Das kulturelle Erbe - sicher und langfristig in Phaidra

Digitale Langzeitarchivierung an der Universität Wien


Abstracts

von Susanne Blumesberger

Einleitung

2007 startete an der Universität Wien, an der Universitätsbibliothek ausgelagert, ein Projekt, das die Implementierung eines Digital Asset Management Systems (DAMS) zum Ziel hatte. Die Vielzahl an digitalisierten oder zu digitalisierenden Inhalten in den Bereichen höhere Verwaltung, Forschung und Lehre muss entsprechend langfristig archiviert und verwaltet werden. Nur so können die Aufgaben einer modernen Universität, u.a. die Bereitstellung einer benutzerfreundlichen technischen Infrastruktur zur Unterstützung von Lehre und Forschung wahrgenommen werden.1

Am Tag genau ein Jahr nach Projektbeginn, am 16. April 2008, wurde Phaidra online gestellt.2
(Das Portal: https://phaidra.univie.ac.at)

Mit Phaidra können Publikationen wie Bilder, Audio-, Videofiles, Dokumente aus Lehre, Forschung, Verwaltung/Organisationseinheiten sowie permanente Links gespeichert, dokumentiert und auf lange Zeit archiviert werden.3 Eine spezielle Funktion ist der Container, der zum Beispiel neue Präsentationsmöglichkeiten der Objekte - mit mitgespeicherten Computerprogrammen erlaubt. Ein "Best Practice Guide" wurde entwickelt, um sichere, langzeitarchivierungskompatible Dateiformate zu zeigen. Dabei orientierte sich das Team an aktuelle Überlegungen von nationalen Archiven oder anderen Bibliotheken, ließ jedoch gängige und gebräuchliche Formate nicht außer acht. Die empfohlenen und "sicheren" Formate sind auf der Serviceseite unter "Hilfe in Phaidra"4 aufgelistet.

Mit diesem vielseitigen System, das zusammen mit der Universitätsbibliothek Wien, mit dem Zentrum für Lehrentwicklung, der Fakultät für Physik, dem Zentrum für Translationswissenschaft, der Fakultät für Lebenswissenschaften und der Fakultät für Informatik entwickelt wurde und vom Zentralen Informatikdienst der Universität Wien technisch betreut wird, ist es möglich, digitale Objekte dauerhaft zu speichern und - wenn gewünscht - weltweit zugänglich zu machen. Die gespeicherten Objekte erhalten einen zitierfähigen permanenten Link. Damit ist Phaidra sehr vielfältig einsetzbar.

Was kann Phaidra?

Wertvolle Daten können - mit einer permanenten Signatur versehen - langfristig und sicher archiviert werden.

  • Permanente Langzeitarchivierung

    Digitale Objekte können unabhängig von ihrer Größe weltweit rasch, gezielt und mit den jeweilig passenden Lizenzen zur Verfügung gestellt werden.

  • sicherer, rascher und gezielter Zugriff

    Eine umfangreiche Serviceseite, durchgängige Hilfetexte sowie nur wenige Pflichtfelder erleichtern den Umgang mit dem System

  • BenutzerInnenfreundlichkeit

    Digitale Objekte können ausführlich beschrieben und damit gut suchbar gemacht werden.

  • leichte Auffindbarkeit der Objekte

    Die digitalen Objekte können in Phaidra untereinander in Beziehung gesetzt werden

  • systematische und ausgeklügelte Verwaltung der Objekte

    Objekte werden einmal mit Metadaten versehen und sind danach vielfach nutzbar

  • Interoperabilität

    Bücher können in Phaidra auf dem höchsten technischen Standards bequem, weltweit angesehen werden

  • Bookviewer

    Alle Video-Objekte sind nun in einem Streaming-Format abrufbar. In der Detailansicht sowie in der externen Ansicht wurde ein Flash-Player eingebaut, der dieses Streaming-Format abspielen kann.

  • Videostreamer

    Die meisten der in Phaidra gespeicherten Objekte sind weltweit ohne Registrierung abruf- und downloadbar. Forschungsleistungen, Archivalien und Publikationen werden sichtbar

  • Open Access Politik

    Permanente Langzeitarchivierung

    Eine zentrale Anwendungsmöglichkeit von Phaidra ist das permanente Speichern von wichtigen Daten, die sonst aus mehreren Gründen gefährdet wären, etwa durch Systemabsturz auf lokalen Datenbanken oder durch Unlesbarkeit bei Systemwechsel. Bei in Phaidra geladenen Objekten ist eine dauerhafte Sicherung garantiert, ein permanenter Link erlaubt einen immer gleich bleibenden Zugriff, das Objekt wird automatisch in regelmäßigen Abständen in das jeweils neueste Format übertragen.

    Wertvolle Kulturgüter können somit gerettet und zusätzlich weltweit zugänglich gemacht werden. Eine Anwendungsmöglichkeit ist zum Beispiel das Speichern von digitalisierten Archivalien, Nachlässen, historischen Bild- und Tondokumenten. Unter dem Link http://phaidra.univie.ac.at/o:148 befindet sich zum Beispiel ein Teil des sich in Privatbesitz befindlichen Nachlasses der bekannten Wiener Illustratorin Susi Weigel, der auf diesem Weg einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine weitere praktische Anwendungsmöglichkeit ist das Speichern und vervielfältigen von zusätzlichen Materialien, die in gedruckten Büchern keinen Platz finden. Ein Link im Buch verweist auf dieses permanent gespeicherte zusätzliche Anschauungsmaterial.

    Sicherer rascher und gezielter Zugriff

    Publikationen, Forschungsergebnisse und Lehrveranstaltungsmaterialen (Videos, Powerpointpräsentationen, Audiodateien, Texte und individuell zusammengestellte Collections und Container) können - durch ein ausgeklügeltes Zugriffskonzept gezielt nutzbar gemacht werden, zum Beispiel Einzelpersonen, den TeilnehmerInnen einer Lehrveranstaltung, ausgewählte Personen, Fakultäten der Universität Wien oder auch weltweit. Die Vielfalt an angebotenen Lizenzen gewährt auch eine rechtliche Sicherheit. Der Aufbau des Systems wurde durch einen Juristen begleitet, der für rechtliche Fragen auch weiterhin zur Verfügung steht. Die unterschiedlichen Lizenzmodelle sind auf der Serviceseite abrufbar5, ebenso wie Haftungsszenarien in einem Online-Repositorium6

    Der gezielte und rasche Zugriff, der auch zeitlich eingegrenzt werden kann, ist sehr hilfreich, wenn man zum Beispiel Dokumente an JournalistInnen schicken möchte.

    BenutzerInnenfreundlichkeit

    Phaidra ist mit zahlreichen Hilfstexten ausgestattet, die erscheinen, wenn man mit dem Cursor vier Sekunden auf dem betreffenden Begriff verbleibt. Auf diese Weise erhält man Erklärungen zu bestimmten Begriffen, wird über notwendige Schritte aufgeklärt und erhält Empfehlungen für die beste Formatwahl.

    Eine umfangreiche Serviceseite (www.univie.ac.at/phaidra) informiert über Schulungsmöglichkeiten, über Neuerungen in Phaidra, bietet Tutorials und zahlreiche weitere Informationen über Phaidra. Für das Laden großer Datenmengen steht eine Bulk-Upload-Möglichkeit zur Verfügung.

    Werden zahlreiche Objekte mit sehr ähnlichen Metadaten in Phaidra geladen ist es möglich, Vorlagen der Metadaten zu erstellen, auf die immer wieder zurückgegriffen werden kann. Auch im Bereich des Verbreitens von Objekten hat Phaidra eine praktische und zeitsparende Lösung. So ist es möglich, mehrere Gruppen von Namen anzulegen, denen die einzelnen Daten zugänglich sein sollen. Bei Lehrveranstaltungen oder in Projektgruppen müssen so die Namen der TeilnehmerInnen nicht mehr einzeln aufgerufen werden.

    Leichte Auffindbarkeit der Objekte

    Um ein digitales Objekt wieder auffindbar zu machen, benötigt man strukturierte Formen der Beschreibungen. In Phaidra wurden diese Metadaten - orientiert am LOM-Schema (Learning - Object - Metadata) und Dublin Core sorgfältig ausgewählt, einerseits um Anzahl der Pflichtfelder möglichst gering zu halten und andererseits um eine möglichst detaillierte Beschreibung des Objekts zu ermöglichen. Da sich die digitalen Objekte, die an der Universität Wien entstehen, sehr stark voneinander unterscheiden wurde auf die unterschiedlichsten Kontexte Rücksicht genommen. Das Ergebnis ist ein sehr flexibler mehrsprachiger - auf Unicode (UTF-8) basierender - Metadatenapparat mit möglichst wenigen Pflichtfeldern.

    Die Suchmöglichkeiten sind in Phaidra sehr vielfältig gestaltet. Unter "Blättern" besteht die Möglichkeit nach Organisationseinheiten, nach den verschiedenen Objekttypen, also nach Bildern, Videos, Audiofiles, Texten, Links, Containern, Collections und e-books sowie nach Sprachen und Klassifikationsschemata zu suchen. Die Suchmöglichkeiten sind miteinander auch kombinierbar. Eine Suche in allen Feldern ist ebenso möglich wie eine gezielte Suche nach der permanenten Signatur, nach dem Titel, der Beschreibung des Objekts, nach dem Autor und nach den Buchtiteln der e-Books. In der so genannten erweiterten Suche stehen zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Suchergebnisse werden gespeichert und sind somit immer wieder aufrufbar. Eingeloggte BenutzerInnen haben auch die Möglichkeit unter "Meine Objekte" sämtliche eigene Dateien wieder zu finden.

    Objekte, die in Phaidra gespeichert sind, werden auch von Suchmaschinen gefunden. Die User erhalten einen Link auf eine externe Ansicht mit den wesentlichen Angaben über das Objekt, über die rechtliche Situation und können das Objekt, sofern es nicht gesperrt ist, auch im Browser ansehen, bzw. downloaden.

    Systematische und ausgeklügelte Verwaltung der Objekte

    In Phaidra gespeicherte Objekte - Texte, Bilder, Videos oder Audiofiles - können, wie Bücher in einer Bibliothek zu Sammlungen, so genannten Collections, zusammengefügt werden. Diese Collections erhalten wieder einen eigenen permanenten Link und eigene Metadaten und können wie Einzelobjekte - mit Rechten und Lizenzen versehen - weitergegeben werden. Statt zahlreicher einzelner Links zu verschicken, genügt so die Weitergabe eines einzelnen Links auf eine Sammlung.

    Eine andere Möglichkeit der Objektverknüpfung stellen die so genannten Container dar. Dieser Objekttyp macht es möglich, dass z.B. Computerprogramme und Bilder zusammen hochgeladen werden und so neue Formen der Objektpräsentation entstehen können.

    Interoperabilität

    Phaidra verfolgt die Idee des "single point of entry". Die Objekte werden einmal mit Metadaten versehen und sind danach vielfach nutzbar. Kürzlich wurde eine OAI-Schnittstelle eingerichtet um Metadaten abfragen, und anderweitig "harvesten" zu können. Erste Nutzerin dieser Schnittstelle ist das Portal Europeana (http://www.europeana-local.at/)

    Bookviewer und Videostreamer

    Die innerhalb des Services "E-Books on Demand" (EOD) digitalisierten urheberrechtsfreien Büchern der Universitätsbibliothek Wien werden in Phaidra der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Für die Forschung und Lehre bedeutet dies die Möglichkeit orts- und zeitunabhängig bis dahin nicht vorhandene Funktionen, wie z.B. die Volltextsuche, zu nutzen, und Zugriff auf nicht mehr entlehnbare Werke zu erhalten. Im Online-Katalog wird in der Titelvollanzeige der Link zum Digitalisat angegeben.

    Welche Funktionen bietet der Phaidra-Book-Viewer?

    Sowohl in der Detailansicht sowie in der externen Ansicht der Video-Objekte wurde ein Flash-Player eingebaut, der ein Streaming-Format abspielen kann.

    Open Access Politik

    Phaidra wurde vor allem auch deshalb entwickelt um die Forschungsergebnisse der Universität Wien nach außen sicht- und nutzbar zu machen. Forscherinnen und Forscher präsentieren somit sich und ihre Arbeit im internationalen Raum. Dennoch erlaubt eine umfassende Rechteverwaltung in Phaidra auch den Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material. So ist es zum Beispiel möglich, Objekte zu sperren, d.h. nur für einen eingeschränkten BenutzerInnenkreis zugänglich zu machen. Die Metadaten bleiben jedoch sichtbar, auch eine Suche über google findet diese gesperrten Objekte.

    Wer kann Phaidra nutzen?

    Weltweit freigegebene Dokumente können ohne Registrierung angesehen und im Rahmen der jeweiligen Lizenzen genutzt werden.

    Alle MitarbeiterInnen der Universität Wien, die einen mailbox-Account und alle Studierenden, die einen u:net-Account besitzen, können sich in das System einloggen und Objekte hochladen. Nicht-Angehörige der Universität Wien können einen Light-Account (www.univie.ac.at/ZID/light-userid) beantragen.7 Das bedeutet, dass Angehörige der Universität Wien für eine bestimmte Zeit Guest-Accounts für Phaidra vergeben können. Auf diese Art und Weise können beispielsweise ForscherInnen aus anderen Lehr- und Forschungseinrichtungen, Mitwirkende an Projekten oder Partner an ausländischen Universitäten die Dienste von Phaidra in Anspruch nehmen.

    Was ist in Phaidra zu beachten?

    1. Beim ersten Einloggen in Phaidra sind Nutzungsbedingungen zu akzeptieren

    2. Die Universität Wien geht davon aus, dass MitarbeiterInnen und StudentInnen nur Objekte speichern, zu denen sie berechtigt sind und dass keine rechtswidrigen Objekte geladen werden. Bei vorsätzlichem Publizieren von rechtswidrigen Objekten werden rechtliche Schritte eingeleitet.

    3. Objekte die in Phaidra gespeichert wurden, kann man - im Sinne der Langzeitarchivierung - nicht mehr löschen, es ist jedoch möglich, eine neue Version des Objekts zu erstellen und die alte Version zu "sperren". Die Beschreibung der Objekte (Metadaten) bleibt jederzeit veränderbar.

    4. Innerhalb des Universitätsnetzes steht eine Testseite von Phaidra zur Verfügung, in der Phaidra unverbindlich getestet werden kann: https://phaidratest.univie.ac.at Die Inhalte werden hier nicht dauerhaft gespeichert.

    Die technischen Hintergründe

    Phaidra basiert auf der Open Source-Software Fedora. Die digitalen Objekte können über ein Web-Frontend (mod_perl Anwendungen + Catalyst) abgerufen, erstellt oder modifiziert werden.8

    Weitere Informationen zu Phaidra, zu den Suchfunktionen, eine Anleitung wie man selbst Objekte speichern kann und zu weiteren Funktionen sowie Kontaktmöglichkeiten und Schulungstermine sind unter der Serviceseite http://phaidraservice.univie.ac.at zu finden. Eine rasche Einstiegshilfe ist unter http://phaidra.univie.ac.at/o:17080 gespeichert. Ein Glossar ist unter http://phaidra.univie.ac.at/o:12256 einsehbar.

    Phaidra finden Sie unter https://phaidra.univie.ac.at

    Wenn Sie Kontakt mit Phaidra aufnehmen möchten, wenden Sie sich bitte direkt an susanne.blumesberger@univie.ac.at oder Sie verwenden das Kontaktformular9 auf der Serviceseite. Für eventuelle technische Probleme wurde folgende Adresse eingerichtet: support.phaidra@univie.ac.at


    Autorin

    Dr. Susanne Blumesberger

    Phaidra-Customermanagement
    Bibliotheks- und Archivwesen
    Universitätsbibliothek Wien
    Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
    A-1010 Wien
    susanne.blumesberger@univie.ac.at


    Anmerkungen

    1. Siehe auch: Marksteiner, Peter: Digitale Reichtümer. Was ist ein Digital Asset Management System und warum braucht die Universität Wien eines? http://comment.univie.ac.at/07-1/34/

    2. Mehr zum Werdegang Phaidras findet sich in: Budroni, Paolo; Susanne Blumesberger: Phaidra - digitale Bestände effizient aufbewahren. http://www.dieuniversitaet-online.at/beitraege/news/phaidra/10.html, Rampetzreiter, Heide: Die Uni-Bibliothek wird digital. In: Die Presse. 26.2.2008, http://phaidra.univie.ac.at/o:80 und Marksteiner, Peter: Phaidra. Eine Plattform für hochwertige digitale Inhalte.
    http://comment.univie.ac.at/08-1/19/

    3. Zum Einsatz von Phaidra in der Forschung siehe auch: Blumesberger, Susanne: Phaidra und die (Kinder- und Jugendliteratur-)Forschung http://phaidra.univie.ac.at/o:19495

    4. http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=27661

    5. http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=27239

    6. http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=33703

    7. Marksteiner, Peter: Von Ultra-Light bis Extra-Large Benutzungsberechtigungen nach Maß
    http://comment.univie.ac.at/07-2/2/

    8. Näheres zur Technik: Höckner, Markus: Phaidra. Eine technische Übersicht. http://phaidra.univie.ac.at/o:21964 und http://phaidra.univie.ac.at/o:21965 sowie auf der Serviceseite unter http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=26671

    9. http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=28187