Information Management all over the World:
CROINFO 2001 in Dubrovnik

von Rafael Ball

Es ist bereits gute Tradition, dass die internationale Konferenz CROINFO eine Plattform für die Begegnung von Industrie und Wissenschaft ist. Die CROINFO 2001 fand vom 22. bis 24. November 2001 in Dubrovnik statt und stand unter dem Titel "Information Management in Industry and Science".

Veranstaltet wird diese internationale Konferenz, die nicht nur in- und ausländische Referenten und Teilnehmer hat, sondern auch mit einer Simultanübersetzung Englisch/Deutsch - Deutsch/Englisch für sämtliche Programmteile aufwarten kann, von der National- und Universitätsbibliothek in Zagreb sowie von der Firma PLIVA, dem größten pharmazeutischen Unternehmen Kroatiens mit Hauptsitz in Zagreb. Unter der Schirmherrschaft der kroatischen Handelskammer bietet die CROINFO, wie jedes Jahr, eine ideale Begegnungsstätte für Informationsspezialisten aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Sowohl der Vorsitzende der kroatischen Industrie- und Handelskammer Marijan Frković als auch der Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Information und Medien des kroatischen Parlaments, Luka Roić, haben auf die Bedeutung der Informationsversorgung für Industrie und Wissenschaft hingewiesen und die angelaufenen staatlichen Programme zur Unterstützung und Entwicklung der Informationsgesellschaft und der Klärung der Copyright-Fragen erläutert. Auch Josip Stipanov, Direktor der Kroatischen Nationalbibliothek, hat in seiner Eröffnungsansprache die Bedeutung des Informationsmanagements für das gesamte Land betont, gleichzeitig jedoch auf viele noch nicht abgestimmte Einzelaktivitäten und damit auf einen entsprechenden Handlungsbedarf hingewiesen.

Das Programm der CROINFO 2001 enthielt neben eingeladenen Vorträgen eine ganze Reihe von Posterpräsentationen, Product Reviews sowie zwei ausgesuchte Workshops. Ein Workshop zum Thema "Business Intelligence" wurde von Markko Vaarnas von Viva Business Intelligence, Helsinki, Finnland durchgeführt, der zweite Workshop zum Thema "Creating Web Pages" von Drago ´u¸ić, PLIVA, Zagreb.

Das Thema der Konferenz "Information Management in Industry and Science" war einerseits weit genug gefasst, um eine ganze Reihe verschiedener Aspekte in den Beiträgen zu Wort kommen zu lassen, andererseits traf das Thema genau den Puls der Zeit. Einen Schwerpunkt bildete der Bereich "Knowledge Management", das von den Referenten als Teil des Gesamtprozesses "Information Management" in Industrieunternehmen oder wissenschaftlichen Einrichtungen vorgestellt wurde. Die Vorträge reichten von einer allgemeinen Einführung und Erläuterung von Knowledge Management und der Rolle der Bibliotheken in dieser neuen Situation über Beiträge zu den Aktionslinien des Knowledge Managements und dem dafür geschaffenen virtuellen Raum in der Europäischen Gemeinschaft (Anne Jubert, European Commission, Brussels, Belgium: KM made in Europe, The Challenges for Europe in knowledge-based Economy) bis hin zu Beiträgen, die über die konkrete Anwendung von Knowledge Management im Information Environment von Industrieunternehmen berichten (Helle V. Kasarab am Beispiel von Knowledge Management von Novo Nordisk in Dänemark). Ohnehin zeigte sich auf der CROINFO 2001 eine deutliche Diskrepanz zwischen der Informationsversorgung und dem Informationsmanagement in internationalen Industrieunternehmen und staatlichen Forschungseinrichtungen, etwa Universitäten und Hochschulen.

Ganz offensichtlich haben große Teile der Verantwortlichen und des Top Managements in Industrieunternehmen erkannt, dass eine optimale Informationsversorgung und ein optimales Informationsmanagement klare Wettbewerbs- und Standortvorteile bringen. Nicht nur Novo Nordisk gibt dem Information Service Department nahezu sämtliche Freiheiten für Beschaffung und Organisation von relevanten Daten, auch das kroatische Pharmazieunternehmen PLIVA geht hier mit deutlichem Beispiel voran (Dunja Petercol: Strategy for PLIVA’s Intranet Development).

Auch Nada Tr¸an-Herman von Pharmazieunternehmen Lek in Ljubljana, Slowenien, hat in ihrem Beitrag "Development of Excellence in the Provision of Pharmaceutical Information" auf die herausragende Bedeutung von Informationen für die pharmazeutische Forschung aber auch für die Produktion und Marketing im Wettbewerb vorgestellt. Der Beitrag von Tibor Tóth und Marta Softa (PLIVA Zagreb, Kroatien) "On the Road to Virtual Library in a Company" machte noch einmal deutlich, dass Informationsmanager in Industrieunternehmen die Bedürfnisse ihrer Benutzer wesentlich besser kennen und fokussieren und gleichzeitig im Unterschied zum häufig noch traditionellen Bibliotheksverhalten an Hochschulen und Universitäten extrem kundenorientiert auftreten und das Information Environment entsprechend gestalten. Kundenwünsche unbedingt erfüllen, mögliche Anfragen vorhersehen und den Wissenschaftler, Marketing-Fachmann oder Manager auf keinen Fall mit bibliothekarischen Kategorien konfrontieren, war der Tenor seines Beitrages. Auch wenn der Wunsch nach Information häufig einem Wunsch nach Hexerei gleichkommt, ist der Informationsmanager nicht zuletzt derjenige, der für die Besorgung und Erledigung dieser Wünsche verantwortlich ist und ein entsprechendes Management im Hintergrund zu organisieren hat. Traditionelle bibliothekarische Aufgaben waren denn auch kein Thema auf dieser Konferenz. Selbst fortschrittliche Positionen, die Knowledge Management als Aufgaben von Bibliotheken definieren werden noch überboten, wenn der Gesamtzusammenhang der Informationsversorgung, des Informationsmanagements und des Knowledge Managements auf die Ebene von Business Intelligence angehoben wird. Zur besseren Kenntnis des Marktes, der Kunden, der Zulieferer und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit umfasst Business Intelligence eine integrale Optimierung sämtlicher Informationsflüsse, zu denen Knowledge Management wiederum einen Teil beitragen kann. Wer Bibliotheksaufgaben in diesem Sinne definiert und bereit ist, traditionelle Pfade zu verlassen, wird für die künftigen Aufgaben von Informationsspezialisten eine rosige Zukunft vorhersehen können - vorausgesetzt die Qualifikation der Mitarbeiter ist angemessen. Dass dies ein Dauerthema sein muss und "lifelong learning" einfach dazugehört, musste auf der CROINFO 2001 nicht mehr besonders ausdrücklich werden. Einen besonderen nationalen Aspekt machten jene Beiträge aus, die das Verhältnis von Kroatien und anderen süd-/osteuropäischen Ländern des ehemaligen Ostblocks an der Schwelle zur EU analysierten. So etwa führte Luka Roić vom Ausschuss für Information und Medien des kroatischen Parlamentes aus, dass sich die gesamte Gesetzgebung im Bereich der Informationsversorgung und des Copyright an den Normen und Standards der EU ausrichten. Mit dieser Vorsorge möchte man die Anwärterschaft auf eine künftige EU-Mitgliedschaft demonstrieren und gleichzeitig vorbereiten. Aber auch die ungarischen Informationsprofessionals bereiten sich auf den Weg zur EU vor.

Mihály Pálvölgyi hat dies in seinem Beitrag "The Profile of Information Manager in Hungary: Preparation for EU-membership" mehr als deutlich ausgeführt. Auch in Ungarn möchte die Politik Konsistenz in die nationalen und europäischen Richtlinien der Informationsgesellschaft bringen. Eine entsprechende Regierungskommission hat die Informationsstrategie für Ungarn festgelegt und sieben Programme aufgelegt. So ist nicht nur die Hungarian Electronic Library am John-von-Neumann Digital Library and Multimedia Centre initiiert und etabliert, sondern eine ganze Reihe von Ausbildungsgängen der verschiedensten Ebenen für Informationsspezialisten in die Wege geleitet worden. Auf die besonderen Probleme bei der Automatisierung von Datenprozessen bei so genannten kleinen Sprachen machte Marko Tadić von der philosophischen Fakultät der Universität Zagreb am Beispiel des Kroatischen aufmerksam. Kroatien benötige bei seinen nur rund zwei Millionen Muttersprachlern für die Übersetzung in allen Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung enorme Ressourcen, die nicht nur nicht finanzierbar seien, sondern in qualifizierter Form gar nicht zur Verfügung stünden.

Es gebe schlicht zu wenige Linguisten, die des Kroatischen mächtig seien und die bei der Entwicklung von automatisierten Übersetzungsprozessen mithelfen könnten. Die zweisprachigen Proceedings dieser Konferenz sind unter dem Titel "Upravljanje informacijama u gospodarstvu i znanosti = Information management in industry and science : zbornik radova, Dubrovnik 22. - 24. studenog 2001 / org. : National and University Library Zagreb, ISBN 953-6000-98-9, erschienen.


Zum Autor

Dr. Rafael Ball ist Leiter der Zentralbibliothek des

Kernforschungszentrum Jülich GmbH
D-52425 Jülich
E-Mail: r.ball@fz-juelich.de