29. März 2024
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In der Ausgabe 2/2024 (März 2024) lesen Sie u.a.:

  • „Need to have”
    statt „nice to have”.
    Die Evolution
    der Daten in der Forschungsliteratur
  • Open-Access-Publikationen: Schlüssel zu höheren Zitationsraten
  • Gen Z und Millennials lieben
    digitale Medien UND Bibliotheken
  • Verliert Google seinen Kompass?
    Durch SEO-Spam werden
    Suchmaschinen zum Bingospiel
  • Die Renaissance des gedruckten Buches: Warum physische Bücher in der digitalen Welt relevant bleiben
  • KI-Halluzinationen: Ein Verwirrspiel
  • Die Technologie-Trends des Jahres 2024
  • KI-Policies und Bibliotheken: Ein globaler Überblick und Handlungsempfehlungen
  • Warum Bücherklauen aus der Mode gekommen ist
u.v.m.
  fachbuchjournal
Ausgabe 6 / 2023

BIOGRAFIEN
Vergessene Frauen werden sichtbar

FOTOGRAFIE
„In Lothars Bücherwelt walten magische Kräfte.“
Glamour Collection, Lothar Schirmer, Katalog einer Sammlung

WISSENSCHAFTSGESCHICHTE
Hingabe an die Sache des Wissens

MUSIK
Klaus Pringsheim aus Tokyo
Ein Wanderer zwischen den Welten

MAKE METAL SMALL AGAIN
20 Jahre Malmzeit

ASTRONOMIE
Sonne, Mond, Sterne

LANDESKUNDE
Vietnam – der aufsteigende Drache

MEDIZIN | FOTOGRAFIE
„Und ja, mein einziger Bezugspunkt
bin ich jetzt selbst“

RECHT
Stiftungsrecht und Steuerrecht I Verfassungsrecht I Medizinrecht I Strafprozessrecht

uvm

Lehrbuchmarkt in Deutschland schrumpft drastisch

Studierende und Lehrende an Hochschulen in Deutschland kaufen immer weniger Lehr- und Studienbücher. Mit der Ausweitung lizenzfreier Nutzungen von Werkauszügen durch das Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz (UrhWissG) hat sich der Umsatz- und Absatzrückgang in den letzten drei Jahren deutlich verstärkt. Das ist das Ergebnis des ersten umfassenden Lehrbuchmonitorings, das Verlagsberater Dr. Bertram Salzmann im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels auf Basis des Handelspanels von Media Control erstellt hat.

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins:

„Das Ergebnis der Erhebung ist katastrophal. Es belegt die dramatischen Auswirkungen der Änderungen im Urheberrecht auf den wissenschaftlichen Publikationsmarkt, vor denen wir die Bundesregierung gewarnt hatten. Wenn Autor*innen hochwertiger Lehrmedien und ihren Verlagen immer weiter Umsätze wegbrechen, wird es ihnen unmöglich, Material von hoher Qualität anzubieten. Studierende und Lehrende sind aber in den meisten Studiengängen darauf angewiesen, dass ihnen Auszüge aus hochwertigen Lehrmedien in digitalen Semesterapparaten und Lehrbücher für das Eigenstudium zur Verfügung stehen. Wenn deren Inhalte von den Hochschulen nicht zu angemessenen Bedingungen im Markt erworben, sondern aufgrund gesetzlicher Vorschriften lizenzfrei genutzt werden, wird es davon aber immer weniger und in manchen Fächern schon bald gar keine mehr geben. Da die Bundesregierung die im Gesetz verankerte Befristung der wichtigsten Regelungen des UrhWissG überraschend vorzeitig aufgehoben hat, ohne die ausdrücklich vorgesehene Evaluierung abzuwarten, sehen wir nun das Ausmaß der Entwicklungen, ohne gegensteuern zu können. Auch im Interesse der Studierenden und Lehrenden in Deutschland appellieren wir an eine künftige Bundesregierung, die notwendigen Korrekturen vorzunehmen und faire Rahmenbedingungen wiederherzustellen, unter denen Verlage und Autor*innen vielfältige, hochwertige und zielgruppengerechte wissenschaftliche Lehrwerke anbieten können.“

Die Ergebnisse im Detail

Umsatz und Absatz von gedruckten und digitalen Lehrbüchern sind in den letzten drei Jahren deutlich zurückgegangen:

Markt der Lehrbücher:
Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr

201820192020
Umsatz-5,93%-7,57%-8,74%
Absatz-6,57%-10,64%-11,35%

(Quelle: Media Control)

Einen kleinen Teil der Absatzrückgänge konnten Verlage durch Preisanpassungen auffangen. Der Durchschnittspreis eines Lehrbuches verteuerte sich so von 31,03 Euro (2017) auf 33,27 Euro (2020). Um die vorliegenden Absatzrückgänge vollständig zu kompensieren, wäre eine Steigerung der Durchschnittspreise über den Analysezeitraum nicht von sieben, sondern von über 20 Prozent nötig gewesen – was den Studierenden aber nicht zumutbar gewesen wäre.

In seiner Analyse geht Dr. Bertram Salzmann davon aus, dass der Rückgang zum einen durch Veränderungen im Studienverhalten, zum anderen durch die zunehmende kostenlose Nutzung von Werkauszügen im Rahmen urheberrechtlicher Schrankenregelungen hervorgerufen wird. Für den Umfang der Auszugsnutzungen gibt es von Hochschulen keine konkreten Daten. Salzmann schätzt aber, dass jährlich mehr als 14 Millionen Auszüge aus Lehrbüchern und Zeitschriftenartikeln für Zwecke der Forschung und Lehre unter Schrankenregelungen genutzt werden. Bereits seit 2003, als mit dem nun abgelösten Paragrafen 52a des Urheberrechtsgesetzes erste kostenlose Nutzungen von Werkauszügen möglich wurden, sind die Umsätze mit Lehrmedien deutlich zurückgegangen, laut Angaben von Marktteilnehmern um bis zu 30 Prozent. Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung zeigen, dass sich der Umsatzrückgang seit der Ausweitung der lizenzfreien Nutzungen durch das UrhWissG 2018 beschleunigt hat.

Datenerhebung

Grundlage der Erhebung sind ca. 42.900 Lehrbücher von 340 Verlagen. Dabei wurden Publikationen erfasst, die für den Einsatz im Zusammenhang mit Veranstaltungen des akademischen Unterrichts konzipiert sind und die ihren Markt nahezu ausschließlich in den entsprechenden Zielgruppen (Studierende und Lehrende an Hochschulen) haben. Mehr zur aufwändigen Aufbereitung der Datenbasis ist in der vollständigen Auswertung des Monitorings nachzulesen. Die Umsatz- und Absatzdaten stammen aus dem Handelspanel Media Scope* Buch von Media Control.

Hintergrund UrhWissG

Das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz trat am 1. März 2018 in Kraft. Es erweitert u.a. die Möglichkeiten für Lehrende an Hochschulen, Studierenden Auszüge aus digitalen oder gedruckten wissenschaftlichen Werken und Lehrbüchern zur Verfügung zu stellen, ohne dass ihre Hochschulen dafür Lizenzen zu angemessenen Bedingungen einholen müssen. Die wesentlichen Vorschriften des Gesetzes waren ursprünglich bis 2023 befristet, um ihre Auswirkungen auf den Markt überprüfen zu können. Zu diesem Zweck hatte der Börsenverein 2018 das Monitoring der Lehrbuchverkäufe aufgesetzt. 2021 wurden die Regelungen überraschend entfristet, ohne eine Evaluierung abzuwarten.

Downloads

Die vollständige Auswertung des Lehrbuchmonitorings und die Stellungnahme des Börsenvereins im Rahmen der öffentlichen Konsultation zur Evaluierung des Bildungs- und Wissenschaftsurheberrechts finden Sie unter:
https://www.boersenverein.de/politik-positionen/urheberrecht/#c23934