B.I.T.online - Zeitschrift für Bibliothek, Information und Technologie

Bestandsanalyse einer hybriden Bibliothek

Auswertung von elektronischen und konventionellen Buchbeständen

von Dieter Schwartz

1. Einleitung

Ein Erwerbungsprofil ist ein Instrument des Bestandsmanagements. Aufgrund der zunehmenden Verschiebung in Richtung auf digitale Medien (ownership vs. access) muss ein Erwerbungsprofil formuliert werden, das sich nicht nur auf den herkömmlichen Bestandsaufbau, sondern auch auf die elektronischen Zugriffsmöglichkeiten bezieht.1 Digitale Ressourcen machen das Sammlungsmanagement und damit das Abfassen von fachspezifischen Erwerbungsprofilen deutlich komplizierter. Insbesondere fehlt ein Instrument, um - im Fall von Monographien - die konventionellen und elektronischen Bestände regelmäßig abzugleichen. Nur mit Hilfe einer automatischen Prüfroutine können auf der Grundlage von (Vergleichs-)Zahlen eine fachspezifische Gliederung und ein Level zur Sammeldichte und -breite entwickelt werden.

2. Erwerbungspolitik und Bestandsaufbau

Das Erwerbungsprofil orientiert sich an den lokalen Gegebenheiten der Hochschule Münster, also ihrem Fächerspektrum und ihren Forschungsschwerpunkten.

2.1. Etatmodell und Erwerbungsetat

Die Hochschulbibliothek verwaltet den Literaturetat, der sich aus dem allgemeinen Literaturetat und "Sondermitteln" (Studienbeiträge, Mittel zum Hochschulausbau) zusammensetzt. Über den allgemeinen Literaturetat werden insb. die Ausgaben für Monographien, die laufenden Zeitschriftenabonnements und die Fachdatenbanken finanziert; die Sondermittel sind stärker zweckgebunden. Die Aufteilung des Literaturetats auf die einzelnen Fachbereiche und Institute erfolgt über entsprechende parametergestützte Modelle.

2.2 Erwerbungspraxis

Instrumente zur Titelauswahl

Die Hochschulbibliothek besteht aus vier Bereichsbibliotheken, von denen sich drei am Standort Münster und eine am Standort Steinfurt befinden. Es werden schwerpunktmäßig Studienliteratur und Forschungsliteratur beschafft. Die Studienliteratur dient unmittelbar dem Lehrbetrieb, während die Forschungsliteratur vor allem im Rahmen von Drittmittelprojekten in den Laboren benötigt wird.2

Die Erwerbungsvorschläge kommen aus den 12 Fachbereichen und drei Zentralen Wissenschaftlichen Einrichtungen, wobei den Einrichtungen Vorschläge von Seiten der Bibliothek unterbreitet werden. Insbesondere bei der Beschaffung von Lehrbüchern, die in den zurückliegenden Jahren schwerpunktmäßig aus Studienbeiträgen finanziert wurden, wird dabei auf so genannte Standardliteraturlisten zurückgegriffen. Diese Listen beinhalten insb. jene Titel, die schwerpunktmäßig im Rahmen von Vorlesungen eingesetzt werden. Diese Listen wurden von Seiten der Bibliothek Steinfurt initiiert und gemeinsam mit den dortigen Fachbereichen erstellt. Bestandslücken oder dringend benötigte Werke werden von der Bibliothek direkt bestellt. Insofern liegt die Zuständigkeit der Titelauswahl bei den Professoren, wobei die Bibliothek über die genannten Instrumente bei der Literaturauswahl eingreift und so Titelbreite sowie Exemplaranzahl regelt und damit letztlich den Abfluss der Literaturmittel sicherstellt.

Transparenz der Erwerbung

Digitale Ressourcen und konventionelle Ressourcen, die über die Hochschulbibliothek beschafft wurden, werden durch unterschiedliche Instrumente bekannt gemacht: Fachdatenbanken, die eine Testphase durchlaufen, werden auf der Homepage angezeigt und im Jahresbericht aufgelistet; die im zurückliegenden und im kommenden Jahr lizenzierten Datenbanken werden im Jahresbericht in einer Übersicht zusammengefasst. Neuzugänge an Monographien werden über elektronische Neuerwerbungslisten bereitgestellt, die über ein Web-Formular abrufbar sind.3

Abb. 1: Acquisition Support System

Man hat also Instrumente geschaffen, mit denen Neuerwerbungen der Bibliothek transparent nach außen getragen werden. Es fehlte bisher ein Instrument, mit dessen Hilfe ein Abgleich der elektronischen und konventionelle Bestände erfolgen konnte. Oliver Koepler und Bernhard Tempel (TIB Hannover) haben ein entsprechendes Tool entwickelt und der Hochschulbibliothek zu Testzwecken zur Verfügung gestellt. In Abbildung 1 ist eine Web-basierte Version dargestellt.4 Das Acquisition Support System (ASS) kann ISBNs (oder ISSNs) aus einer Erwerbungsdatei herauslesen und mit den Angaben im OPAC abprüfen. ASS prüft die ISBN auf Validität generiert einen Link zur gezielten Katalogabfrage.5 Die Ergebnisse der Anfrage (vorhanden/nicht vorhanden) werden in die eingelesene Datei geschrieben und können dann ausgewertet werden (Vgl. Kap. 3). Bei der OPAC-Abfrage der FH Münster mussten entsprechende Anpassungen am ASS-Programm gemacht werden, da die Ergebnisse aus Frames herausgelesen werden müssen und die Datenübertragung verschlüsselt erfolgt.

Das Konzept der Bibliothek

Das Erwerbungskonzept der Fachhochschule Münster sieht zum einen vor, dass elektronische Kollektionen (z.B. Springer eBooks) den vorhandenen Printbestand erweitern. Der Bestand wird also - gemäß dem Konzept einer hybriden Bibliothek - durch die elektronischen Zugriffsmöglichkeiten ausgebaut. Zum anderen sieht das Konzept vor, insbesondere häufig nachgefragte Lehrbücher gezielt zu beschaffen und als elektronisches Parallelangebot bereitzustellen. Die elektronischen Bücher sollen im OPAC nachgewiesen und aus dem OPAC heraus mit dem Volltext verknüpft werden.

Mit der Integration von elektronischen Büchern in das Bibliothekssystem wird insbesondere der Aufbau von dualen Studiengängen unterstützt und dem Ausbau der neuen Hochschulstandorte Rechnung getragen.6 Eine Finanzierung dieser elektronischen Angebote erfolgt vor dem Hintergrund dieser zukünftigen Strukturentwicklungen der Hochschule.

3. Einige Anwendungsbeispiele

Über Auswertungen und Analysen mit ASS können nun Bestandsverteilungen zwischen konventionellen und elektronischen Büchern ermittelt werden. Nachfolgend werden einige Beispiele zum Einsatz des ASS beim Abgleichen von unterschiedlichen Verlagslisten vorgestellt.

3.1 Erwerbungsunterlagen für konventionelle Bestände

Das ASS wurde entwickelt, um den Aufwand für die Lückenergänzung bei bereits dichtem Bestand zu verringern, der gerade in Zentralen Fachbibliotheken sowie sonstigen Bibliotheken mit Sondersammelgebieten oder Pflichtexemplarrecht. In solchen Fällen ist auch im Fachreferat Vorakzession erforderlich, ein Aufwand, der ohne Unterstützung durch automatische Verfahren nicht vertretbar wäre. Das ASS bietet u.a. die Möglichkeit, reine Textdateien (Text, CSV, HTML, XML) zu verarbeiten.7 Man kann also beispielsweise den Warenkorb aus einem Internet-Buchhandelsverzeichnis (z.B. http://www.buchhandel.de), Verlagskataloge und Trefferlisten aus (Fach-)Datenbanken abspeichern und dann die HTML-Datei mit Hilfe des ASS gegen den OPAC laufen lassen. Die HTML-Datei wird mit dem ASS so verarbeitet, dass die ISBNs herausgelesen, mit den Angaben im OPAC verglichen werden und eine entsprechende Kennzeichnung in der HTML-Datei (z.B. "Fehlt FH-Muenster") erfolgt (Vgl. Abb. 2).

...


...

Schwartz, Laurent
A Mathematician Grappling with His Century
(Birkhäuser) ISBN: 978-3-7643-6052-8 FEHLT FH-Muenster
Paperback
VIII, 490 S., 16 schw.-w. Fotos - 24 x 17 cm


  40,66 Eur[D] UVP

A Trading Desk View of Market Quality
(Springer US) ISBN: 978-1-4020-7510-0 FEHLT FH-Muenster
Gebunden
XVI, 200 S., 23 schw.-w. Abb. - 23,50 x 15,50 cm


   123,00 Eur[D] UVP

...


...

Abb. 2: Ausgewertete HTML-Datei

In einem weiten Schritt kann dann der Fachreferent entscheiden, ob oder in wie vielen Exemplaren die nicht vorhandenen Titel gekauft werden sollen. Die mit Hilfe des ASS erzeugte Datei dient letztlich der Vereinfachung der Vorakzession (jeder im Katalog bereits gefundene Titel bedarf keiner genaueren Betrachtung mehr, man kann sich auf die nicht gefundenen konzentrieren) und kann als Erwerbungs-/Bestellunterlage herangezogen werden.

3.2 Elektronische Buchbestände

Die Verlage stellen i.a. Listen bereit, in denen die elektronischen Buchbestände verzeichnet sind. Diese Listen mit Angaben zu ISBN, Erscheinungsjahr, Preis usw. liegen i.a. als Excel-Dateien vor. Für die nachfolgenden Auswertungen wurden die relevanten Buchnummern aus den Tabellen herauskopiert und in eine Text-Datei übertragen. Diese Datei wurde mit Hilfe von ASS bearbeitet und anschließend wieder in das Tabellierungsprogramm eingearbeitet.

3.2.1 Gezielte Dublizierung des Print-Bestands

Bei der Auswertung des Angebotes des Verlages Walter de Gruyter war es zunächst wichtig, die erforderliche Mindestanzahl an Titeln auszuwählen. Dabei wurden die Titel herausgefiltert, die bereits im Bestand vorhanden sind, um sie zusätzlich elektronisch bereitzustellen. Der Verlag bietet die Möglichkeit, nach dem Pick&Choose-Modell einzelne Titel nach Überschreiten einer Mindestauftragsmenge gezielt auszuwählen.8

ISBN 13 de Gruyter
[...]
978-3-598-24370-7 FEHLT FH-Muenster
978-3-598-24371-4 FEHLT FH-Muenster
978-3-598-24443-8 FH-Muenster
978-3-598-24541-1 FEHLT FH-Muenster
[...]
978-3-89949-473-0 FEHLT FH-Muenster
Fehlende ISBNs:
9783110188622
9783110185713
9783484810358
9783110204919
[...]
Vorhandene ISBNs:
9783110177701
9783110189032
9783110189728
[...]

Abb. 3: Ausgewertete Text-Datei

Eine Auswertung des Angebotes erfolgte auf Basis der 13-stelligen ISBN. In der mit Hilfe von ASS generierten Textdatei wurden die ISBNs entsprechend gekennzeichnet, die fehlenden und vorhandenen Nummern wurden am Ende der Datei nochmals gelistet (Vgl. Abb. 3).

3.2.2 Auswertung von Gesamtpaketen

Eine ASS-Anwendung der Springer-Pakete (Technik & Informatik, Wirtschaft- u. Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften) stellt sich etwas anders dar, da hier Gesamtpakete erworben werden. ASS ermöglicht deshalb lediglich eine automatisierte Auswertung darüber, in welchem Umfang die eBooks der erworbenen Pakete mit dem vorhandenen Bestand übereinstimmen (Abdeckungsgrad).

Deutschsprachige Pakete (2005-2009)

Anzahl Titel

nicht gefunden

vorhanden

[%]

...

       

Technik & Informatik

1.111

807

304

27,4%

...

       

eISBN (6.461 Titel)

6.405

6.402

3

0,047%

Abb. 4: Auswertung eBooks (Springer)

Für die deutschsprachigen Springer-Pakete wurde ein entsprechender Abgleich durchgeführt und die Ergebnisse in einer Übersicht zusammengefasst (Vgl. Abb. 4). Das Paket mit den elektronischen Büchern aus dem Bereich "Technik & Informatik" stellt mit über einem Viertel die größte Schnittmenge zu den konventionellen Beständen dar. In einer zusätzlichen Prüfroutine wurden alle eISBNs geprüft 9 (Vgl. dazu Kap. 3.4).

3.3 Auswertung und Aufbereitung eines Angebotes

Die Verlagslisten können - wie das Springer-Beispiel zeigt - recht umfangreich sein und eine Reihe von Rubriken enthalten. Der Verlag Wiley-VCH stellt eine Excel-Datei mit mehr als 20-Kategorien bereit. Es wird beispielsweise zwischen 10- und 13-stelligen ISBNs für die Print- und die elektronische Fassung unterschieden. Als weitere Kategorien erscheinen u.a. Preis und Veröffentlichungssprache (Vgl. Abb. 5).

Main Subject Category

[...]

Online Book Price

[...]

Print Pub Date

Online Pub Date

[...]

Print Language

 

 

 

 

 

 

 

 

Chemistry

 

250,00

 

12-Sep-08

28-Feb-08

 

English

Chemistry

 

210,00

 

17-Dec-07

15-Apr-08

 

English

Chemistry

 

145,00

 

7-Oct-03

3-Dec-03

 

English

Chemistry

 

155,00

 

11-Sep-03

30-Sep-03

 

English

Medical, Veterinary ...

 

40,00

 

11-Jun-04

28-Jul-04

 

English

Abb. 5: Main Subject Categories (Wiley-VCH)

Nachdem ein Bestandsabgleich mittels ASS für das Angebot von Wiley-VCH durchgeführt wurde, konnten über die Excel-Datei entsprechende Auswertung erstellt werden. Ein Vergleich des elektronischen Angebotes mit dem Bestand führte bei einer Auswertung der Erscheinungsjahre zu folgenden Ergebnissen:

Abb. 6: Verlagsangebot im OPAC (Wiley-VCH)

Es befinden sich rd. 250 Titel ab Erscheinungsjahr 1978 im Bestand der Bibliothek, die mit dem eBook-Angebot übereinstimmen (elektronisches Parallelangebot).10 Für das Zeitsegment 1978-1993 können weniger als 5 Titel je Erscheinungsjahr ermittelt werden; für das Zeitsegment ab Erscheinungsjahr 1994 sind demgegenüber zwischen 10 und 15 Titel je Erscheinungsjahr vorhanden. Für das Jahr 2000 liegen überdurchschnittlich viele Titel vor (Vgl. Abb. 6).

Wird die Abbildung 6 um Angaben zum elektronischen Angebot sowie um den Überlappungsgrad ergänzt, entsteht die Abbildung 7. In dieser Abbildung erkennt man, dass ab den Erscheinungsjahren 2000ff. eine hohe Anzahl von elektronisch vorliegenden Verlagspublikationen vorhanden ist; Schwerpunkt der Digitalisierung lag auf aktuellen Jahrgängen, während eine weitere Digitalisierung der frühen Erscheinungsjahre durch den Verlag sukzessive erfolgen wird.

In der Abbildung 7 ist auch der Überlappungsgrad eingetragen, d.h. das Verhältnis zwischen der Anzahl der Buchtitel, die mit dem eBook-Angebot übereinstimmen, und der Anzahl des Gesamtangebots. Aufgrund der vielen eBooks liegt der Überlappungsgrad ab dem Erscheinungsjahr 2000 bei unter 5%, in den Jahren davor liegt dieser Anteil im Wesentlichen in einem Korridor von 10% bis 25%.

Abb. 7: Auswertung eBooks (Wiley-VCH)

Ein Vergleich des elektronischen Angebotes mit dem Bestand führt bei einer inhaltlichen Untergliederung (Auswertung der Main Subjects) zu folgenden Ergebnissen:

Da das Verlagsprofil einen Schwerpunkt im Bereich Chemie hat, ist diese Kategorie überproportional in der Bibliothek zu finden. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass die eBooks aus den drei Hauptgruppen Chemistry, Polymers and Materials Science und Engineering mehr als 86 % des Bestandes abdecken (Vgl. Abb. 8).

Abb. 8: Bibliotheksprofil (Wiley-VCH)

In Abbildung 9 sind das elektronische Parallelangebot und das Verlagsangebot nach Subject Categories aufgegliedert. Der Buch-Bestand spiegelt - wie die drei Beispiele Chemie, Engineering und Polymere zeigen - das Verlagsprofil wider. Aufgrund des Fächerspektrums der Fachhochschule sind dagegen die Buchbestände aus den Bereichen Medical, Veterinary and Health Sciences, Humanities and Social Sciences oder Psychology nur in sehr geringem Umfang vorhanden und im Vergleich zum Verlagsprofil unterproportional vertreten.

Abb. 9: Verlagsprofil und Bibliotheksprofil (Wiley-VCH)

3.4 Fehlerhafte Listen und fehlerhafte Eintragungen im OPAC

Die Auswertung mit ASS stützt sich auf Katalog- und Verlagsangaben. Es ergeben sich damit zwei mögliche Fehlerquellen: Zum einen lassen fehlerhafte Katalogisate das automatisierte Abprüfen ins Leere laufen. Im Fall des Springer-Abgleichs konnten die drei als vorhanden nachgewiesenen eBooks manuell abgeprüft werden (Vgl. Abb. 4). In allen drei Fällen fand man in der Katalogaufnahme für das Print-Exemplar jeweils drei Buchnummern, beispielsweise in der Form: ISBN (richtig) = 978-3-540-73118-4, 978-3-540-73119-1, 3-540-73118-0. Zum anderen erweisen sich Verlagslisten als unbrauchbar, in denen identische ISBNs für die elektronische und Print-Fassung angegeben werden oder in denen fehlerhafte ISBNs vorhanden sind. Da ASS die Buchnummern auf Gültigkeit prüft, werden fehlerhafte Nummern herausgelöst und nicht weiter verarbeitet; Die Zahl der geprüften Titel ist deshalb nach einer ASS-Bearbeitung i.a. kleiner als die Zahl der Verlagsseitig angebotenen eBooks.

4. Weitere Anwendungsmöglichkeiten

Mit dem ASS (Erwerbungs-Unterstützungs-System) wurde ein Hilfsmittel vorgestellt, das konzeptionell insbesondere zur leider auch im Fachreferat notwendigen Vorakzession bei der Lückenergänzung aufgrund von Verlagskatalogen oder Auszügen aus Fachdatenbanken entwickelt wurde. Im vorliegenden Beitrag wurde das automatisierte Abprüfen von Buchbeständen und eBook-Angeboten beschrieben und damit die Möglichkeiten zur Ausarbeitung eines Erwerbungsprofils aufgezeigt. Für das System ergeben sich eine Reihe von weiteren Einsatzgebieten:

Ein Abprüfen von Zeitschriftentiteln ist möglich, da das System auch ISSNs prüfen und im OPAC abgreifen kann. Damit kann das Vorhandensein von Zeitschriftentiteln im Bestand ermittelt werden, das Vorhandensein des Zeitschriftenjahrgangs muss in einem zweiten Schritt manuell geprüft werden.11

In mehrschichtigen Bibliothekssystemen werden Bestände in unterschiedlichen Katalogen nachgewiesen. Inwieweit ASS eine Koordination der Erwerbung in diesen Systemen unterstützen (Ressourcen-Sharing) und damit eine Kostenreduktion erzielt werden kann, muss geprüft werden.

Die bisherigen Überlegungen zielten auf den Einsatz des Systems für die Arbeit im Rahmen der Erwerbung und des Bestandsaufbaus eines Bibliothekssystems ab. Da ein Abgleich von Bibliotheksbeständen und Verlagsangeboten möglich ist, könnte ASS auch im Rahmen von Konsortialverhandlungen z.B. bei der Ermittlung des Gesamtbestandes eines Konsortiums eingesetzt werden.

Aus Sicht von Bibliotheksbenutzern eröffnet sich die Möglichkeit, Literaturlisten (z.B. Literaturlisten aus EndNote, Rechercheergebnisse aus Fachdatenbanken) im OPAC abzuprüfen zu lassen und damit zu entscheiden, ob z.B. Fernleihbestellungen initiiert werden müssen.

5. Zusammenfassung

Ein automatisiertes Verfahren ist die einzige Möglichkeit, um umfangreiche Verlagslisten auszuwerten. Die mit ASS ausgewerteten Daten liefern Anhaltspunkte zum Abgleich mit Buch-Beständen und tragen damit einer hybriden Sammelpolitik Rechnung. Die ermittelten Zahlen und darauf aufbauenden Analysen bilden eine Grundlage für bibliotheksinterne Überlegungen und liefern Argumentationshilfen bei Verhandlungen mit der Hochschulleitung.

Aus Sicht des Autors wurde im Zuge des Bestandsabgleichs mit ASS und der Auswertung mit Hilfe der Excel-Tabellen zwar wenn nichts Weltbewegendes, aber doch einiges Erhellende zu Tage gefördert. Im Rahmen des Erwerbungsprofils konnte eine fachspezifische Gliederung der Inhalte und Themen (Auswertung der Subject Categories) sowie das Level der Sammeldichte und -breite der eBooks (Bestimmung des Überlappungsgrades) ermittelt werden.

Als Perspektive eröffnet sich die Möglichkeit, Erwerbungskorridore festzulegen. Diese könnten so aussehen, dass beispielsweise 30% der Titel eines Fachbereiches (hochschulspezifisch) oder einer Subject Category (verlagsspezifisch) vorzugsweise elektronisch vorgehalten bzw. 45% einer angebotenen Kollektion als elektronisches Parallelangebot ausgewählt werden. Wenn man das Konzept verfolgt, insb. häufig genutzte Lehrbücher in elektronischer Form bereitzustellen, muss eine Auswertung der entsprechenden Ausleihzahlen erfolgen. Damit ist ein Weg für eine software-technische Weiterentwicklung des ASS vorgezeichnet.

Die vorgestellte Erwerbungsstrategie stößt natürlich an Grenzen, da nicht alle Verlage eine gezielte Auswahl (Pick&Choose-Modell) ermöglichen. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass am Markt weiterhin eBook-Kollektionen und eJournal-Pakete angeboten werden. Die zentrale Frage bleibt, ob ein elektronisches Parallel-Angebot vom Nutzer angenommen wird und ob es sich letztlich für die Hochschule als kostengünstiger erweist.


Autor

Dr. Dieter Schwartz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fachhochschulbibliothek Münster.

Bereichsbibliothek Steinfurt
Stegerwaldstraße 39
48565 Steinfurt
dieter.schwartz@fh-muenster.de


Anmerkungen

1 Vgl. Griebel, Rolf: Klassischer Bestandsaufbau auf dem Prüfstand. Überlegungen zu Erwerbungsstrategien wissenschaftlicher Bibliotheken. In: Weber, Gisela (Hg.): Ordnung und System. Festschrift zum 60. Geburtstag von Hermann Josef Dörping. Weinheim 1997, S. 114-127.

2 Die Fachhochschule zeichnet sich durch ein hohes Drittmittelaufkommen aus, das für das Jahr 2006 bei rd. 11 Mio. Euro lag.
Vgl. www.fh-muenster.de/forschung/forschung_in_zahlen/forschung_in_zahlen.php <28.10.2009>

3 Die Neuerwerbungslisten sind unter der Rubrik "Fachinformationen für den Fachbereich" zu finden, der Jahresbericht auf den Internet-Seiten unter "Wir über uns".

4 Die Web-basierte Version (http://www.koepler.de/librarian/ass.html) befindet sich noch in Entwicklung, wird aber bereits in mehreren Bibliotheken eingesetzt, jeweils auf deren Katalog angepasst. Probleme bestehen derzeit noch bei der Ausgabe von ausgewerteten Daten, vor allem hinsichtlich Zeichenkodierung und durch relative Links eingebundene Grafiken und Stylesheets. Als Alternative steht weiterhin das ursprünglich entwickelte Skript zur Verfügung, das auf der Kommandozeile ausgeführt werden kann, Dateien einliest, modifiziert und zurückschreibt. Dies setzt jedoch eine lokale Perl-Installation voraus und ist hinsichtlich Nutzungskomfort und Softwarewartung keine Alternative zu einer Web-basierten Installation. Weitere Ideen zum Thema "Vernetzte Informationsdienste" findet man unter: http://www.koepler.de/librarian/

5 Für die Abfrage des Katalogs der TIB Hannover wird die ISBN in den Abfrage-Link integriert:
http://opc4.tib.uni-hannover.de:8080/DB=1/CMD?ACT=SRCHA&SRT=YOP&IKT=1016&TRM=num+3-8273-2228-6

6 Vgl. Ausbau der Fachhochschulen in NRW
www.innovation.nrw.de/hochschulen_und_forschung/hochschulen_nrw/ausbau_fachhochschullandschaft/index.php

7 Binärdateien können nicht verarbeitet werden. Eine besonders empfindliche Lücke besteht hinsichtlich PDF-Dateien. Da das PDF-Format als Ausgabeformat für den Druck vorgesehen ist und derselbe Inhalt in der Datei auf verschiedenste Weise repräsentiert werden kann, ist hierfür keine generelle Lösung mit dem ASS zu erwarten. Zwei mögliche, meist aber zu aufwendige Optionen sind: Speichern der Datei als Text oder Verarbeitung mit einem OCR-Programm.

8 Es wurden 813 Titel mit Erj. 2009 und 725 Titel mit Erj. 2008 am OPAC abgeprüft.

9 Das Durchlaufen von rd. 40.000 Titeln nahm eine Stunde in Anspruch. Die Laufzeit hängt nahezu ausschließlich von der Antwortzeit des abgefragten OPACs ab. Das ASS arbeitet sequenziell, d.h. es wird nur eine OPAC-Abfrage zur gleichen Zeit abgefragt.

10 Bei einer Lizenzierung aller Titel, die im OPAC nachgewiesen sind, entsteht ein elektronisches Parallelangebot.

11 Ein Auswertebeispiel konnte leider nicht erbracht werden, da der OPAC der FH Münster die ISSN nicht als suchbare Kategorie zur Verfügung stellt (sic!). Stand 01.12.09

 



 

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