wie solt er sie nicht lieben?“ Und die Moral davon? „Man sieht / wie ofter GOTT / das Gut im Schlaf bescher: Ein fromm Weib ist was Guts / verdienet Lob und Ehr.“ Für eine Bibel mit dem Anspruch, den Lesern nicht nur die richtige Bibelkenntnis, sondern auch die richtigen sittlichen Werte zu vermitteln, waren dieser Bilder von großer Bedeutung.

www.blb-karlsruhe.de