Einführung einer Follow-Print-Lösung an der
Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg


Abstract

Einleitung
Bibliothek als Dienstleister
Technische Anforderungen an ein Follow-Print-System
Barcode-Ausweise
Besonderheit Freikontingent
Konzept der Lösung
Integration
Fazit

von Andreas Bohne-Lang und Stefan Schmidt


Drucker mit Barcodescanner im Druckraum in der Bibliothek

Einleitung

Die Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg ist in vielerlei Hinsicht einmalig und zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. Dass sie die älteste Universität auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches war, welche 1386 im heutigen Deutschland gegründet wurde, und damit die dritte nach Prag und Wien, wissen die meisten. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die Universität Heidelberg auch die einzige in Deutschland ist, welche zwei getrennte Medizinische Fakultäten unterhält - die Medizinische Fakultät Heidelberg und die Medizinische Fakultät Mannheim. Dabei werden an den zwei unterschiedlichen Standorten auch zwei unterschiedliche Curricula der Medizin angeboten: Das Heidelberger Curriculum für Medizin (Heicumed) und das Mannheimer Reformierte Curriculum für Medizin (MaReCuM).

Gegründet wurde die Universität seinerzeit als Volluniversität mit den Studiengängen Theologie, Jura, Medizin und Philosophie und bekam 1890 noch die Naturwissenschaften als fünfte Fakultät hinzu. Inzwischen ist die Zahl der Fakultäten auf 12 gestiegen, und die einzelnen Institute verteilen sich über die ganze Stadt (bis hin nach Mannheim), wobei ein Großteil der Gebäude im Neuenheimer Feld untergebracht ist. Aktuell sind ca. 26.000 Studierende in den verschiedenen Studiengängen der Universität Heidelberg eingeschrieben. Die Medizinische Fakultät Mannheim wurde 1964 am "Städtischen Krankenhaus" in Mannheim als "Fakultät für Klinische Medizin Mannheim" eingerichtet, und hier konnten Studierende nach der vorklinischen Ausbildung in Heidelberg den klinischen Teil des Medizinstudiums absolvieren. Da das Wort Mannheim im Namen der Fakultät auftaucht, wird die Medizinische Fakultät Mannheim oft fälschlicherweise der Universität Mannheim zugeordnet.

Mit Beginn des Wintersemesters 2006/07 wurde (mit der Einführung des MaReCuM) die Fakultät zur Vollfakultät ausgebaut und in "Medizinische Fakultät Mannheim" umbenannt. Medizinstudierende können nun mit dem ersten Fachsemester in Mannheim beginnen und dort sowohl Grund- als auch Hauptstudium absolvieren. Dabei stehen rund 170 Studienplätze für dieses Studium jährlich zur Verfügung.

Bibliothek als Dienstleister

Vor diesem Hintergrund sollte für die derzeit über 1000 an der Mannheimer Fakultät eingeschrieben Studierenden und andere Fakultätsangehörige eine Möglichkeit geschaffen werden, an der Fakultät zentral drucken zu können. Speziell in der Bibliothek als Literatur- und Lernort musste diese Aufgabe gelöst werden, denn bis zu dem Vollausbau konnte ohne Abrechnung in der Bibliothek gedruckt werden. Nutznießer waren zumeist fortgeschrittene Studenten mit dem Ausdruck von Online-Literatur oder studienbegleitenden Materialien. Dieses freie Ausdrucken war mit dem Anstieg der Studierendenzahl und dem veränderten Klientel (Erstsemester bzw. Vorklinikstudenten) nicht mehr finanzierbar, und zu Spitzenzeiten wurden um die 10.000 bedruckte Seiten pro Tag (wobei für gewöhnlich beidseitig gedruckt wurde) umgesetzt. Eine erste Erleichterung schuf eine von der EDV selbst entwickelte Lösung, welche auf der freien Open-Source-Software CUPS (Common UNIX Printing System) sowie auf einer kleinen Datenbank basierte und die seitengenaue Abrechnung durch Auslesen der Seitenzähler im Drucker ermöglichte. Auch wenn diese Lösung gut funktionierte, war sie von Anfang an als Interimslösung gedacht, denn das Fernziel war, dass die Druckjobs zuerst an einen Server gesendet werden sollten und dann der Benutzer an einen freien Drucker geht und den Druckjob aktiv abruft. Bei der auf CUPS basierenden Lösung wurde der Druckjob gleich an einen gerade freien Drucker im Druckerraum gesendet und dort ausgedruckt. Damit der Benutzer seine Seiten auch als den für ihn ausgedruckten und berechneten Druckauftrag in dem Pool von Druckern selber wieder findet, wurde unten klein auf der Seite die Benutzernummer eingeblendet. Dabei sollte erwähnt werden, dass jeder Benutzer ein Druckfreikontingent von 500 A4-Seiten in Schwarz-Weiß hatte.

Ein ungelöstes Problem bei diesem Vorgehen war jedoch, dass Ausdrucke versehentlich oder absichtlich entwendet wurden, denn meist wurden die gleichen Dokumente (z.B. Vorlesungsskripte) von verschiedenen Benutzern ausgedruckt, und nicht immer wurde auch auf die unten eingeblendete Nummer geschaut. In diesem Fall zeigte die Bibliothek Kulanz und schrieb dem Benutzerkonto die Seiten wieder gut. Nicht ganz selten kam es auch vor, dass Studierende einen Druckjob absendeten, aber weil alle Drucker gerade belegt waren, ihren Druckjob, wenn er aus dem Drucker kam, gar nicht mehr abholten, weil sie zum Teil dann schon in der nächsten Vorlesung waren.

Technische Anforderungen an ein Follow-Print-System

Vor diesem Hintergrund sollte an der Fakultät, angefangen mit der Bibliothek, eine Follow-Print-Drucklösung eingeführt werden, was bedeutet, dass der Benutzer seinen Druckjob an eine Warteschlange sendet und dann "irgendwie" an einem Drucker zeitversetzt seinen Ausdruck abholen kann. An die Einführung eines solchen Systems waren weitere Anforderungen geknüpft, welche im Folgenden kurz umrissen werden sollen und im Allgemeinen die Einbettung in die bisherige gewachsene Struktur betreffen.

Barcode-Ausweise

Das wichtigste Kriterium war, dass die vorhandenen Barcode-Ausweise der Bibliothek, welche jeder Student und Fakultätsangehörige erhalten kann, auch weiter für dieses System verwendet werden können. Es sollte unter anderem aus Kostengründen keine neue weitere Karte eingeführt werden; denn die meisten Anbieter solcher Drucksysteme haben ihr eigenes RFID-Kartensystem nebst Aufladestation mit Kassensystem im Einsatz, welche aber im Endeffekt Insellösungen sind. Es sollte weiter möglich sein, dass die Benutzerverwaltung über ein externes System die Daten bezieht, dass Studierende die Einzahlung der Gebühren über den Kassenautomaten der Bibliothek vornehmen und diese dann über das Bibliothekssystem verbucht wird. (In dem konkreten Fall handelt es sich um das in der Bibliothek eingesetzte Lokalsystem Sisis-Sunrise von OCLC.) Auf keinen Fall sollte eine neue Software eingeführt werden, bei der eine zusätzlichen Benutzerdatenverwaltung für ein Drucksystem nötig gewesen wäre. Der letzte Punkt war, dass das System Druckaufträge direkt von Windows, MacOSX und Unix verarbeiten kann und eine Webschnittstelle mit Authentifikation bereitstellt, über die ein Benutzer PDF- oder Postscript-Dokumente hochladen kann. Dieser Punkt war wichtig, damit Benutzer von ihren anonymen Notebooks im Funknetz des Campus oder der Bibliothek heraus oder von den anonymen SunRay-Terminals zum Beispiel Katalogrecherchen drucken können.

Daneben gab es noch einige Punkte, die uns wichtig erschienen, auf die wir aber hätten verzichten können oder anders hätten lösen müssen: Wenn möglich sollte das System in der Lage sein, das duale Druckkonto-System mit dem semesterweise für Studierende vergebenen Freikontingent für Ausdrucke und dem persönlichen Druckguthaben handhaben zu können. Auch sollten die bisherigen Drucker und Multifunktionsgeräte weiter problemlos genutzt werden können.


Abrufen eines Druckjobs am Drucker

Besonderheit Freikontingent

Die Studierenden der Fakultät bekommen pro Semester ein Freikontingent zum Drucken, welches die Studierenden beim Studium unterstützen soll, wenn es darum geht, Literaturrechercheergebnisse auf Papier fest zu halten oder die angefertigte Doktorarbeit auszudrucken. Das Druckkonto wird in Verbrauchseinheiten (kurz VE) geführt, und je nach Art der Ausdrucke werden unterschiedlich VEs vom Konto abgebucht. Einseitig Schwarz-Weiß ist teurer als eine Seite doppelseitig, und ein Farbausdruck ist teurer als ein schwarz-weißer. Die Besonderheit des Freikontingents ist, dass nicht verbrauchte Verrechnungseinheiten am Studienende nicht ausbezahlt werden können, wohingegen vom Benutzer eingezahlte Gelder natürlich auf Wunsch wieder ausbezahlt werden.

Konzept der Lösung

Das von der stethos GmbH entworfene Konzept berücksichtigte all diese oben geforderten Punkte und sah dabei als Ausgangsbasis eine Software, den FollowMe1 Q-Server der in England und USA beheimateten Firma Ringdale, vor. Die Firma stethos, deren Namen sich aus den Gründern Stefan und Thomas Schmidt zusammensetzt, ist seit über 15 Jahren am Markt und ist Spezialist für Outputmanagement-Lösungen, sicheres Drucken, Druck- und Kopierabrechnungssystem und Follow-Print.

Das von der Firma vorgeschlagene Softwarekonzept und -produkt, der FollowMe Q-Server und die entsprechende Hardware zur Anbindung der Drucker und Multifunktionsgeräte, berücksichtigt alle oben geforderten Punkte und lässt sich mit folgenden Merkmalen beschreiben:

Weitere Besonderheiten lassen sich herausheben:

Der erste Punkt, die hervorragende Kompatibilität zu den Geräten von Hewlett Packard, resultiert aus einer strategischen Allianz mit der Firma HP, welche im Jahre 1991 eingegangen wurde. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass nur HP-Geräte unterstützt werden, sondern es können zum Beispiel auch Geräte von Canon, Ricoh oder Xerox und weitere eingebunden werden.


Kommunikationsdiagramm

Integration

Ganz konkret sollte die Lösung bei uns in einem Umfeld platziert werden, wo schon Schwarz-Weiß-Laserdrucker, Multifunktionsgeräte (Multi Function Printer, MFP, genannt: Geräte, die vielerlei Funktionen haben wie farbig Drucken, Kopieren, Faxen, Scannen und per Email versenden) und eine Benutzerdatenquelle vorhanden waren.

Derzeit werden die Benutzerdaten über das Bibliothekssystem verwaltet, da jeder Studierende und Beschäftigte der Fakultät in der Bibliothek eine Benutzerkarte erhalten kann. Die Datenbasis ist immer sehr aktuell, und die Infrastruktur für die Verwaltung der Daten ist bereits vorhanden. Zur Anbindung des Drucksystems wurde in der Datenbank des Bibliothekssystems ein Datenbank-View angelegt, der Benutzernummer, OPAC-Pin, Benutzersperre, Benutzergruppe, E-Mail und Login-Kennung umfasst. Ein automatisierter Prozess exportiert diese Daten in eine CSV-Datei, welche direkt in die Datenbank des Drucksystems importiert wird. Ein Benutzerdatenimport über einen Verzeichnisdienst wie Active-Directory oder LDAP wäre möglich gewesen, wurde aber zugunsten des Direkt-Imports verworfen. Dabei werden nur die nötigsten Daten exportiert, welche im Folgenden kurz aufgeführt werden sollen: Die Benutzernummer und Login-Kennung dienen der Zuordnung von Benutzernummer (Barcode) und Druckjobabsender, die OPAC-Pin wird für die Authentifizierung an den MFP-Geräten eingesetzt, wobei die E-Mail in diesem Zusammenhang gleich mit erwähnt werden sollte, denn diese wird für das Scannen an MFP-Geräten und Versenden der erzeugten Datei per Mail genutzt. Die Benutzergruppe regelt den Zugang zu erweiterten Funktionen wie Faxen an den MFP-Geräten und dient der Klassifikation im Statistikbereich sowie der Abrechnungsmodalität (Studierenden werden Kosten berechnet, Beschäftigten nicht). Die Benutzersperre wird in das Drucksystem mit übernommen, und gesperrten Benutzern wird der Service des Druckens oder Kopierens etc. über dieses System verwehrt. Diesen steht lediglich der Münzkopierer zur Verfügung.

Das Abrufen der Druckjobs an einem freien SW-Drucker erfolgt durch einfaches Scannen des Barcodeausweises mittels eines Barcodescanners, der über den einzelnen Druckern angebracht ist. Ein Authentifizieren ist an dieser Stelle nicht mehr nötig, da der Benutzer sich schon an dem Computersystem authentifizieren musste. Als Ausweis-Scanner kommen omnidirektionale Barcodescanner zum Einsatz, welche über einen rotierenden Spiegel alle möglichen Positionen eines davor gehaltenen Barcodes abtasten, so wie man es im Prinzip auch von den Supermarktkassen kennt. Der Scanner wird mit dem USB-Stecker an eine kleine Box (Produktname: e-Line-Box) angeschlossen, welche im Netzwerk zwischen dem im Drucker bzw. MFP eingebauten Druckserver und der Netzwerkdose eingeschleift wird (für Experten: die Box macht ein Ethernet bridging und kann die gleiche IP-Nummer wie der Drucker haben). Diese Box ruft dann auch den Druckjob beim Server ab und veranlasst den Ausdruck an dem entsprechenden Drucker. Die MFP-Geräte verfügen nicht über einen Barcode-Scanner, sondern hier muss sich der Benutzer über die Touch-Screen-Tastatur am Bedienfeld des Gerätes komplett mit Benutzername und Kennwort (OPAC-Pin) anmelden.

Um überhaupt eine Möglichkeit zum Drucken aus dem anonymen Funknetz zu ermöglichen, wurde die mitgelieferte Webschnittstelle so konfiguriert, dass Benutzer die Möglichkeit haben, Postscript- oder PDF-Dokumente nach dem Einloggen in das persönliche Konto hochzuladen und somit an den Server zu senden. Hierbei sollte auch ein Unterschied zum normalen Drucken unter Windows erwähnt werden: Wenn der Druckjob erst einmal an den Server gesendet wurde, kann er nur noch per Web-Schnittstelle verwaltet (im Sinne von Löschen, Pausieren oder Wiedereinstellen) werden.

Die Administration des Druckserversystems findet komplett über eine Web-Schnittstelle statt. Leider werden an ein paar Stellen Windows-spezifische Funktionen verwendet, so dass nur ein Konfigurieren und Bedienen mit dem MS Internet-Explorer möglich ist. Nicht abgeholte Druckjobs werden jede Nacht durch einen Dienst automatisch gelöscht.


Konfigurationsoberfläche mit englischer Spracheinstellung im Bereich "Diagramme und Berichte"

Fazit

Derzeit werden über das System täglich 3000 bis 6000 Seiten gedruckt und abgerechnet und das System wird sowohl von Studierenden als auch von den Beschäftigen gut angenommen. Die Beschäftigten in den einzelnen Instituten können die vor Ort zentral aufgestellten Drucker entweder direkt oder über das FollowMe-Drucksystem ansprechen. Gerade bei vertraulichen Dokumenten bewährt sich das FollowMe-Konzept, da die ausgedruckten Seiten nicht herrenlos im Drucker auf Abholung warten. Ferner ist die Anzahl der in der Bibliothek durch die Benutzer ausgedruckten, aber nicht abgeholten Seiten rapide zurückgegangen - genauso wie die Reklamation von verschwundenen Ausdrucken. Die Anbindung der Kopierer in Form von MFP-Geräten erwies sich als günstig, da Studierende nun auch mit ihrem Druckkonto kopieren oder scannen können und eine Anmeldung an den Geräten mit dem OPAC-Pin der Bibliothek möglich ist.


Zu den Autoren

Dr. Dipl.-Inform. Andreas Bohne-Lang

EDV der Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg
Ludolf-Krehl-Straße 13-17
D-68167 Mannheim
bohne-lang@medma.uni-heidelberg.de 

Dipl.-Inf. Stefan Schmidt, Co-Autor.

stethos GmbH
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D-71065 Sindelfingen
E-Mail: Stefan.Schmidt@stethos.com