von Gala Conrad
Rechtzeitig zum Auftakt der 200-Jahr-Feier der Humboldt-Universität zu Berlin öffnete das Jacob- und Wilhelm-Grimm-Zentrum seine Türen. Die moderne Zentralbibliothek ist mit ihren integrierten Computer- und Mediendiensten ein herausragendes Zentrum für wissenschaftliche Information und Kommunikation in Europa.
Das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Hauptgebäude der Humboldt Universität und der Museumsinsel in Berlin. Es bereichert die Kultur- und Wissenschaftslandschaft der Hauptstadt mit einem modernen Schatzhaus der Bücher. Nach fast 180 Jahren hat die Humboldt Universität damit zum ersten Mal eine eigene Zentralbibliothek.
Die nach den deutschen Sprachwissenschaftlern und Sammlern von Märchen benannte Universitätsbibliothek ist eine der modernsten Bibliotheken Europas und realisiert das Ideal der Einheit der Wissenschaften. Im Grimm-Zentrum werden die Zentralbibliothek der Humboldt Universität sowie zwölf Zweig- und Teilbibliotheken aus den Bereichen Geistes-, Kultur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften unter einem Dach zusammengeführt. Zum Medienbestand gehören 2,5 Millionen Einheiten und etwa 2400 laufende Zeitschriften.
Das Jacob- und Wilhelm-Grimm-Zentrum macht mit zwei Millionen Medieneinheiten den größten zusammenhängenden Freihandbestand an Büchern im deutschsprachigen Raum zugänglich. Lediglich 500.000 historische und besonders wertvolle Bestände, zu denen auch die Privatbibliothek der Namensgeber gehört, sind in geschlossenen Magazinen. Die Privatbibliothek der Sprachgelehrten umfasst 6.200 Werke im Zeitraum von 1500 bis 1864 und ist gesondert gesichert. Sie sind im beaufsichtigten Forschungslesesaal ausschließlich für wissenschaftliche Arbeiten zugänglich.
Das Grimm-Zentrum ist ein offenes Haus mit vielen Treffpunkten und Aufenthaltsmöglichkeiten. Studenten, Universitätsmitarbeiter und wissenschaftlich Interessierte können wochentags bis Mitternacht Lesen und Forschen. Auch an Wochenenden ist das Zentrum bis zum frühen Abend geöffnet. Die Bibliothek vereint auf insgesamt 22.000 m2 Nutzfläche klassische und moderne Medien unter einem Dach. Auf sieben Etagen befinden sich 1.250 Arbeitsplätze unterschiedlicher Ausprägung und rund 500 Computerarbeitsplätze.
Durch eine drahtlose Netzanbindung im gesamten Gebäude, die volle Bewegungsfreiheit mit dem Laptop ermöglicht, sowie durch einen vorhandenen PC-Pool und dezentrale Computerarbeitsplätze können Besucher ein breites Angebot digitaler und multimedialer Dienste nutzen. Für Doktoranden und Examenskandidaten stehen zudem 55 Einzelarbeitskabinen als Arbeitszimmer zur Verfügung. Für Studierende mit Nachwuchs gibt es zudem einen Eltern-Kind-Bereich.
Direktor Dr. Milan Bulaty legte in den funktionalen und ästhetischen Anforderungen an die neue Bibliothek großen Wert darauf, den besonderen Nutzen von Bibliotheken zu vermitteln. Dieses Ziel ist ihm in enger Zusammenarbeit mit dem Schweizer Architekten Max Dudler überzeugend gelungen. Das Maß für die Gestaltung des Hauses ist zugleich seine kleinste Einheit – das Buch.
Unter einem Glasdach befindet sich der Mittelpunkt des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums – der große Lesesaal mit seinen Leseterrassen und Arbeitsplätzen, die über mehrere Etagen hinweg eine offene und anregende Atmosphäre schaffen und den direkten Zugriff auf benachbarte, ausleihbare Bestände ermöglichen.
Die besondere Atmosphäre des Hauses sorgt für einen regelrechten Besucheransturm. Mit 5000 Nutzern pro Tag hat das Grimm-Zentrum so viele Besucher wie die früheren Teilbibliotheken in einer ganzen Woche. Doch wie geschildert stehen nur 1.250 Arbeitsplätze und noch weniger Garderobenschließfächer Nutzern zur Verfügung. Das enorm große Interesse bereitet organisatorische Probleme. Dennoch möchte die Verwaltung auf die Einführung von Benutzungsgebühren oder die Beschränkung des Zugangs für einzelne Nutzergruppen verzichten. Es wird jedoch ernsthaft über die Einführung von „Parkscheiben“ nachgedacht, die vermeiden sollen, dass die begehrten Arbeitsplätze über längere Zeit ungenutzt blockiert werden.
Jocob- und Wilhelm-Grimm-Zentrum
Architekt: Max Dudler
Nutzer: Zentrale Universitätsbibliothek
Kosten: 75,5 Mio. Euro,
Hauptnutzfläche: 20.296 m²,
Öffentliche Arbeitsplätze: ca. 1.250
Computerarbeitsplätze: ca. 500 und
Multimediaarbeitsplätze: 44
Computer-Schulungsräume (Plätze): 55
Gruppenarbeitsräume (6-10 Personen): 10
Einzelarbeitskabinen: 55
Integration der Zentralbibliothek
Medienbestand
Dienstleistungen
Sonderbereiche
Das Zentrum setzt modernste Technik im gesamten Haus ein. Nutzer können per Online-Kataloge, Datenbanken und Internet recherchieren und sich über eine systematische Freihandaufstellung Anregungen direkt im Bücherregal holen.
Auch bei den Verbuchungs- und Ausleihvorgängen kommt modernste Technik zum Einsatz. Buchungen erfolgen über Terminals. Mit Hilfe von RFID- und Barcode-Technik werden Ausleihe, Rückgabe und Sortierung der Bücher automatisiert.
Die Universitätsbibliothek hat derzeit die modernste Buch-Sortiermaschine in Deutschland. Das System erkennt den Standort jedes einzelnen Buches aus dem Freihandbestand. Die Medieneinheiten werden sortiert und via Fahrstuhl in die richtige Etage transportiert. Nur das Rücksortieren in Regale erfolgt noch per Hand.
Zu den Sponsoren des Grimm-Zentrums gehört der Wissenschaftsverlag Elsevier. Er fördert eine hochwertige Publikation, in der das Einzigartige dieser modernen Bibliothek dokumentiert wird. Gleichzeitig macht der Verlag Journale in der Bibliothek besser zugänglich. Davon profitiert vor allem die Leselounge des Grimm-Zentrums.
„Wir wollen Wissenschaftlern, Studenten und Forschern einen besseren Zugang zu aktuellen und historischen Artikeln ermöglichen, um die Wissenschaftsproduktivität zu fördern“, erklärt der Elsevier Manager Michael Neuroth das Engagement des Verlags, der bereits seit über zehn Jahren mit den Bibliotheken der Humboldt-Universität zusammenarbeitet. Die Bibliotheken beziehen über 2.000 Zeitschriften des Elsevier Verlags in gedruckter und elektronischer Form. Das Grimm-Zentrum ist Nutzer des ScienceDirect Wissenschaftsportals und Abonnent der Freedom Collection.
„Akademische Forschungseinrichtungen und Universitätsbibliotheken sollten eine höhere Wertschätzung als wichtige Informationsressourcen der Wissenschaft erfahren“, ist Michael Neuroth überzeugt. Der Verlag versteht sich als Partner der akademischen Forschung, und will mit neuen Lösungen Wissensmanagement fördern. Ein Beispiel dafür ist die webbasierte Anwendung SciVal Spotlight, die einen neuartigen, fachübergreifenden Blick auf Forschungsproduktivität bietet. Mit der Anwendung lassen sich die Forschungsleistungen von Instituten in bestimmten Themenfeldern über einen mehrjährigen Zeitraum visualisieren. Dadurch gewinnen Entscheidungsträger ein exaktes Bild zu den thematischen Stärken und der Produktivität ihrer Forschungseinrichtung.
Autorin
Gala Conrad
die PRagmatiker
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gala.conrad@die-pragmatiker.net