Geboren wurde er 17. 10 1941 in Heidelberg. 1962, nach dem Abitur am Bunsen-Gymnasium, begann er sein Studium auch in Heidelberg. Vom WS 62/63 bis WS 70/71 studierte er Geschichte, Politische Wissenschaften und Germanistik an der Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin. 1971 legte er die Prüfung für das Lehramt an Gymnasien ab, 1973 die Staatsprüfung für den höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken. Seine bibliothekarische Laufbahn begann 1971 mit der Referendarzeit an der UB Heidelberg. Als er am 1. 3. 1974 als wissenschaftlicher Angestellter in der Abteilung Literaturdokumentation des Instituts für Dokumentation, Information und Statistik des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg eingestellt wurde, war sein Aufgabengebiet typisch für jene Zeit: Thesaurus und Systematiken hieß in West und Ost der Ruf, denn die EDV hatte unser Aufgabengebiet voll ergriffen.

So arbeitete er mit beim Aufbau der Systematik für die Onkologie sowie bei maschinellen Verfahren zur Generierung von Relationen im zu erstellenden Thesaurus. Typisch auch für jene Zeit: Auswertung von Informationsdiensten (z.B. Sabir-C, ASCA, CAC), und damit war auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Zentralbibliothek und anderen Bibliotheken bei der Erstellung von Bibliographien in Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Programm am DKFZ verbunden. Aus der Zusammenarbeit mit der Zentralbibliothek wurde - nach Umstrukturierung am DKFZ - dann dort sein neues Tätigkeitsfeld. Rolf-Peter Kraft baute die Informationsvermittlung auf und aus. Auch hier kann ich wieder auf das Zeittypische verweisen: Externe Datenbanken, in-house CD-ROM und schließlich heute Zugang über das WorldWideWeb bildeten sein Arbeitsgebiet.

1986 wurde er mit der kommissarischen Leitung der ZB betraut. Ab März 1995 führte er mit dem gegenwärtigen komm. Leiter der Bibliothek, Dr. H. Metzler, die Amtsgeschäfte gemeinsam. Schwerpunkte blieben die Informationsvermittlung, aber auch - besonders in den letzten Jahren - die Umstellung auf eine elektronische Bibliothek. Erfolgreich führte er ein Bibliothekssystem der dritten Generation ein. Die Einbeziehung sowohl weltweiter Datenbanken und immer mehr auch elektronischer Journale für die bessere und raschere Information der Wissenschaftler des DKFZ waren ihm außerordentlich wichtig. Schon als die Krankheit seine Bewegungsfähigkeit drastisch einschränkte, arbeitete er an seinen Zielen weiter, denn so wie wir - seine Freunde und Kollegen - glaubte er an Heilung.

Rolf-Peter Kraft war nicht nur Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken, er war auch durch seine Diskussionsbeiträge und Vorträge auf Bibliotheks- und IuD-Tagungen immer geschätzt. Seit der Maueröffnung kannte ich ihn. Er war da, als es galt den "Neuhinzugekommenen" die Hand zu reichen, ihnen den Weg in die Bibliotheks- und Informationswelt des Westens zu zeigen. Mit seinen überlegten Worten und seiner warmen Stimme hat er mich sofort "eingenommen".

In meinen Publikationen nehme ich gern als Rahmen für Information und Dokumentation den neutestamentlichen Text: "Im Anfang war das Wort" (Joh. 1,1). Einen etwas "weltlicheren Rahmen", der nichts anderes sagt, ist in einem wunderschönen Poster in der DKFZ-Zentralbibliothek zu finden. Als ich 1994 zum ersten Mal an seinem Arbeitsplatz war, bat ich Rolf-Peter Kraft um das Poster, das heute noch an unserer Bibliothekstür hängt: "Wissenschaft heißt miteinander reden". Dieser Text (in vielen Sprachen), stand immer über unserer Beziehung. Ich habe ihn über den Nachruf gestellt. Er wird den Schatten des Todes überwinden und als Vermächtnis weiterleben auch wenn uns Rolf-Peter Kraft fehlen wird.

Im Namen seiner Freunde und Kollegen