Kooperation der Österreichischen Zentralbibliothek für Medizin mit Silverplatter Information und ASOG beim Betrieb
von Mag. Bruno Bauer
1. Partner beim Betrieb des medizinischen ERL-Datennetzes 1.1 Österreichische Zentralbibliothek für Medizin
Die Österreichische Zentralbibliothek für Medizin <http://www.univie.ac.at/ZBMed> ist mit einem Bestand von ca. 540.000 Bänden und ca. 2.100 laufend gehaltenen Zeitschriften und Serien die größte medizinische Fachbibliothek in Österreich. Ihr Sammelschwerpunkt liegt auf der für die wissenschaftliche Forschung und Lehre erforderlichen Literatur sowie sonstigen Informationsträger auf dem Gesamtgebiet der Medizin und ihrer Grenzgebiete in möglichster Vollständigkeit. Ergänzend zu den von den Universitätsbibliotheken wahrgenommenen Aufgaben werden - im Rahmen der budgetären Möglichkeiten - die Bedürfnisse der medizinischen Fakultäten der Universitäten Graz und Innsbruck durch enge Kooperation berücksichtigt.
An den drei genannten Fakultäten betreuen 3.028 Professoren und Assistenten (davon 577 in Graz, 613 in Innsbruck und 1.838 in Wien) insgesamt 19.504 Studenten (davon 4.732 in Graz, 3.669 in Innsbruck und 11.103 in Wien).
Unter den interuniversitären Dienstleistungen der Österreichischen Zentralbibliothek für Medizin ist insbesondere das von der Bibliothek betriebene ERL-Datennetz hervorzuheben. Bereits 1990 gelangten medizinische Fachbibliographien auf CD-ROM an der damaligen Fakultätsbibliothek für Medizin an der Universität Wien, der Vorgängerinstitution der heutigen Zentralbibliothek, zum Einsatz. Von Anfang an kam dabei der Datenbank MEDLINE als der wichtigsten medizinischen Fachbibliographie eine besondere Bedeutung zu. Um insbesondere den Zugriff auf diese Datenbank zu verbessern, wurde ein leistungsfähiges CD-ROM-Datennetz für die medizinische Fakultät an der Universität Wien errichtet und in den folgenden Jahren laufend weiterentwickelt. 1996/97 erfolgte der Umstieg auf die ERL-Technologie und es kam zu ersten Kooperationen mit der Universitätsbibliothek Graz und der Universitätsbibliothek der Veterinärmedizinischen Universität Wien bei der Benutzung einzelner Datenbanken.
Seit Mai 1998 bietet die Österreichische Zentralbibliothek für Medizin MEDLINE, die wichtigste medizinische Datenbank, in einer landesweiten Lizenz den Angehörigen aller österreichischen Universitäten über das von ihr betriebene ERL-Datennetz an. Als ERL-Datenserver wurde von der Zentralbibliothek im Herbst 1999 eine SUN Enterprise 450 angeschafft. In den vergangenen drei Jahren wurde das medizinische ERL-Datennetz dank der Unterstützung von zwei kompetenten Partnern ständig weiterentwickelt und der Recherchekomfort für die Nutzer laufend verbessert. Mit PASCAL BIOMED und EMBASE: Evidenced Based Medicine wurden für zwei weitere Datenbanken landesweite Lizenzen erworben.
1.2 Silverplatter Information
Die 1985 gegründete Firma SilverPlatter Information <http://www.silverplatter.com> ist ein weltweit agierendes Unternehmen im Bereich der Informationstechnologie. SilverPlatter verfügt über zwei Hauptniederlassungen in Boston bzw. London sowie zahlreiche Regionalbüros (z.B.: Paris, Amsterdam, Berlin, Bologna, Hongkong, Madrid, Sydney) und wird weltweit von einem Netzwerk aus mehr als 200 Distribution Partners repräsentiert.
Die Kooperation der Österreichischen Zentralbibliothek für Medizin mit SilverPlatter geht zurück in die Anfangsphase des CD-ROM-Einsatzes an der Bibliothek, als die Datenbank MEDLINE in einer Version dieser Firma, für eine Einzelplatzstation, angekauft wurde. Anlässlich der Installation eines CD-ROM-Netzwerkes, zunächst ausschließlich für MEDLINE konzipiert, wurden im Herbst 1992 drei Anbieter zu Testinstallationen eingeladen. Eine von der Bibliothek einberufene Expertenkommission, bestehend aus EDV-Beauftragten der medizinischen Institute und Kliniken, gab damals eine Empfehlung für die SilverPlatter-Version ab. Die Richtigkeit dieser Entscheidung wurde durch laufende Verbesserungen und Erweiterungen der Software eindrucksvoll bestätigt. Die Software ist bei SilverPlatter Bestandteil der Datenbanksubskription, es entstehen keine zusätzlichen Lizenzkosten.
Die Datenbanksuchsoftware SPIRS (SilverPlatter Information Retrieval System) kann sowohl am Einzelplatz als auch im Netzwerk verwendet werden und führt sowohl bei der einfachen als auch bei der Expertensuche zu treffsicheren und umfassenden Ergebnissen. Es besteht die Möglichkeit zur Suche mit den Bool'schen Operatoren und mit benachbarten Worten, zur Wildcard-Suche bei verschiedenen Schreibweisen, zur Worttrunkierung, zur automatischen Suche aus dem Index sowie zur Auswahl und Suche mit dem kontrollierten Vokabular direkt aus dem Thesaurus der Datenbank.
Neben den genannten Vorzügen begünstigte insbesondere die Entwicklung der Netzwerksoftware Electronic Reference Library (ERL-Technologie), seit 1996 an der Zentralbibliothek im Einsatz, deren Etablierung als österreichisches bibliographisches Kompetenzzentrum für Medizin.
Als wichtige Vorteile erwiesen sich die Zugriffsmöglichkeit auf den ERL-Server durch die Unterstützung des TCP/IP-Protokolls über Internet, die Reduktion der Datenlast im Netzwerkverkehr durch eine echte Client/Server-Architektur, das Angebot eines optimalen Zugriffs auf den ERL-Server für sämtliche wichtigen Plattformen (MacSPIRS, WinSPIRS, WebSPIRS), die Möglichkeit, verschiedene Datenbanken miteinander zu verknüpfen und in den ausgewählten Datenbanken eine gemeinsame Abfrage durchzuführen, sowie die mit ERL möglich gewordene Optimierung der Datenbankverwaltung durch exakte Statistiken über die Auslastung einzelner Datenbanken.
1.3 ASOG GmbH
Gleichzeitig mit der 1993 getroffenen Entscheidung für das Produkt der Firma SilverPlatter kam auch das von der in Wien ansässigen Firma ASOG GmbH <http://www.asog.co.at> präsentierte Konzept des Datenbanknetzes zum Zug.
Die 1989 gegründete Firma ASOG ist eine der beiden österreichischen SilverPlatter Distribution Partners. Sie beschäftigte sich zunächst mit der Entwicklung von Datenbankapplikationen für den medizinischen Bereich, ehe sie sich auf den Bereich der wissenschaftlichen Datenbanken spezialisierte. Neben dem Vertrieb von Datenbanken erwarb sich ASOG vor allem bei der Installation und Wartung von Datenbanknetzen Kompetenz, sodass sie heute zahlreiche wissenschaftliche Institute, Krankenhäuser und Industriebetriebe zu ihren Kunden zählt.
Im Rahmen eines jeweils für ein Jahr laufenden Servicevertrages wurden auch die Wartung und die Weiterentwicklung des Datennetzes an ASOG übertragen. Alle erforderlichen Updates der Datenbanken werden von ASOG durchgeführt, wobei für umfangreiche Datenbanken (BIOSIS, MEDLINE, PsycINFO) wöchentlich neue Daten über QUIKdata vom SilverPlatter ftp-Server bezogen werden. Die Servicierung umfasst auch die Upgrades der ERL-Software, der Hardware und sämtliche ERL-Administratorfunktionen, vom Management und der Kontrolle der Zugriffe, der Verwaltung von Lizenzen, dem Erstellen von Statistiken bis zur Sicherheitskontrolle durch IP-Checking. Besonders wichtig ist eine hohe Verfügbarkeit der Server, deshalb erfolgen Datenbankinstallationen und -upgrades während des laufenden Betriebes.
Das ERL-Datennetz als österreichisches Kompetenzzentrum für Medizin | |||||
Ö ZB Medizin | UB Graz | UB Innsbruck | UB Linz | UB Vet.- med. Univ. | übrige Univ. |
BEAST CD 2) | |||||
EMBASE 2) | EMBASE 2) | ||||
EMBASE: Evidence Based Medicine 1) | |||||
MEDLINE Advanced 1) | |||||
FSTA 2) | |||||
PASCAL BIOMED 1) | |||||
PSYCINFO 2) | PSYCINFO 2) | ||||
PSYNDEX 2) | PSYNDEX 2) | PSYNDEX 2) | |||
TOXLINE 2) | |||||
VETCD 2) |
3. Bedeutung des medizinischen ERL-Datennetzes Durch die ERL-Technologie kommen die Österreichische Zentralbibliothek für Medizin und die kooperierenden Bibliotheken der Zielvorstellung von der Bibliothek als One-Stop-Shop einen großen Schritt näher. Ausgehend vom medizinischen ERL-Datennetz kann der Nutzer im Anschluss an Recherchen in den bibliographischen Fachdatenbanken, wie MEDLINE, PASCAL BIOMED, EMBASE, durch direkte Links weitere Bibliotheksangebote in Anspruch nehmen, die ihn zum gewünschten Volltext führen. Die beteiligten Bibliotheken können dabei je nach Bedarf individuelle Anpassungen für die eigene Institution vornehmen.
3.1 Elekronische Volltextzeitschriften
Mit der Funktion des SilverLinkers besteht die Möglichkeit, elektronische Volltextzeitschriften zu integrieren. Von der Recherche in der bibliographischen Datenbank kann über das Internet direkt zum elektronischen Volltextartikel gesprungen werden, falls die Bibliothek für die Benutzung der Zeitschrift einen Lizenzvertrag mit dem entsprechenden Verlag abgeschlossen hat. SilverLinker besteht aus mehr als zwei Mio. Links zu Artikeln in mehr als 6.500 Fachzeitschriften. Von 5.480 MEDLINE-Titeln sind bereits 1.396 in SilverLinker aufgenommen, darunter 315 Zeitschriften von Science Direct, 146 von Springer, 53 von Kluwer und 38 von Highwire.
3.2 OPAC
WebLink ermöglicht die Einbindung des lokalen Bibliothekskataloges. Durch Betätigen des Buttons "Österr. Verbundkatalog" wird durch einen dynamischen Link bei jedem Record aus den SilverPlatter-Datenbanken zum vorkonfigurierten ALEPH OPAC verzweigt. Dort wird zur Laufzeit, also auf Knopfdruck, mit dem OPAC verbunden und mittels ISSN/ISBN nach den entsprechenden Einträgen im OPAC recherchiert. Der OPAC antwortet mit einer Resultat-Seite, die innerhalb von WebSPIRS erscheint, und zeigt die eingetragenen Bestandsinformationen (Standort, Jahrgänge etc.) an.
3.3 Document Delivery
Beim angezeigten bibliographischen Zitat kann der Benutzer durch Betätigen des Buttons "Order" über einen Link einen Dokumentenlieferdienst mit der Lieferung des Originaldokuments beauftragen; diese Option kann von der Bibliothek auf bestimmte Lieferdienste oder die eigene Bibliothek eingeschränkt werden. Mit der Aktivierung des "Order"-Buttons werden die Bestelldaten automatisch aus den Datenbank-Records des gewünschten Zeitschriftenartikels übernommen.
3.4 Aktuelle Verbesserungen
Während die Vorgängerversion WebSPIRS 4.2 durch eine erhöhte Systemgeschwindigkeit gekennzeichnet war, bietet WebSPIRS 4.3 darüber hinaus neue Konfigurationsoptionen. Diese ermöglichen dem Administrator die individuelle Anpassung der Suchoberfläche an die Nutzerbedürfnisse und eine stärkere Hervorhebung der Rolle der Bibliothek als jener Institution, welche durch Lizenzverträge die Recherchen in Datenbanken erst möglich macht. Als neue Konfigurationsoptionen zu nennen sind u.a. die Wahl zwischen Text- und Buttondarstellung der Links zu Bibliotheksbeständen und Dokumentenlieferdiensten; die Option, im Hauptsuchfenster Suchtipps sowie Links zu Webseiten der eigenen Bibliothek anzubieten; konfigurierbare Logouts zu bibliotheksspezifischen Webseiten, unabhängig von der Startseite; mehrere Startoptionen von WebSPIRS - in einem separaten oder im originalen Browser-Fenster oder auch nur von einer bestimmten Webseite aus.
4. Zukünftige Perspektiven für das medizinische ERL-Datennetz Im Bereich der Fachbibliographien hat sich die Österreichische Zentralbibliothek für Medizin seit Jahren als Leitstelle medizinischer Fachinformation etabliert; sie betreibt den größten ERL-Datenserver des Landes, auf dem wichtige von der Firma SilverPlatter produzierte, medizinische Datenbanken geladen sind. Seit der Einrichtung des ersten CD-ROM-Datennetzes ist die Firma ASOG durch einen Wartungsvertrag Partner der Zentralbibliothek.
Das 1997 entwickelte Konzept des kooperativ genutzten, medizinischen ERL-Datenservers sieht als wesentlichen Vorteil eine optimale Auslastung der vorhandenen Hardware und eine Minimierung der Kosten für die erforderliche Betreuung und Wartung des Servers. Unabhängig von der Zahl der kooperierenden Bibliotheken sind sämtliche Manipulationen, etwa die Durchführung der Updates oder Datenbanken oder der Upgrades der ERL-Software auf der Seite des Servers nur einmalig durchzuführen. Auch wenn die zusätzliche Auslastung des bestehenden ERL-Servers durch weitere Clients einen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordert, so bringt die Kooperation doch erhebliche Einsparungsmöglichkeiten mit sich.
Eine eindrucksvolle Bestätigung fand die bisherige Entwicklung an der Österreichischen Zentralbibliothek für Medizin in einer Initiative der Österreichischen Zentralbibliothek für Physik. Seit September 1999 haben die Angehörigen der von ihr zu betreuenden Universitäten den Zugriff auf die renommierte naturwissenschaftlich-technische Datenbank INSPEC. Im Rahmen eines aufwendigen Prüfungsverfahren, dem 13 INSPEC-Anbieter unterzogen wurden, fiel die Entscheidung auf die SilverPlatter-Variante; mit dem Aufbau und der Wartung des erforderlichen ERL-Servers wurde die Firma ASOG betraut.
Die positive Entwicklung des von der Österreichischen Zentralbibliothek für Medizin betriebenen ERL-Datennetzes spiegelt sich auch in dessen Auslastung. Wegen der besseren Vergleichbarkeit werden an dieser Stelle nur die statistischen Werte für die landesweit zur Verfügung stehenden Datenbanken MEDLINE bzw. PASCAL BIOMED für die Jahre 1999 und 2000 präsentiert. Aufgrund der unterschiedlichen Datenbankstruktur (unübersichtliche Zahl von Datenbanksegmenten) werden die Statistiken nicht mehr auf der Basis von Logins bzw. Recherchestunden, sondern der Zahl der genutzten Records erstellt.
In den letzten beiden Jahren wurden insgesamt 10.966.315 Records von MEDLINE genutzt, womit diese Datenbank nach wie vor die weitaus größte Nutzung verzeichnet, trotz der über das Internet frei zugänglichen Alternativen. Die genutzten MEDLINE-Records verteilten sich zu 60% auf die Universität Wien, zu 21% auf die Universität Graz, zu 13% auf die Universität Innsbruck, zu 3% auf die Veterinärmedizinische Universität Wien und zu 3% auf andere österreichische Universitäten. Die hervorragende Akzeptanz von MEDLINE im ERL-Datennetz begründet sich in verlässlichen Zugriffsmöglichkeiten mit vertretbaren Antwortzeiten, in raschen Aktualisierungen der Datenbank, in einem ansprechendem graphischen Interface, in vielfältigen Suchoptionen sowie insbesondere durch die Möglichkeit, lokale Bibliotheksbestände und Services in die Datenbank zu integrieren.
1999 und 2000 wurden 636.049 Records von PASCAL BIOMED genutzt, deren Verteilung nach Universitäten die landesweite Nutzung dieser Datenbank noch besser dokumentiert als dies bei MEDLINE der Fall ist. Die genutzten Records entfielen zu 38% auf die Universität Wien, zu 26% auf die Universität Graz, zu 23% auf die Universität Innsbruck, zu 8% auf die Veterinärmedizinische Universität Wien und zu 5% auf die übrigen Universitäten des Landes.
Die technischen Vorzüge der ERL-Technologie, die bisherigen Erfahrungen beim Betrieb des medizinischen ERL-Datennetzes und dessen Akzeptanz bei den Partnerbibliotheken machen eine Erweiterung des Datenbankenangebots wünschenswert.
Der Abschluss landesweiter Lizenzen aus zentralen Kreditmitteln, etwa für die Datenbanken EMBASE, PSYCINFO und PSYNDEX PLUS, scheint allerdings unter den derzeitigen finanziellen Rahmenbedingungen nicht finanzierbar.
Bessere Chancen bestehen bei der Datenbank BIOSIS (Biological Abstracts, ab 1985), die zur Zeit im ERL-Datennetz von den Angehörigen der Universität Wien, der Universität Graz und der Veterinärmedizinischen Universität Wien getestet wird. BIOSIS besteht aus 6,5 Mio. Records und wird jährlich um 550.000 Records erweitert. Angestrebt wird eine Konsortiallösung - mit Kostenbeteiligung der interessierten Bibliotheken.
(Wien, am 15. Februar 2001)
Mag. Bruno Bauer
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